08.10.2014

EP: Anhörung der designierten Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im Europäischen Parlament

Am 2. Oktober  2014 fand u. a. die Anhörung von Margarete Vestager, der designierten EU-Kommissarin für Wettbewerbsrecht, im Europäischen Parlament vor dem Wirtschafts- und Währungsauschuss (ECON) statt. Es handelte sich um die 21. Anhörung (von 27) designierter Kommissare.

Hintergrund/Verfahren:

Sämtliche Anhörungen der designierten EU-Kommissare enden am 7. Oktober 2014. Jeder Kandidat wird von den Ausschüssen im Europaparlament, die für die jeweiligen Portfolios zuständig sind, beurteilt. Nach einem Eingangsstatement der designierten Kommissare dürfen die Fraktionen Fragen zum Ressort und der generellen Eignung des Kommissars stellen. Alle Anhörungen dauern drei Stunden. Bereits vor den Anhörungen mussten die designierten Kommissare schriftlich auf fünf Fragen der EU-Abgeordneten antworten. Der verantwortliche Ausschuss muss seine Evaluierung innerhalb von 24 Stunden nach der Anhörung abschließen, kann aber noch mehr Informationen anfragen. Das EP stimmt voraussichtlich am 22. Oktober 2014 darüber ab, ob es die gesamte neue Kommission billigt. Am 31. Oktober 2014 endet die Amtszeit Barroso II und am 1. November beginnt die Amtszeit der Juncker I Kommission.

Anhörung von Margarete Vestager

Die Anhörung wurde per Live Stream übertragen. Margarete Vestager wirkte gut vorbereitet, versiert und mit den Positionen der GD Wettbewerb gut vertraut. Die Antworten von Frau Vestager schienen bei den Abgeordneten gut anzukommen. Auf Twitter wurde seitens der Abgeordneten Positives zur designierten Kommissarin geäußert.

Frau Vestager stellte bei der Anhörung mehrmals die Bedeutung eines starken Wettbewerbsrechts in den Vordergrund, damit sich Europa auch im internationalen Wettbewerb behaupten könne. Gleichzeitig stellte sie in Abrede, dass Europa seine Bedeutung für den Handel mehr und mehr verloren habe und angesichts der vorherrschenden Überregulierung in Europa nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Schlüsselworte ihrer Amtszeit seien "Unparteilichkeit, Neutralität und Präzision".

Auf die Kritik des EVP-Abgeordneten Schwab, dass die 10 Prozent-Obergrenze für Bußgelder für KMU viel zu hoch sei, stellte die designierte Kommissarin klar, dass Bußgelder empfindlich sein müssten und hoch genug, damit eine mögliche Geldbuße nicht von vorneherein als Risiko bei den Geschäften einkalkuliert würde.

Auf den Stand der Untersuchung der Kommission in Sachen "google" angesprochen, gab Frau Vestager keine detaillierten Antworten. Sie kündigte aber an, die Wettbewerbsregeln einer Prüfung unterziehen zu wollen, inwieweit diese imstande seien, auf die Probleme in der digitalen Welt unter Einbeziehung des Werts und der Nutzung persönlicher Daten eine Antwort zu finden.

Zum aktuellen Apple-Fall, bei dem die seitens Apple vergleichsweise geringen Steuerzahlungen in Irland Gefahr laufen, als unzulässige staatliche Beihilfen eingestuft zu werden, stellt Frau Vestager klar, dass sie sich nicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in Steuerfragen einmischen würde, auch nicht „through the back door", dass sie allerdings die Beihilferegeln anwenden müsste, sofern diese Praktiken den Wettbewerb verzerrten.

Auf die Frage, ob und auf welche Weise sie plane, das EP künftig in den Legislativprozess im Wettbewerbsrecht mit einzubeziehen, sagte Frau Vestager, dass sie das EP immer anhören werde; das Einbeziehung des EP in den legislative Prozess würde sich jedoch nach der Rechtsgrundlage des jeweiligen zu begutachtenden Rechtsinstruments richten. Nur bei der Schadensersatzrichtlinie sei das EP bisher als Co-Gesetzgeber offiziell mitentscheidungsberechtigt gewesen.

Fälle ohne europäische Dimension sollen - so Frau Vestager - von nationalen Wettbewerbsbehörden aufgegriffen werden. Problematisch sei es, wenn einige nationale Wettbewerbsbehörden andere Regeln als die Europäische Kommission anwendeten.

Zur Person der designierten Wettbewerbskommissarin:

Margarethe Vestager ist Mitglied der dänischen sozialliberalen Partei (RV). Auf nationaler Ebene war sie als Bildungs- und anschließend als Kirchenministerin tätig, bevor sie von 2011 bis 2014 das Wirtschafts- und Innenministerium in Dänemark leitete. Von 1993 bis 1997 und erneut von 2007 bis 2014 war sie außerdem Vorsitzende ihrer Partei. Vestager hatte zuvor an der Universität von Kopenhagen ein Masterstudium (Ökonomie) absolviert und arbeitete vor ihren politischen Ämtern im dänischen Finanzministerium.

Im „Mission letter" Junckers an die designierte Kommissarin kommt zum Ausdruck, dass die Wettbewerbspolitik dem Projektteam „Arbeitsplätze, Wachstum, Investition und Wettbewerbsfähigkeit" zugeordnet werden wird. Neben ihrer Position als Wettbewerbskommissarin wird Margrethe Vestager auch Mitglied in den Projektteams „Digitaler Binnenmarkt" sowie „Energie und Klimaschutz".