09.02.2011
BT-Ausschuss für Wirtschaft und Technologie führt Anhörung zur Rekommunalisierung der Energienetze durch
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https://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/110127_Stellungnahme_BKartA_Rekommunalisierung_der_Energieversorgung.pdf
: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/33019554_kw04_pa_wirtschaft/ |
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat am 24. Januar 2011 eine öffentliche Anhörung zur "Rekommunalisierung der Energienetze" durchgeführt. Anlass waren drei Fraktionsvorlagen, zum einen ein Antrag der Fraktion der SPD „Die Energieversorgung in kommunaler Hand" (- BT-Drs. 17/3649 -), zum anderen ein Antrag der Fraktion DIE LINKE „Energienetze in die öffentliche Hand - Kommunalisierung der Energieversorgung erleichtern -Transparenz und demokratische Kontrolle stärken" (- BT-Drs. 17/3671 -) und ein Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes" (- BT-Drs. 17/3182 -). Die Vorlagen weisen als wesentliche Gemeinsamkeit die Forderung auf, die gesetzlichen Übernahmeregelungen im Sinne der Rekommunalisierung der leitungsgebundenen Energiewirtschaft zugunsten am Kauf der örtlichen Verteilernetze interessierter Gemeinden zu erleichtern und zu präzisieren. Zugleich soll damit ein Beitrag zur Verbesserung der Rechtssicherheit und zur Beschleunigung der Verfahren bei Netzübernahmen geleistet werden.
Dem Ausschuss lagen zum Zeitpunkt verschiedene schriftliche Stellungnahmen von folgenden Personen und Verbänden vor (bei der Anhörung waren teilweise andere und weitere Sachverständige vertreten):
- Prof. Dr. Ulrich Büdenbender, Technische Universität Dresden (erhob aus rechtswissenschaftlicher Sicht grundsätzliche Bedenken gegenüber der Begründung dem verfolgten Ziel einer pauschalen Rekommunalisierung an)
- Ingo Lehmann, Oberbürgermeister der Stadt Landsberg/Lech (propagierte die Übernahme von Netzen und Vertrieb in kommunale Hand)
- Dr. Andrea Schweinsberg, Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (verneint, dass die aktuellen Entwicklungen hin zu einer zunehmenden Dezentralisierung mit einer Tendenz hin zu kleineren Einheiten ökonomisch sinnvoll sei)
- RA Dr. Christian Theobald (wies darauf hin, dass die Kommunen über Stadtwerke eine "ökologische und rationelle Energieversorgung" selbst durchführen könnten)
- Robert Kösling, Urbane Infrastruktur
- Verband kommunaler Unternehmen (Tätigkeit von Stadtwerken kann dazu beitragen, den mit der Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte angestrebten Wettbewerb perspektivisch und vollumfänglich zu verwirklichen)
- Bundesverband Neuer Energieanbieten (Die liberalisierte Energiewirtschaft begegnet der Monopolstruktur leitungsgebundener Energien nach marktwirtschaftlicher Grundüberzeugung am besten für Nachfrageorientierung und effizienten Ressourceneinsatz)
- Bundesnetzagentur (enthält sich einer Bewertung der mit einer Rekommunalisierung verbundenen energie- und kommunalpolitischen Ziele, nimmt inhaltlich Bezug auf den Leitfaden zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers)
- Bundeskartellamt: In seiner Stellungnahme vom 21.1.11. kommt zum Ausdruck, dass nach Ansicht des Amtes, der Staat sich im Vergleich zu Privaten in der Vergangenheit selten als besserer Unternehmer erwiesen habe, u.a. weil er andere, übergeordnete Zielsetzungen verfolgt, andere Handlungsmöglichkeiten hat und auch anderen Schranken unterliegt als das freie Unternehmertum. Aus ordnungspolitischer Sicht bedürfe die wirtschaftliche Betätigung des Staates daher einer besonderen Rechtfertigung. Eine (Re-)Kommunalisierung der Energieversorgung, insbesondere auf der Erzeugerebene, kommt nach Ansicht des BKartA nur in Betracht, wenn diese geeignet sei, den Wettbewerb zu fördern bzw. Marktstrukturen zu verbessern. Speziell für grundlastrelevante Kraftwerksprojekte könnten kommunale Erzeugungsunternehmen eine wichtige Rolle als (potentielle) Wettbewerber der großen Elektrizitätserzeuger einnehmen.
- Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Amt „ordnungspolitisch vertretbar, insbesondere Schranken des Gemeindewirtschaftsrechts für die elektrizitätserzeugungswirtschaftliche Betätigung der Kommunensektorspezifisch zu öffnen, um entsprechende überörtliche Tätigkeiten leichter zu ermöglichen".
- Bei der Konzessionsvergabe im Gas- und Stromsektor warnt das BKartA, wie zuvor in seinem Leitfaden zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen, dass die Kommunen ihre marktbeherrschende Stellung bei der Neuvergabe von Konzessionen nicht missbrauchen dürften. Sie müsste die Konzessionen transparent und diskriminierungsfrei vergeben und Chancengleichheit für alle Anbieter sicherstellen (vgl. auch FIW-Bericht zum Leitfaden vom 10.1.11).