03.02.2011
Europäisches Parlament: Entschließung zum Wettbewerbsbericht der Kommission 2009
EU
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Am 20. Januar 2011 hat das Europäische Parlament (EP) auf eigene Initiative eine Entschließung zum Wettbewerbsbericht der Kommission 2009 angenommen. Darin setzt es sich mit der Wettbewerbspolitik der Kommission im Jahr 2009 und dem weiteren wettbewerbspolitischen Kurs der Kommission auseinander.
Die Entschließung enthält folgende wegweisende Aspekte:
Mitentscheidungsverfahren
- Das EP verlangt ein regelmäßige Information bei allen Gesetzgebungsinitiativen und setzt sich für eine aktivere Rolle des Parlaments bei der Ausgestaltung der Wettbewerbspolitik durch die Einführung einer Mitentscheidungsbefugnis im Gesetzgebungsverfahren ein (Ziff. 3).
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse
- Im Hinblick auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse fordert das EP die Kommission auf, den durch den Vertrag von Lissabon bereitgestellten Rahmen zu prüfen. Das EP fordert zudem eine enge Einbeziehung des Parlaments im Rahmen der Nachbearbeitung der offenen Konsultation über Regelungen für staatliche Beihilfen zugunsten von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Ziff.7).
Sammelklagen
- Nach Ansicht des EP müsste eine europäische Form des kollektiven Rechtsschutzes für individuelle Opfer von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht geschaffen werden, und zwar auf der Grundlage des Grundsatzes der Einwilligung (Opt-in-Grundsatz) unter Beachtung der in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. März 2009 festgelegten Kriterien, denen zufolge dem identifizierten Personenkreis oder den von diesem benannten Personen ein Ersatz ausschließlich für den tatsächlich erlittenen Schaden gezahlt werden sollte; die Kommmission wird aufgefordert, zu prüfen, auf welche Art und Weise ein derartiger Mechanismus in die bestehenden nationalen Rechtsordnungen eingefügt werden könnte (Ziff. 14). Die Kommission sollte unbedingt und ohne unnötige Verwässerungen Rechtsvorschriften vorschlagen sollte, um die Durchführung individueller und kollektiver Rechtsbehelfe im Hinblick auf einen tatsächlichen Schadenersatz aufgrund von Verstößen gegen das EU-Wettbewerbsrecht zu erleichtern, wobei diese Rechtsvorschriften einem horizontalen Ansatz entsprechen, die Übertreibungen des nordamerikanischen Systems vermeiden und nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren der Mitentscheidung angenommen werden müssen (Ziff. 15).
Wettbewerbspolitik und die Finanz- und Wirtschaftskrise
- Das EP nimmt die Verlängerung der Anwendung zeitlich befristeter Maßnahmen der staatlichen Beihilfe um ein weiteres Jahr zur Kenntnis. Die zeitlich befristeten Maßnahmen und Ausnahmeregelungen vor allem im Automobilsektor sollten so rasch wie möglich eingestellt werden (Ziff.20). Im nächsten Jahresbericht sollte eine ausführliche Evaluierung der zeitlich befristeten Maßnahmen für staatliche Beihilfen vorgenommen werden (Ziff. 23).
Vertikale Gruppenfreistellungsverordnung
- Das EP befürwortet die Verlängerung der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung, moniert jedoch, dass die Kommission den spezifischen Gegebenheiten des Online-Verkaufs nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen hat, vor allem in Bezug auf die Digitale Agenda und unter Berücksichtigung ihrer laufenden Bestrebungen, den Binnenmarkt für den elektronischen Handel zu vollenden (Ziff.51).
Geldbußen und Compliance
- Das EP ist der Ansicht, „dass sich die Verhängung immer höherer Geldbußen als zu kurzsichtig erweisen könnte, nicht zuletzt angesichts potenzieller Arbeitsplatzverluste infolge von Zahlungsunfähigkeit". Es fordert die Ausarbeitung einer breiteren Palette differenzierter Instrumente zur Behandlung von Aspekten wie die individuelle Verantwortung, Transparenz und Rechenschaftspflicht von Unternehmen, kürzere Verfahren, das Recht auf Verteidigung und ordnungsgemäße Verfahren, Mechanismen, mit denen die Wirksamkeit der Anwendung der Kronzeugenregelung sichergestellt wird (insbesondere um Konflikte zu beheben, die durch Verfahren mit Ausforschungsbeweis in den Vereinigten Staaten entstehen), Programme zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Verhaltens von Unternehmen und die Ausarbeitung europäischer Normen. Es unterstützt einen Ansatz nach dem Motto „Fordern und Fördern" mit Geldbußen als einem wirksamen Abschreckungsmittel, insbesondere bei wiederholten Verstößen, und Anreizen für ordnungsgemäßes Verhalten" (Ziff.60);
- EP fordert die Kommission erneut auf, die Grundlage für die Berechnung von Geldbußen und die neuen Grundsätze für die Verhängung von Geldbußen gegebenenfalls in die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aufzunehmen (Ziff. 61).
Fusionskontrolle
- Das EP weist darauf hin, dass bei der Fusionskontrolle Bereiche ermittelt werden sollten, in denen Verwaltungsabläufe vereinfacht werden können und eine größere Übereinstimmung zwischen den geltenden nationalen Bestimmungen und den Bestimmungen der Union erzielt werden kann (Ziff. 63).
Energiemärkte
- Das EP bedauert, dass die Verbraucher nach wie vor unter einem verzerrten Energiemarkt leiden. Ein wirksamer Wettbewerb auf den Energiemärkten würde zu mehr Innovation, zu einer sichereren und erschwinglicheren Energieversorgung und zu geringeren Umweltauswirkungen führen (Ziff.72).