18.08.2011

Bundeskartellamt veröffentlicht Tätigkeitsbericht für die Jahre 2009/2010

Das Bundeskartellamt hat am 28. Juli 2011 seinen Tätigkeitsbericht für die Jahre 2009/2010 vorgelegt. Der Bericht gibt einen Überblick über wettbewerbs- und vergaberechtliche Entwicklungen in den letzten zwei Jahren und enthält eine ausführliche Übersicht über die Tätigkeiten des Bundeskartellamtes in einzelnen Wirtschaftszweigen.

Die Zahl der angemeldeten Fusionen lag im Berichtszeitraum bei 1985 Anmeldungen, dies entspricht einem Rückgang von ca. 50 % im Vergleich zum letzten Tätigkeitsbericht 2007/2008. Die Gründe hierfür liegen nach Ansicht des Bundeskartellamts zum einen in den geringeren Übernahmeaktivitäten der Unternehmen infolge der Weltwirtschaftskrise und zum anderen in der Einführung der zweiten Inlandsumsatzschwelle. Das Bundeskartellamt hat in 31 Verfahren förmliche Verfügungen im Hauptprüfverfahren erlassen, dabei wurden 19 Fusionen freigegeben, vier untersagt und acht durch Freigabe mit Nebenbestimmungen beendet.

Die Verfolgung und Ahndung illegaler Kartelle macht laut Amt weiterhin große Fortschritte. Dabei wurden vor allem in den Bereichen Kaffee, Brillengläser, Flüssiggas, Dachziegel, Mörtelsilos, Druckchemikalien und Großdampferzeuger von Kraftwerken Verfahren geführt.  Im Vergleich zum letzten Tätigkeitsbereicht 2007/2008 ging die Bußgeldsumme von 748,5 Mio. Euro auf 564,2 Mio. Euro zurück. Die Höhe der verhängten Bußgelder lag 2009 bei 297,5 Mio. Euro und 2010 bei 266,7 Mio. Euro. Das Bundeskartellamt schloss 2009 neun Verfahren und 2010 acht Verfahren mit einem Bußgeldbescheid ab. Im Berichtszeitraum endeten 15 Verfahren mit ganz oder teilweise einvernehmlichen Lösungen. Die Eckpunkte zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung wurden vom Bundeskartellamt fortentwickelt und im Fallbericht „Kaffeeröster" 2009 veröffentlicht. Die Kronzeugenregelung war weiter bedeutend für die Arbeit des Bundeskartellamts, so wurde diese 78mal angewandt.

Das Bundeskartellamt hat im Berichtszeitraum verschiedene Sektoruntersuchungen durchgeführt. Dies betraf den Bereich des Lebensmitteleinzelhandels, die Kraftstoffmärkte, die Milchwirtschaft, den Walzasphaltsektor, Gasfernleitungsnetze sowie Fernwärme. Außerdem schloss das Amt eine umfassende Analyse der Stromerzeugungskapazitäten und der Stromgroßhandelsstufe ab.

Das Bundeskartellamt steht den zunehmenden Tendenzen zur Rekommunalisierung im Bereich der Daseinsvorsorge mit einer gewissen Skepsis gegenüber. Dabei werden die Effekte einer Rekommunalisierung je nach Tätigkeitsfeld unterschiedlich bewertet. Im Bereich der Energieerzeugung könne ein kommunales Engagement zu einer Wettbewerbsbelebung führen, allerdings bestünde bei einer Rekommunalisierung der Energienetze eine Zersplitterungsgefahr, die sich für neue Stromanbieter und Verbraucher nachteilig auswirken könnte. Bei einer Rekommunalisierung der Wasserversorgung droht die Gefahr eines Wechsels in das Gebührenrecht, um dadurch eine kartellrechtliche Preiskontrolle zu verhindern. Im Bereich der Personenbeförderung besteht die Gefahr, dass Teilprivatisierungen rückgängig gemacht werden, um die europarechtlich zulässigen Direktvergabemöglichkeiten zu nutzen. Darüber hinaus droht auch in der Entsorgungswirtschaft die Gefahr einer wettbewerblich problematischen Privilegierung der Kommunen.

Im Bereich des Vergaberechts geht der Tätigkeitsbericht zunächst auf die wesentlichen Entwicklungen im deutschen und europäischen Vergaberecht ein. Die von der Bundesregierung geplante Einführung eines wirksamen Vergaberechtsschutzes unterhalb der Schwellenwerte wird durch das Bundeskartellamt begrüßt. Der Tätigkeitsbericht beinhaltet auch Informationen über Statistik und Schwerpunkte der Spruchtätigkeit der Vergabekammern des Bundes. Mit 238 Anträgen erreichten die Nachprüfverfahren 2009 einen Höchststand, demgegenüber lag 2010 mit 156 Anträgen ein durchschnittlicher Wert vor.