24.11.2014

Kurzbericht zur 43. Brüsseler Informationstagung

FIW
Brüsseler Informationstagung

Die 43. Brüsseler Informationstagung des FIW fand vom 6. bis 7. November 2014 im Renaissance Hotel in Brüssel statt. Dr.-Ing. Gernot Schaefer, Vorsitzender des FIW-Vorstandes, begrüßte die Referenten, Moderatoren und Teilnehmer. Folgende, von den Herren Dr. Horst Satzky, Mitglied des FIW-Vorstandes, und Johann Brück, Mitglied des FIW-Kuratoriums, sowie Professor Stancke, Wolfenbüttel, moderierten Vorträge wurden gehalten:

Christian Ewald, Chefökonom des Bundeskartellamts, stellte in seinem Vortrag „Zum Effizienzeinwand in der Fusionskontrolle" die Auswirkungen der Einführung des SIEC-Tests in Deutschland dar. Einleitend erläuterte er unter Rückgriff auf den Williamson Trade-off, dass in der ökonomischen Forschung seit langem anerkannt sei, dass positive Effizienzwirkungen die negativen Marktmachteffekte wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen und Fusionen zu Gunsten des Verbrauchers ausgleichen können. Bei der Umsetzung dieser Erkenntnis im Kartellrecht sei jedoch der Zielkonflikt zwischen allokativer Effizienz und marktmachtbedingten X-Ineffizienzen und der Schumpeter Trade-off, d. h. die Balance zwischen Marktmacht und Wettbewerbsdruck, im Blick zu behalten. Letztlich erwiesen sich daher die Nachweisanforderungen, die im Rahmen von § 2 GWB und Art. 101 Abs. 3 AEUV gestellt werden, als entscheidendes Regulativ. Ewald trat dem Eindruck  entgegen, dass die Bedeutung der neu eingeführten einzelfallbezogenen Analyse wegen der bislang geringen Anzahl an Fällen unerheblich sei. Er verwies darauf, dass der SIEC-Test in vielen Fällen auch Einfluss auf Details, etwa die Stärke von Auflagen, gehabt habe, und erläuterte die Anwendung des SIEC-Tests in den aktuellen Fällen UPS/TNT und Telefónica/E-Plus. Er hielt fest, dass der Effizienzeinwand auch im Rahmen eines Marktbeherrschungstests hätte berücksichtigt werden können, so dass die Einführung des SIEC-Tests sich nur für Fälle außerhalb des Regelbeispiels der Marktbeherrschung („Lücken-Fälle") als grundlegende Änderung erweise. Nach einer kurzen Skizze der möglichen Überschneidungen zwischen dem Effizienzeinwand und der Abwägungsklausel in § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GWB sowie der Ministererlaubnis in § 42 GWB betonte Ewald abschließend, dass ohne einen ausreichend fundierten Effizienzvortrag der Unternehmen die praktische Relevanz des Effizienzeinwandes stets gering bleiben werde. Mit Blick auf die aktuelle Entscheidungspraxis erläuterte er deshalb die Anforderungen an die Datenquellen und Gutachtenstandards, denen ein ökonomisch substantiierter Vortrag entsprechen müsse. Im Ergebnis sei der SIEC-Test ein Instrument, das bei richtiger Nutzung trotz des damit verbundenen Aufwandes sinnvoll sei.

Dr. Boris Kasten, Head of Competition, Schindler Management AG/Paul Lugard, Partner, Baker Botts LLP, stellten das von der Internationalen Handelskammer (ICC) im April 2013 veröffentlichte Antitrust Compliance Toolkit vor. Das „Werkzeugset", das zuletzt in deutscher Sprache erschienen sei, sei von der Working Group on Antitrust Compliance and Advocacy Innerhalb der „ICC Commission on Competition" erstellt worden. Das Toolkit sei von Unternehmen für Unternehmen entworfen worden. In dem Manual würden interne Unternehmensabläufe von Compliance-Bemühungen und -Strukturen sowie der damit zusammenhängenden Probleme beschrieben. Die Referenten skizzierten zunächst den Werdegang von Compliance-Programmen von einfachen „Gebrauchsanleitungen" in den 1980er und 1990er Jahren bis hin zu den ausgefeilten Programmen und Organisationsstrukturen von heute und skizzierten die dahinter stehenden Motive. Die Referenten wiesen darauf hin, dass auch mit dem besten Compliance-Programm immer ein Restrisiko bestünde, dass es trotzdem zu einem Kartellrechtsverstoß komme; es gebe kein „zero risk", wie die EU-Kommission im Zusammenhang mit der Anerkennung von Compliance-Programmen fordere. Das Toolkit nehme die Diskussion um eine bußgeldmindernde Berücksichtigung von Compliance-Programmen indes in keiner Weise auf, sondern enthalte vielmehr ein ganzes Bündel von praktischen Maßnahmen, wie Unternehmen ein belastbares Compliance Programm neu aufsetzen können. In mehreren Kapiteln würden die Grundlagen eines erfolgreichen Compliance Programms diskutiert und eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie bereits bestehende Programme verbessert werden können. Dabei erhebe es keinen Anspruch auf Vollständigkeit; es trage vielmehr zusammen, was derzeit als bewährte Verhaltensweisen („best practice") in diesem Bereich angesehen werde. Die Referenten führten durch die wichtigsten Bestandteile eines Compliance-Programms (z. B. tone of the top) und gingen insbesondere auf die Risikoanalyse ein. Wichtig sei in dem Zusammenhang, dass der Compliance Officer die Risiken des Unternehmens richtig identifiziere und einschätze. Die Referenten wiesen zudem darauf hin, dass es keine Einheitslösungen für Programme geben könne, sondern dass ein Compliance-Programm auf die spezifischen Anforderungen und Kartellrechtsrisiken des jeweiligen Unternehmens im Einzelfall zugeschnitten sein sollte. Für kleine und mittlere Unternehmen und solche Unternehmen, die noch kein Compliance-Programm haben, enthalte das Toolkit ein sog. Starter-Kit, das in der gebotenen Kürze die grundlegenden Elemente von Compliance-Programmen umschreibe.

Dr. Lars Wiethaus, E.CA Economics, beschrieb in seinem Vortrag "Der SIEC-Test und quantitative Verfahren in der Fusionskontrolle am Beispiel Fusionsverfahren im Mobilfunksektor" verschiedene Schadenstheorien und Analysemethoden bei der Anwendung der Fusionskontrolle; insbesondere stellte er die Entwicklung der Kommissionpraxis bei der Anwendung der UPP-Analyse dar. Tatsächlich habe die dem SIEC-Test unterliegende Schadenstheorie hohe Relevanz in der Kommissionspraxis, wie die Fälle horizontaler unilateraler Effekte ohne marktbeherrschende Stellung (ca. 3/4 aller Fälle) zeigten. Wiethaus ging näher auf den Fall Telefónica Deutschland/E-Plus ein. Die UPP-Analyse, entwickelt zur Vorhersage von Preiseffekten, könne ausschließlich Preiserhöhungen voraussagen; sie sei ein erster Ansatz zur Quantifizierung des SIEC-Tests und erkunde, wie sich die Anreize zu einer Preiserhöhung nach der Fusion veränderten. Eine Preiserhöhung sei erst durch Weitergabe der Grenzkostenerhöhung messbar. Danach werde die Reaktion von Wettbewerbern (z. B. Anreize zur Preiserhöhung durch nicht-fusionierte Parteien) gemessen. Die UPP-Analyse sei nicht nur eine Screening Methode, sondern ein eigenständiges quantitatives Verfahren der Wettbewerbsanalyse. Sie erfordere wenige Informationserfordernisse (Gewinnmargen und Diversion-Ratios) und sei einfacher zu interpretieren als Marktanteile; Gewinnmargen seien der wichtigste Dreh- und Angelpunkt für die UPP-Analyse. Es gebe zudem UPP-Formeln, die auch gegenläufige Effizienzen berücksichtigen könnten. Allerdings würden weiterhin hohe Anforderungen an Effizienzeinwand gestellt. Insgesamt betrachtet handele es sich bei der UPP-Analyse um ein einschränkendes Interpretationsmodell. Wiethaus stellte der UPP-Analyse auch noch die Analysemethode der Merger-Simulation  gegenüber, die auf einer Nachfrageschätzung beruhe und zusätzlich Konsumentenzahlen erfordere. Dies sei ein deutlich aufwändigeres Verfahren. Dadurch könnten aber die für einen Fall relevanten Nachfrageelastizitäten ermittelt werden. Die EU-Kommission setze beide Verfahren komplementär ein.

Am zweiten Konferenztag wurde die Veranstaltung von Dr. Ulrich Soltész, Gleiss Lutz Rechtsanwälte, Brüssel, mit dem Vortrag „Das neue EU-Beihilfenrecht nach der State Aid Modernisation (SAM)" fortgesetzt. Nach einem einleitenden Überblick über den weiten Anwendungsbereich des EU-Beihilfenrechts erläuterte er zunächst einzelne Probleme, die die Auslegung der Begriffe „wirtschaftliche Tätigkeit", „staatliche Mittel" und „zwischenstaatlicher Handel" aufwirft, und skizzierte die weitreichenden Folgen von Verstößen gegen das EU-Beihilfenrecht. Danach wandte er sich dem Programm zu, dass die EU-Kommission in ihrer SAM-Mitteilung aus dem Jahr 2012 festgelegt und inzwischen weitgehend abgearbeitet hat. Die zur Präzisierung des Begriffs der staatlichen Beihilfe im Entwurf veröffentlichte, bisher aber noch nicht verabschiedete Mitteilung zum Beihilfebegriff sei eine gut strukturierte und sehr detaillierte Übersicht über die Entscheidungspraxis der europäischen Gerichte und der Kommission, die inhaltlich für eine weite Auslegung des Beihilfebegriffs streite. Während die De-Minimis-Beihilfen-Verordnung nicht geeignet sei, das angestrebte Ziel einer Vereinfachung zu erreichen, stelle die neue Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO), die drei Viertel der Beihilfemaßnahmen und zwei Drittel der Beihilfebeträge erfassen soll, den Versuch eines „Befreiungsschlages" dar. Jedoch sei schon jetzt Bedarf für eine Anpassung und Ausdehnung der AGVO erkennbar. Die Reform der Verfahrensordnung habe neue Ermittlungsbefugnisse der Kommission eingeführt, mit ihrem Wunsch nach einem Aufgreifermessen bei Beschwerden habe sich die Kommission jedoch nicht durchsetzen können. Soltész präsentierte danach einen Überblick über den Stand der Überarbeitung der Leitlinien in den Bereichen Bankenrettung in der Finanzkrise, Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, Energie- und Umweltbeihilfen, Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation, Regionalförderung, Breitbandförderung und Flughafenfinanzierung. Er schloss mit einem Ausblick, in dem er die umgesetzten Reformen prinzipiell positiv bewertete und verbliebenen Reformbedarf aufzeigte.

Anna Vernet, GD Wettbewerb, EU-Kommission, stellte in ihrem Vortrag The 2014 De Minimis Notice and Guidance paper on restrictions of competition „by object" die neue de-minimis-Bekanntmachung der EU-Kommission und die zugehörige Arbeitsunterlage vor. Nach einem kurzen Überblick über die vorherige de-minimis-Bekanntmachung aus dem Jahr 2001 führte sie aus, dass diese aus zwei Gründen habe überarbeitet werden müssen. Erstens sei wegen der Änderung mehrerer Gruppenfreistellungs­verordnungen eine technische Anpassung der de-minimis-Bekanntmachung notwendig gewesen. Zweitens habe die Expedia-Entscheidung des EuGH auch eine substantielle Änderung erfordert. In der neuen de-minimis-Bekanntmachung von 2014 sei deshalb eindeutig klargestellt worden, dass Vereinbarungen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs „bezwecken", nicht als von geringer Bedeutung angesehen werden können, sondern stets eine spürbare Wettbewerbs­beschränkung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen. Zudem sei die Klausel zum Schutz des guten Glaubens so geändert worden, dass sie nunmehr mit der Schenker-Entscheidung in Einklang stehe. Nach einem kurzen Überblick über die zugehörige Arbeitsunterlage wandte sich Vernet schließlich den noch offenen Fragen zu. Sie erläuterte die Bedeutung der Überprüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs einer Vereinbarung für die Bestimmung des wettbewerbs­beschränkenden Zwecks und ging vor dem Hintergrund der Entscheidungen Allianz Hungária und Cartes Bancaires der Frage nach, ob in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte die Grenze zwischen bewirkten und bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen noch hinreichend klar erkennbar sei.

Dr. Johannes Lübking, Head of Unit DG Wettbewerb („Aktuelle Entwicklungen der europäischen Fusionskontrolle") gab einführend einen Überblick über die erfolgten Anmeldungen und Genehmigungen von Fusionen bei der Kommission im Jahr 2013/2014. Dabei betonte er, dass erheblich mehr Anmeldungen als in den Vorjahren erfolgt und die Fälle im Vergleich teilweise auch sehr komplex gewesen seien. Schwerpunkte der Zusammenschlüsse lagen dabei aus Sicht der Kommission auf den Telekommunikationsmärkten, im industriellen Bereich auf den sogenannten „Commodity" Märkten und den Technologie- und Medienmärkten. Ferner stellte Lübking das Reformvorhaben zum Weißbuch „Eine wirksamere EU-Fusionskontrolle" vor, mit dem eine verbesserte Kohärenz und Konvergenz auf EU- und nationaler Ebene erreicht werden sollte. Im Weißbuch sehe die Kommission die Möglichkeit vor, nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen zu prüfen und eine Vereinfachung des Verweisungsmechanismus zu erreichen. Lübking gab an, dass eine Ausweitung der EU Fusionskontrollverordnung auf nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen von der Wirtschaft abgelehnt werde, insbesondere weil diese eine Unterwerfung von Venture Capital Investments in Start-Ups unter die Fusionskontrollverordnung befürchte. In dem Zusammenhang betonte Lübking, dass die Kommission nicht beabsichtige, Private Equity und Venture Capital Investments in den Anwendungsbereich der Minderheitskontrolle mit einzubeziehen. Einzelne Investments  im Start-up-Bereich würden seiner Ansicht nach nicht die Umsatzschwellen der Fusionskontrollverordnung überschreiten; eine Zusammenrechnung verschiedener Co-Investments sei nicht geboten, jedenfalls nicht, wenn man gegebenenfalls einen anderen Beteiligungsbegriff zugrunde legen würde.

Dr. Markus Röhrig, Hengeler Mueller, Brüssel („Auslieferung natürlicher Personen in Kartellfällen"), berichtete über den spektakulären Fall einer Auslieferung natürlicher Personen im Marine Hose-Kartell (Hochseeschläuche-/Marineschläuche-Kartell) am Beispiel des Unternehmens Parker ITR, bei dem eine erste Auslieferung an die USA infolge Kartellrechtsverstößen die Folge war. Problematisch sei in diesem Fall, ob und wann eine Auslieferung bei Grenzüberschritt der natürlichen Person in Frage komme. Röhrig berichtete über die Strafverfolgung und Verhaftungsmodalitäten zweier Manager der Parker ITR. Beide Manager, von denen einer auf dem Rückflug von Nigeria nach Italien am Frankfurter Flughafen verhaftet worden sei, hätten Plea Agreements abgeschlossen und seien mit Haftstrafe von 2 Jahren bzw. Hausarrest von 6 Monaten sowie Geldstrafen bestraft worden. In den USA könnten bei Kartellen neben Geldstrafen Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren verhängt werden. Die Auslieferung des aus Deutschland ausgelieferten Managers sei durch Beschluss des OLG Frankfurt für zulässig erklärt worden, welcher nicht mehr anfechtbar sei. Im konkreten Fall sei auch ein Rechtsmittel beim EuGH gescheitert. Schließlich sei auch eine Beschwerde beim EGMR erfolglos geblieben, Schadensersatzklagen gegen Deutschland seien noch anhängig. Die Rechtsgrundlagen für ein Auslieferungsverfahren in D sei das Internationale Rechtshilfegesetz (IRG). Daneben träten völkerrechtliche Auslieferungsverträge, z. B. mit den USA und den EU-Staaten (mit Ausnahme Kroatien). Das Auslieferungsrisiko in die USA sei ex ante schwierig zu beurteilen. Es gebe aber eine Reihe von Hinweisen, die eine Anklage in den USA wahrscheinlich machten, wie die Reichweite des Handlungsbeitrags des Kartellbeteiligten, seine Position im Unternehmen sowie ein direkter Einfluss des Kartells auf die US-Wirtschaft. Dabei spiele auch der mit einem Auslieferungsgesuch seitens des Department of Justice verbundene Arbeitsaufwand sowie die Frage nach einem bestehenden Auslieferungsabkommen eine Rolle bei der Abwägung, ob es zu einem Auslieferungsgesuch komme. Grundlage einer Auslieferung sei zudem das Prinzip der doppelten Strafbarkeit.

Dr. Manuel Kellerbauer, Mitglied des Juristischen Dienstes der EU-Kommission, referierte über die „Konzernhaftung bei Verstößen gegen das EU-Kartellrecht". Ausgehend von grundlegenden Überlegungen zum Verhältnis zwischen dem Unternehmensbegriff und dem Begriff der juristischen Person erläuterte er, dass im EU-Kartellrecht das Unternehmen den Anknüpfungspunkt für die Strafe bilde. Die zentrale Frage, wann eine Konzernmutter einen bestimmenden Einfluss über ihre Tochtergesellschaften ausübe, sei in der Praxis von der Akzo-Vermutung vorgeprägt. Da noch kein Präzedenzfall existiere, in dem einer Konzernmutter die Widerlegung dieser Vermutung gelungen sei, könnten bisher nur bestimmte - von Kellerbauer kurz skizzierte - Beteiligungskonstellationen identifiziert werden, in denen der Versuch einer Widerlegung Aussicht auf Erfolg habe. Zur weiteren Eingrenzung des Vorliegens eines bestimmenden Einflusses analysierte er eingehend die Rechtsprechung zur Bedeutung von Compliance-Programmen und zu Besonderheiten bei der Kontrolle über Gemeinschaftsunternehmen und Kommanditgesellschaften. Zur Verhinderung möglicher missbräuchlicher Gestaltungen müsse zudem eine Nachfolgehaftung auch dann greifen, wenn nicht das Unternehmen als solches, sondern nur seine Vermögenswerte auf ein anderes Unternehmen übertragen werden. Die so konzipierte Konzernhaftung sei mit höherrangigem Recht, insbesondere der EMRK, vereinbar. Da das Kartellrecht nach der Rechtsprechung des EGMR kein Kernstrafrecht darstelle, bestünden keine Bedenken gegen die bestehenden Spielräume der Kommission bei der Bemessung der Geldbußen. Die Praxis der europäischen Organe sei im Ergebnis mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem Schuldprinzip vereinbar. Kellerbauer erläuterte danach die Probleme, die sich im Rahmen der Konzernhaftung mit Blick auf die Verschärfung von Geldbußen für Wiederholungstäter und die Bemessung der Umsatzgrenzen stellen, und schloss seine Ausführungen mit Überlegungen zum Innenverhältnis der haftenden Gesellschaften und zu der Frage, ob der Klage einer verbundenen Gesellschaft Gesamt- oder Einzelwirkung zukomme.

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