10.05.2011

EU-Kommission konsultiert zur Überarbeitung der Breitbandbeihilfeleitlinien

Die EU-Kommission hat am 19. April 2011 eine Konsultation zu den "Leitlinien für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau" (im Folgenden: Breitbandleitlinien) eingeleitet, die bis zum 31. August 2011 laufen wird. Die Breitbandleitlinien müssen spätestens drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung, d. h. bis zum 30. September 2012, überprüft werden. Bei der Überprüfung sind die wichtigsten aktuellen Entwicklungen auf dem Markt, in der Technik und im Regulierungsbereich zu berücksichtigen.

Die derzeitigen Breitbandleitlinien, die im September 2009 angenommen wurden, sehen einen umfassenden Rahmen für einen weiteren Ausbau leistungsfähiger und hochleistungsfähiger Breitbandnetze in Europa vor. Die rasche Entwicklung der Märkte und der schnelle technologische Fortschritt könnten jedoch Anpassungen erforderlich machen. Daher hat die EU-Kommission einen Fragebogen zu relevanten Themen zusammengestellt, wie etwa die Entwicklung hochleistungsfähiger Breitbandtechnologien oder die Frage, wie die Zugangsbedingungen für geförderte Netze der nächsten Generation  (Next Generation Access Networks - NGA-Netze) ausgestaltet werden sollten.

Aktuelle Breitbandleitlinien:

In den Breitbandleitlinien von 2009 ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen öffentliche Mittel im Einklang mit den EU-Beihilfevorschriften für die Breitbanderschließung bereitgestellt werden können. Gerade wenn der Markt keine hinreichende Breitbandabdeckung gewährleistet oder die Zugangsbedingungen nicht angemessen sind, können Beihilfen ein Instrument sein, um das Marktversagen zu beheben, dass einzelne Marktinvestoren keine Investitionen tätigen. Wenn der einzelne Mitgliedstaat staatliche Mittel einsetzt und das finanzierte Netz kommerziellen Interessen dient, liegt regelmäßig eine Beihilfe vor, sofern die staatlichen Vergünstigungen direkt den Netzinvestoren zu Gute kommen und sie selektiv wirken. Mitunter können Investitionen im Breitbandsektor - je nach dem Charakter als Fördergebiet - auch als Beihilfen für Erstinvestitionen im Sinne der Regionalbeihilfeleitlinien angesehen werden.
In den aktuellen Leitlinien wird - je nach dem Grad der bereits vorhandenen Breitbandversorgung - eine Unterscheidung zwischen den Gebieten, in denen Fördermaßnahmen erwogen werden, getroffen. Gebiete, in denen überhaupt keine Breitbandinfrastruktur vorhanden und in naher Zukunft auch nicht zu erwarten ist, werden als "weiße Flecken" bezeichnet, Gebiete, in denen es nur einen Breitbandnetzbetreiber gibt als "graue Flecken" und Gebiete, in denen mindestens zwei Breitbandnetzbetreiber tätig sind als "schwarze Flecken". Unter Beihilfegesichtspunkten steht die EU-Kommission einer staatlichen Förderung der Breitbandabdeckung in "weißen" Gebieten weniger kritisch als einer Förderung in "schwarzen" Gebieten gegenüber, da in letzteren Gebieten bereits ein (mehr oder weniger) effektiver Wettbewerb besteht, der andernfalls durch staatliche Hilfen verzerrt werden könnte. Eine Förderung in den "grauen" Gebieten bedarf einer eingehenderen Analyse und einer sorgfältigen Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Diese Gebietsunterscheidung wird dann auf die Situation der NGA-Netze, deren Aufbau sich noch in der Frühphase befindet, übertragen. Hier müssen die Mitgliedstaaten nicht nur die vorhandenen NGA-Infrastrukturen berücksichtigen, sondern auch konkrete Investitionspläne von Telekommunikationsunternehmen zum Aufbau solcher Netze. In den Leitlinien wird eine Reihe von Absicherungsmaßnahmen festgelegt, um den Wettbewerb zu fördern und zu vermeiden, dass private Investoren verdrängt werden.

Entwicklung seit Verabschiedung der Leitlinien:

Nach eigenen Angaben der EU-Kommission hat diese im Zeitraum seit der Veröffentlichung der Leitlinien und dem 31. Januar 2011 30 Breitbandmaßnahmen geprüft und genehmigt und die Verwendung von über 2,1 Mrd. EUR wettbewerbsfördernder öffentlicher Finanzierungsmaßnahmen auf der Grundlage der Leitlinien gebilligt. Laut Aussagen der Mitgliedstaaten sollen die für die Breitbanderschließung vorgesehenen Mittel weiter aufgestockt werden. Auch die EU-Kommission beabsichtigt, mehrere ihrer Finanzierungsinstrumente verstärkt auf die Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 und der Digitalen Agenda auszurichten. Mit der laufenden Konsultation möchte die EU- Kommission Informationen über die bislang gemachten Erfahrungen der Mitgliedstaaten und Marktteilnehmer mit den Leitlinien sammeln und neue technologische Entwicklungen adressieren. Der Fragebogen behandelt beispielsweise die Technologie- und Marktentwicklung bei hochleistungsfähigen Breitbandinfrastrukturen, die Frage, wie Zugangsbedingungen für geförderte NGA-Netze am besten ausgestaltet werden sollten, die Verbesserung der Transparenz von Breitbandbeihilfemaßnahmen, die Rolle der nationalen Regulierungsbehörden bei solchen Vorhaben oder den Zusammenhang mit den Grundsätzen zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.
Gegebenenfalls wird die EU-Kommission Anfang 2012 einen Entwurf für neue Leitlinien vorlegen, woran sich eine neue Konsultationsphase anschließen würde.