20.12.2011
Monopolkommission stellt Sondergutachten zur Wettbewerbssituation auf den Telekommunikationsmärkten vor
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https://www.monopolkommission.de/sg_61/s61_volltext.pdf |
Die Monopolkommission hat am 15. Dezember 2011 ihr Sondergutachten Nr. 62 zu den Telekommunikationsmärkten „Telekommunikation 2011: Investitionsanreize stärken, Wettbewerb sichern" vorgestellt. Alle zwei Jahre erstellt die Monopolkommission gemäß § 121 Abs.2 TKG ein Gutachten zur Wettbewerbslage im Telekommunikationsmarkt.
Aktuelle Themen des Sondergutachtens sind der Stand und die Perspektiven des Wettbewerbs im Mobilfunk vor dem Hintergrund einer zunehmend intensiveren Regulierung der Vorleistungsentgelte sowie der bevorstehenden Flexibilisierung und Neuvergabe wichtiger Frequenznutzungsrechte. Diskutiert werden darüber hinaus Investitionshemmnisse beim Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze sowie Möglichkeiten, die Investitionsanreize zu stärken. Auch die Diskussion um die so genannte Netzneutralität wird aufgegriffen. Gefragt wird dabei, welche Effekte ein Verbot von Preis- und Qualitätsdifferenzierungen beim Transport von Daten über das Internet auf den Wettbewerb und die Investitionsanreize der Marktteilnehmer hat.
Das Gutachten enthält folgende wichtige Aussagen:
Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze:
- Der Ausbau fester und mobiler Breitbandnetze müsse weiterhin im Wettbewerb erfolgen. Notfalls müsse der Wettbewerb durch Regulierung sichergestellt werden. Dies betreffe einen Großteil der Vorleistungsmärkte, da das Angebot der Wettbewerber auf den Endkundenmärkten in weiten Teilen von der Infrastruktur des dominierenden Anbieters abhänge.
- Der Ausbau der Glasfasernetze sollte im Markt erfolgen. Die Kosten für den Ausbau könnten gesenkt werden, wenn möglichst viele geeignete Infrastrukturen, auch die der öffentlichen Hand (z.B. Bundesfernstraßen und Eisenbahnnetze), mit genutzt werden können.
- Eine gesetzliche Verankerung eines Breitband-Universaldienstes mit Vorgaben zu bestimmten Übertragungsraten im Telekommunikationsnetz wird abgelehnt; dadurch könnten private Initiativen gelähmt, der Wettbewerb verzerrt und der Netzausbau unnötig teuer werden. Etwaige Versorgungslücken könnten mit Förderprogrammen geschlossen werden.
- Den parallelen Ausbau von Glasfaser- und Kabelnetzen gelte es aus Effizienzgründen zu vermeiden. Daher wird die Öffnung der für Telekommunikationsanwendungen aufgerüsteten Kabelnetze für den diskriminierungsfreien Zugang anderer Anbieter befürwortet. Dabei wäre eine freiwillige Öffnung der Netze im Rahmen einer Open-Access-Strategie einer regulatorischen Öffnung vorzuziehen. Ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile der Kabelnetzbetreiber, wie das Nebenkostenprivileg, müssten im gleichen Zug abgeschafft werden.
Teilnehmeranschlussmarkt:
- Die Regulierung des Markts für Teilnehmeranschlüsse im Festnetz könne mittlerweile aufgegeben und in die allgemeine Missbrauchsaufsicht überführt werden. Der Markt sei inzwischen nachhaltig wettbewerbsorientiert.
Mobilfunkmärkte:
- Die Monopolkommission warnt vor einer zu intensiven Regulierung der Mobilfunkmärkte. Es sei wichtig, die Angebotsvielfalt von derzeit vier unabhängigen Netzbetreibern und einer größeren Anzahl von Serviceprovidern zu erhalten. Eine zu drastische Regulierung der Terminierungs- und Roaming-Entgelte könnte die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der kleineren Netzbetreiber beeinträchtigem. Auch könnte der Wettbewerb durch die bestehenden Asymmetrie bei der Ausstattung mit Flächenfrequenzen unterhalb von 1 GHz eingeschränkt werden.
- Bei der Neuvergabe der 900-MHz-Frequenzen zum 1. Januar 2017 sollte dem weiteren Wachstum des mobilen Datenübertragungsvolumens entsprechend Rechnung getragen werden. Es wird angeregt, weitere Frequenzen unterhalb von 790 MHz, die bisher dem terrestrischen Rundfunk zugeordnet seien, für den Mobilfunk verfügbar zu machen.
Netzneutralität:
- Exkurs zum Begriff „Netzneutralität": Es gebe unterschiedliche Bedeutungszumessungen. Nach einer Lesart werde Netzneutralität als Preisdifferenzierungsverbot verstanden. Nach einer zweiten Lesart verstehe man darunter das Verbot der Qualitätsdifferenzierung beim Transport von Datenpaketen. Die Monopolkommission adressiert beide Lesarten.
- Weitergehende Regelungen zur Sicherung von Netzneutralität im Sinne des Verbots von Preis- und Qualitätsdifferenzierungen im Internetverkehr sollten nicht eingeführt werden. Der bestehende Rechtsrahmen sei ausreichend, um etwaigen Wettbewerbsbeschränkungen zu begegnen. Um bestehende Übertragungskapazitäten effizient zu nutzen, könnte allerdings eine differenzierte Behandlung von Endnutzern, Anwendungen und Diensten sinnvoll sein.