23.10.2013
Bundeskartellamt: Arbeitskreis Kartellrecht tagte zum Thema “Vertikale Beschränkungen in der Internetökonomie“
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https://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/presse/2013_10_14.php
https://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/Veranstaltungen/AKK.php https://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/Arbeitskreis_Kartellrecht_-_Tagungspapier.pdf |
Der Arbeitskreis Kartellrecht beim Bundeskartellamt hat am 14. Oktober 2012 zum Thema „Vertikale Beschränkungen in der Internetökonomie" getagt. Dieser Arbeitskreis besteht aus Hochschullehrern, Vertretern nationaler und internationaler Wettbewerbsbehörden sowie Richtern und tagt jährlich zu grundsätzlichen wettbewerbspolitischen Themen. Die Tagung fand unter der Leitung von Herrn Dr. Klocker, Vizepräsident des Bundeskartellamtes statt. Zu Beginn wurden einleitende Kurzvorträge der Panellisten Dr. Konrad Ost, Leiter der Abteilung Grundsatzfragen des Kartellrechts des Bundeskartellamtes, Prof. Dr. Kai-Uwe Kühn, Universität Michigan (USA) und bis vor kurzem „Chefökonom" der GD Wettbewerb der EU-Kommission, Prof. Dr. Andrea Lohse, Universität Bochum, Prof. Dr. Christian Wey, Universität Düsseldorf, und Prof. Dr. Daniel Zimmer, Universität Bonn, Vorsitzender der Monopolkommission, gehalten. Die Präsentation der Panellisten können auf der Internetseite des Bundeskartellamts abgerufen werden.
Worum geht es?
Das Forschungsgebiet Internetökonomie oder Internetwirtschaft beschäftigt sich mit der ökonomischen Nutzung des Internet. Die Internetökonomie ist von schnellem Wachstum geprägt. Dadurch entsteht eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle, die bei der Warenerzeugung und beim Warenabsatz effiziente Strukturen nutzen können und zu Preissenkungen führen können. Durch die Transparenz des Internets werden herkömmliche Vertriebsstrukturen in Frage gestellt und der Wettbewerb generell intensiviert. Auch im Rahmen des Kartellrechts stellen sich durch die eklatante Zunahme des E-Commerce viele neue Anwendungs- und Auslegungsfragen, die für das Bundeskartellamt Anlass zu einer vertieften Befassung mit vertikalen Beschränkungen in der Internetökonomie gegeben haben.
Das Diskussionspapier des Bundeskartellamts, das als Diskussionsgrundlage für die Tagung diente, konstatierte, dass sich durch die Wirkweise des Internets neue Möglichkeiten der Abstimmung und Kontrolle ergäben. Kartellbehörden müssten einerseits „überschießende Beschränkungen - innerhalb innovativer Vertriebskonzepte, aber auch gegen diese gerichtete - identifizieren und ggf. unterbinden." Zudem gehe es darum, Märkte grundsätzlich offenzuhalten und Beschränkungen neu hinzutretenden Wettbewerbs zu verhindern.
Angeführt werden in diesem Zusammenhang die Verfahren zur vertikalen Preisbindung, wie Verfahren zur Überprüfung konkreter Beschränkungen des Internetvertriebs im Rahmen selektiver Vertriebssysteme. Letztere beträfen u.a. die Nutzung von Drittplattformen und virtuellen Marktplätzen. Die Plattformbetreiber ihrerseits neigten dazu, ihre Marktstellung mit Preisparitätsklauseln und ähnlichen Beschränkungen abzusichern.
Einschlägig für die Beurteilung vertikaler Beschränkungen sei die Vertikal-GVO. Allerdings fehle es in der GVO an spezifischen Vorgaben zum Internetvertrieb. In den Leitlinien sei hingegen der Versuch unternommen worden, die Bedeutung der Kernbeschränkungen im Hinblick auf das Internet zu konkretisieren.
Das Diskussionspapier hat zur Entfachung der Diskussion am Ende folgenden Fragekatalog formuliert (Zitat, S. 29):
- Erfordert die Internetökonomie eine Neubewertung selektiver Vertriebssysteme?
- Stellt die Vertikal-GVO mit ihrem Abstellen auf Einzelmarktanteile und einen engen Katalog von Kernbeschränkungen einen angemessenen Rahmen für die Bewertung vertikaler Beschränkungen in der Internetökonomie dar?
- Wie ist der Schutz des Markenimage durch vertikale Beschränkungen zu bewerten? Ist der Ausschluss von Plattformen zu rechtfertigen?
- Ist die Struktur der Vertikal-GVO mit ihren relativ hohen Anforderungen an den Entzug der Freistellung sachgerecht im Hinblick auf Interventionsmöglichkeiten nationaler Behörden? Ist in dem Bereich eine eher aktive oder eine zurückhaltende Interventionspolitik der Kartellbehörden sachgerecht?
- Wann können Bestpreisklauseln, die sich auf die Endverkaufspreise beziehen, bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen sein? Sollten sie als Kernbeschränkungen von der Vertikal-GVO ausgenommen werden, da sie in bestimmten Konstellationen eine ebenso schädliche Wirkung entfalten wie eine Preisbindung der zweiten Hand?
Laut Bundeskartellamt hätten in der Diskussion insbesondere zwei Themen dominiert: Zum einen sei es um die wettbewerbliche Würdigung bestimmter Vertriebsbeschränkungen im Internethandel durch Hersteller gegangen, insbesondere um das Verbot für Händler, neben einem eigenen Internetshop auch unabhängige Marktplatz-Plattformen wie Amazon oder eBay zu nutzen. Zum anderen sei über die Wirkung sogenannter Bestpreisklauseln auf Internetportalen ausführlicher diskutiert worden. Im Rahmen solcher Klauseln verpflichteten sich beispielsweise Hotelbuchungsplattformen dazu, auf den jeweiligen Plattformen Übernachtungen nur zu den jeweils günstigsten Preisen anzubieten.