27.11.2014
EP-Abgeordnete Schwab und Tremosa haben Entschließungsantrag zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt (Entflechtung von Suchmaschinengiganten wie Google) initiiert
Auf Initiative der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Andreas Schwab (EVP/CDU) und Ramon Tremosa i Balcells (ALDE/CDC) liegt dem Europäischen Parlament ein Entschließungsantrag vom 24. November 2014 zur Stärkung der Verbraucherrechte im digitalen Binnenmarkt vor, worüber das EP nächsten Donnerstag abstimmen wird. In dem Entwurf einer Entschließung geht es um eine verbraucherfreundliche Ausgestaltung des digitalen Binnenmarktes. Darin erwogen wird u. a. die Entflechtung von Suchmaschinenanbietern mit erheblicher Marktmacht. Der Entwurf zielt insbesondere auf Google.
Im Entschließungsantrag wird u. a. gefordert (Unterstreichungen hinzugefügt),
- (...) dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für im digitalen Binnenmarkt tätige Unternehmen sichergestellt werden müssen, damit sie wettbewerbsfähig sein können; fordert die Kommission daher auf, die Wettbewerbsregeln ordnungsgemäß durchzusetzen, um eine übermäßige Marktkonzentration und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu unterbinden, und den Wettbewerb mit Blick auf gebündelte Inhalte und Dienstleistungen zu beaufsichtigen;
- (....) dass der Markt der Online-Suche von besonderer Bedeutung für die Wahrung der Wettbewerbsbedingungen im digitalen Binnenmarkt ist, da Suchmaschinen sich zu Gatekeepern entwickeln und über die Möglichkeit verfügen können, die bezogenen Informationen kommerziell weiter zu verwerten; fordert die Kommission daher auf, die Wettbewerbsregeln entschlossen durchzusetzen, die anhand der Beiträge sämtlicher einschlägiger Interessenträger erstellt wurden, und die gesamte Struktur des digitalen Binnenmarkts zu berücksichtigen, damit Lösungen ermittelt werden, die tatsächlich Verbrauchern, Internetnutzern und Online-Unternehmen zugutekommen; fordert die Kommission darüber hinaus auf, Vorschläge in Betracht zu ziehen, die darauf abzielen, Suchmaschinen von anderen kommerziellen Dienstleistungen abzukoppeln, da dies ein langfristiges Mittel sein kann, die vorstehend genannten Ziele zu erreichen;
- (...) dass bei der Nutzung von Suchmaschinen der Suchvorgang und die Suchergebnisse frei von Verzerrungen sein sollten, damit die Internetsuche frei von Diskriminierung bleibt, mehr Wettbewerb und Auswahl für Nutzer und Verbraucher sichergestellt werden sowie die Vielfalt an Informationsquellen erhalten bleibt; stellt daher fest, dass die Auflistung, Bewertung, Darbietung und Reihenfolge von Ergebnissen bei Suchmaschinen frei von Verzerrungen und transparent sein und dass Suchmaschinen bei verknüpften Dienstleistungen umfassende Transparenz gewährleisten müssen; fordert die Kommission auf, jeglichen Missbrauch bei der Vermarktung von verknüpften Dienstleistungen durch Suchmaschinenbetreiber zu unterbinden;
Hintergrund:
Internet-Plattformen, wie Google, deren Geschäftsmodell maßgeblich im Sammeln, der Analyse und der wirtschaftlichen Verwertung großer Mengen von Nutzerdaten beruht und die auf diesem Wege erhebliche Marktmacht erlangt haben, sind derzeit Gegenstand einer intensiven öffentlichen Debatte. Seit vier Jahren prüft die EU-Kommission, ob Google seine Marktstellung bei Suchmaschinen missbraucht. Im Bereich der Suchmaschinentätigkeit geht die EU-Kommission derzeit davon aus, dass Google über Marktmacht verfügt und diese missbraucht, ohne dass bisher die relevanten Märkte konkreter abgegrenzt werden mussten. Die neue Kommission führt diesen Fall weiter, nachdem das letzte Zusagenangebot von Google zurückgewiesen worden war. Google wird zuweilen - wie auch im Entschließungsantrag anklingt - mit einem „Gate-Keeper" des Internets gleichgesetzt der seine erreichte Marktposition gegebenenfalls sogar auf die Kontrolle von Inhalten ausweiten könnte. Es wird befürchtet, dass Google seinen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern immer weiter ausbaut und bereits eine Position erreicht hat, deren Angreifbarkeit im Wettbewerb ausgeschlossen ist.
EU-Kommissar Oettinger hat die Pläne der EP-Abgeordneten bereits kommentiert und abgelehnt (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Oettinger-Keine-Zerschlagung-und-keine-Enteignung-von-Google-2465450.html)
In Deutschland hatte unlängst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in einer Kleinen Anfrage die Marktmacht von global agierender IT-Unternehmen wie Google kritisch in Frage gestellt und wollte wissen, ob bei global agierenden IT-Unternehmen von einer kartellrechtlich relevanten, marktbeherrschenden Stellung auszugehen sei, die ein Eingreifen der Kartellbehörden oder Ausweitung des kartellrechtlichen Instrumentariums gerechtfertigt erscheinen ließe (vgl. FIW-Bericht vom 22.10.2014). Sie bat auch um Klärung, ob und wie der Ruf nach einer derzeit öffentlich diskutierten verbesserten kartellrechtlichen Regulierung bis hin zu einer „Zerschlagung" dieser Unternehmen, mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln realisierbar wäre und welche Alternativen dazu sinnvoll und umsetzbar wären. Hierauf hatte die Bundesregierung geantwortet, dass der Erwerb oder das Innehaben einer marktbeherrschenden Stellung - außerhalb der Fusionskontrolle - nicht verboten sei und dass nach ihrer Auffassung das nationale und europäische Wettbewerbsrecht derzeit ein grundsätzlich ausreichendes Instrumentarium zur Lösung der Probleme biete, die aus Marktmacht resultieren können. Außerdem hatte die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass sie umfassend prüfen wolle, ob der bestehende Ordnungsrahmen fortzuentwickeln und um weitere Instrumente zu ergänzen ist, um speziellen wettbewerblichen Anforderungen der digitalen Wirtschaft auch in Zukunft zu entsprechen.