22.05.2012

ADAC legt Studie des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie über Maßnahmen zur Steigerung des Wettbewerbs auf den Kraftstoffmärkten vor

D
GWB
Markttransparenzstelle
Kraftstoffmärkte

Am 15. Mai 2012 hat der ADAC bei einer Veranstaltung in Berlin eine Studie der Professoren Dewenter, Haucap und Heimeshoff des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie (DICE) vorgestellt, die insbesondere konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs auf den Kraftstoffmärkten zugunsten der Verbraucher vorschlägt. Anlass für die Studie war die „Sektoruntersuchung Kraftstoffe des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2011". In der Studie werden eine Reihe von Maßnahmen empfohlen, die sich erstmals nicht nur auf die Regulierung und Überwachung der Mineralölkonzerne beschränken, sondern besonders stark auf die Änderung des Konsumentenverhaltens zielen. Eine im Rahmen der Studie durchgeführte Befragung hatte ergeben, dass 41 Prozent der Autofahrer nie oder nur selten die Kraftstoffpreise vor dem Tanken vergleichen. Rund 43 Prozent tanken erst dann, wenn der Tank leer ist und 40 Prozent steuern immer dieselbe Tankstelle an.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die vertikale Verbundenheit der Mineralölunternehmen auf den Kraftstoffmärkten und den Raffineriemärkten bei der Diskussion möglicher Lösungsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Steigerung des Wettbewerbs auf den Kraftstoffmärkten berücksichtigt werden müsse, weil ein wesentliches Potenzial für Behinderungsmissbrauch gerade aus der vertikalen Integration dieser Unternehmen resultiere. Nach Ansicht der Gutachter komme einer verstärkten Verbraucherinformation ein erhebliches Potenzial zu, die Wettbewerbssituation auf den deutschen Kraftstoffmärkten zu verbessern. So könne ein gezielter Ausbau von Online-Preisinformationssystemen die Autofahrer auch dem Zweck diene, den Autofahrer über die Preise in seiner Umgebung zu informieren. Derzeit sei eine vergleichsweise geringe Preiselastizität der Nachfragen zu beobachten. Sofern die geplante Markttransparenzstelle für die Kraftstoffmärkte auch laufend über aktuelle Preisbewegungen an den Tankstellen informieren würde und den Preiswettbewerb verstärken würde, sähe der ADAC die Einführung einer solchen Stelle positiv.

Die Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die in anderen Ländern, wie in Österreich oder in Australien, praktizierten Preisregulierungsmaßnahmen keine eindeutig positiven Wirkungen gehabt hätten. Vielmehr sei nicht auszuschließen, dass unter bestimmten Umständen auch Preiserhöhungen die Folge solcher Regulierung gewesen sein könnten. Allerdings habe sich die Frequenz der Preisänderungen in Folge dieser Regulierung reduzieren lassen. Auf der Grundlage von Preisregulierungen könnten typische Schwankungen im Nachfrageverhalten im Tagesverlauf weniger stark durch die Kraftstoffanbieter ausgenutzt werden.

Entscheidend ist aber nach Ansicht der Gutachter ein konsequentes Vorgehen des Bundeskartellamts gegen den Behinderungsmissbrauch auf den Raffineriemärkten. Dazu müssten teilweise die bestehenden Regelungen erweitert werden. Die Bekämpfung einer Diskriminierung der freien Anbieter durch die über eigene Raffineriekapazitäten verfügenden Oligopolisten müsse insbesondere durch die Sanktionierung von Preis-Kosten-Scheren weiter vorangetrieben werden. Aus Sicht des DICE stellen Preis-Kosten-Scheren ein ernstes Problem im Kraftstoffmarkt dar, da die großen Mineralölunternehmen selbst alle wesentlichen Raffineriekapazitäten besäßen und ihre eigenen Ketten sowie freie Tankstellen gleichzeitig belieferten. Durch diese ausgeprägte vertikale Integration bestehe tendenziell die Gefahr, dass durch so genannte Preis-Kosten-Scheren ein Verdrängungsprozess kleiner Ketten bzw. einzelner freier Tankstellen ausgelöst werde. Wenn die Marge zwischen den erzielbaren Verkaufspreisen für Kraftstoffe und den jeweiligen Einkaufspreisen zu gering ausfalle, wäre ein wirtschaftlicher Betrieb einer unabhängigen Tankstelle nicht mehr ohne weiteres möglich. Gleichzeitig sei aber eine Präzisierung des Wettbewerbsrechts notwendig. Preis-Kosten-Scheren könnten derzeit auf der Grundlage von § 19 GWB und § 20 GWB verfolgt werden, allerdings adressiere § 20 GWB nur klare Unterschreitungen der Vorleistungspreise durch die Endkundenpreise und nicht die problematischeren Fälle einer unzureichenden Marge. Sanktioniert werden müssten darüber hinaus auch weniger extreme Formen der Preisdiskriminierung, wie schlechtere Konditionen bei der Lieferung von Kraftstoffen. Die Autoren der Studie fordern eine eigenständige Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts zu den Raffineriemärkten, um über die laufende Bekämpfung unerlaubter Praktiken hinaus weitere Ansatzmöglichkeiten für wettbewerbspolitische Maßnahmen auszuloten. Ein schärferer Eingriff als die Missbrauchsaufsicht wäre eine Form der Zugangsregulierung, die einen diskriminierungsfreien Zugang der Wettbewerber zu Raffineriekapazitäten sicherstellen würde. Nach Ansicht der Gutachter sollte diese regulatorische Methode nur als absolute ultima ratio angewendet werden, wenn keine anderen wettbewerbspolitischen Eingriffsmaßnahmen Wirkung gezeigt hätten. Die Gutachter lehnen eine übereilte Einführung bestimmter Formen der ex-ante-Regulierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt strikt ab.

Schließlich weist die Studie darauf hin, dass der Wettbewerb auf den Kraftstoffmärkten sich nicht von heute auf morgen steigern lasse, da Änderungen im Konsumentenverhalten sich erfahrungsgemäß erst nach vielen Jahren einstellten und auch die Analyse des Raffineriemarktes eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werde. Auch gibt die Studie zu Bedenken, dass angesichts ansteigender Rohölpreise trotz wettbewerbspolitischer Maßnahmen auf Kraftstoffmärkten Preiserhöhungen bei Kraftstoffen zu erwarten sein werden. Diese Entwicklung dürfe man nicht außer Acht lassen.