28.02.2008

Kroes (EU-Kommission): Competition Policy challenges in 2008 (Vortrag)

In ihrer Rede anlässlich des 100. Treffen des OECD Wettbewerbsausschusses am 20. 2. 2008 in Paris wandte sich Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes deutlich gegen einen rückwärtsgewandten staatlichen Protektionismus auf globaler Ebene– dies sei ein falsch verstandener „Patriotismus“, der zu einem geringeren Wirtschaftswachstum und weniger Innovation und Beschäftigung führe. Trotz divergierender staatlicher Interessen, unterschiedlicher Kulturen und Rechtstraditionen könne eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Staaten Lernprozesse anregen und letztlich zu einer Stärkung wettbewerblicher Elemente führen. Es gehe um die Einsicht, dass eine vernünftige Wettbewerbspolitik essentiell sei, um wirtschaftliche Reformen in Gang zu setzen. Bei der Würdigung der Verdienste der OECD und seines Wettbewerbsausschusses wies Frau Kroes insbesondere darauf hin, dass die OECD durch zahlreiche Studien stets auf die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum und Wettbewerb aufmerksam gemacht zu haben. Die OECD solle auch weiterhin, den Wettbewerbsgedanken weitertragen und insbesondere die jungen Wettbewerbsregime und Schwellenländer („ermerging economies“) in allen Fragen des Wettbewerbs und allen Fragen wirtschaftlicher Relevanz (z.B. ausländische Direktinvestionen, Handelspolitik, Umweltschutz, gewerblichem Rechtsschutz) unterstützen.

Frau Kroes gab schließlich über die Prioritäten der EU-Kommission für 2008 Aufschluss: So stünden auch 2008 die Verbraucher im Fokus der Wettbewerbspolitik. Hier seien folgende Bereiche wichtig:

·    Kommunikation: Dass Wettbewerb nicht nur großen Unternehmen zugutekomme sondern auch KMU und dem einzelnen Verbraucher, müsse noch mehr als bisher verdeutlicht werden. Denn die Verbraucher seien die stärksten Katalysatoren für die Verbreitung des Wettbewerbsgedankens.

·    Sektoruntersuchungen: Von der pro-aktiven Wettbewerbspolitik der Sektoruntersuchungen (aktuell im Pharmabereich) würden insbesondere Verbraucher profitieren, deren Interessen hierdurch besser gewahrt würden als durch rein reaktives Handeln.

·    Beihilfen: Die Politik „weniger und besserer Beihilfen“ sei kein eigenes Ziel sondern vor allem ein Mittel, um in allen Mitgliedstaaten faire Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung herzustellen.

·    Kartelle: Der Vorschlag, ein Vergleichsverfahren („direct settlement“) für Kartellverfahren vorzusehen, sowie das (für nach Ostern angekündigte) Weißbuch über Schadenersatzklagen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts seien Meilensteile auf dem Weg der Kartellbekämpfung. Angesichts bestehender Verfolgungsdefizite und millionenschwerer Kartellgewinne hätten diese Maßnahmen höchste Priorität in 2008. Dazu gehörten auch effektive Maßnahmen, Kartellgeschädigten (Unternehmen wie Verbrauchern) zu dem ihnen zustehenden Schadenersatz zu verhelfen.