19.06.2012

Antwort der Bundesregierung zur Anwendung des Kartellrechts auf Krankenkassen

Am 1. Juni 2012 ist die elektronische Vorabantwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „Schwierigkeiten bei der Anwendung von Kartellrecht bei den Krankenkassen" (Bundestagsdrucksache 17/9357)  veröffentlicht worden, die weiteren Aufschluss über die Beweggründe der Bundesregierung gibt, das Kartellrecht und die Fusionskontrolle künftig auch auf gesetzliche Krankenkassen auszudehnen.

Im Regierungsentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind insbesondere folgende Regelungen vorgesehen:

Die Bundesregierung erläutert in ihrer Antwort, dass auf Grund der geplanten Neuregelung in § 4 Absatz 3 SGB V das Kartellverbot und die Missbrauchsaufsicht künftig nicht mehr nur für die Beziehungen zwischen

Krankenkassen und Leistungserbringern, sondern ausdrücklich auch für die Beziehungen der Krankenkassen zu den Versicherten sowie für Abreden und Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen gelten sollen. Als Beispiel eines denkbaren Anwendungsfalls nennt die Bundesregierung ein abgestimmtes Verhalten von Krankenkassen bei der Erhebung von Zusatzbeiträgen.

Die entsprechende Anwendung der Regelungen zur Zusammenschlusskontrolle (§ 172a SGB V im Entwurf) soll nach Aussage der Bundesregierung sicherstellen, dass Krankenkassen keine marktbeherrschenden Stellungen erlangen, die geeignet seien, „den Wettbewerb zu stören".

Die in der Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke aufgeworfenen Frage, ob es nicht problematisch sei, dass die Krankenkassen „durch die Anwendung des Kartellrechts immer mehr den Charakter von Unternehmen" erhielten und damit als „Unternehmen im Sinne des europäischen Binnenmarktrechts" eingestuft werden könnten, beantwortete die Bundesregierung dahingehend, dass die Regelungen des Kartellrechts und der Zusammenschlusskontrolle des GWB nur „entsprechend" anzuwenden und die Krankenkassen damit auch weiterhin keine Unternehmen seien.

Hintergrund:

Im Allgemeinen hat der EuGH öffentlichen Krankenkassen die Unternehmenseigenschaft auf Grundlage des sog. funktionalen Unternehmensbegriffs abgesprochen, sofern sie auf Beitragshöhe und Leistungsumfang keinen Einfluss haben (vgl.Rechtsache Poucet und Pistre,

EuGH, Urteil vom 17. 02.1993, verb. Rs C-159 / 91 u. C-160/91. Für die deutschen gesetzlichen Krankenkassen hatte der EuGH dies später in der Rechtssache AOK Bundesverband entschieden (EuGH, Urteil vom 16. 3. 2004 - C-264/01).