30.05.2011
Almunia (EU-Kommission)“ Reform of EU State aid rules on the Services of General Economic Interest” (Rede)
EU
|
https://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/11/328&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en |
Der Vizepräsident der EU-Kommission und amtierende Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sprach am 12. Mai 2011 anlässlich der neunzigsten Plenarsitzung des Ausschusses der Regionen zu dem Thema „Reform of EU State aid rules on the Services of General Economic Interest" („Reform der EU-Beihilfenregeln für Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse")
Almunia kündigte ein Reformpaket für die Leistungen der Daseinsvorsorge an. Er betonte, dass der Vertrag von Lissabon den Mitgliedstaaten ein großes Ermessen bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, wie zum Beispiel bei der Erbringung öffentlicher Verkehrsdienste, beim Gesundheitsschutz und der Erbringung von Postdienstleistungen, lasse. Die Europäische Kommission habe dabei die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Finanzierung dieser Dienstleistungen nicht den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerrt. Die Kontrolle, die derzeit anhand des Monti-Kroes-Pakets erfolge, bezöge sich allerdings nur auf die Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse (DAWI). Die Unterscheidung zwischen DAWI und Dienstleistungen im allgemeinen Interesse (DAI) würde vom Europäischen Gerichtshof getroffen werden.
Almunia kündigte an, dass das Monti-Kroes-Paket (Anmerkung: Auch „Altmarkt-Paket" genannt) bis zum Ende des Jahres überarbeitet werden und durch neue Instrumente ersetzt werden würde.
(Anmerkung: Die Europäische Kommission hatte am 23. März 2011 eine Mitteilung zur künftigen Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse („Altmark Paket") veröffentlicht. Die Mitteilung wurde begleitet durch einen Bericht über die Kommissionspraxis bei der Anwendung der derzeit geltenden Vorschriften. Das „Altmark"-Paket regelt die Anwendung der Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und umfasst eine Entscheidung, einen Gemeinschaftsrahmen und die Änderung der Transparenzrichtlinie.)
Almunia gab an, dass er in den nächsten Wochen das Konsultationsergebnis auswerten wolle und dabei möglichst viele Institutionen, wie z.B. das Europäischen Parlament, die Mitgliedstaaten und die Vertreter der Regionen, miteinbeziehen wolle. Mit der Reform der Vorschriften will die Kommission einen klareren, einfacheren und wirksamen Rechtsrahmen schaffen, der nationalen, regionalen und lokalen Behörden die Einhaltung der Beihilfevorschriften erleichtert und die effiziente Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse fördert.
Die Reform sei auf Art. 106 AEUV gestützt. Almunia veranschaulichte die Notwendigkeit für eine Reform am Beispiel des Bildungs- und Ausbildungssektors, dessen Funktion es unter anderem sei, für ein „gleicheres Europa" zu sorgen und den unterprivilegierten Europäern eine Chance zu verschaffen, in sozialer und wirtschaftlicher Sicht aufzuholen. In seiner Meinung könnten die öffentlichen Dienstleistungen einen Beitrag leisten, die zunehmen zu beobachtende Ungleichheit, vor allem in der Einkommenssituation, in Europa zu verringern. Diese gehe auch auf eine OECD-Erhebung zurück.
Die Erfahrungen mit dem Monti-Kroes-Paket hätten ergeben, dass der von der Europäischen Kommission gewählte Ansatz oft zu gleichförmig gewesen sei, ohne auf Unterschiede, z.B. bei der Unternehmensgröße, einzugehen. Die bisherigen Konsultationen hätten ergeben, dass Raum für Verbesserungen besteht und insbesondere die Vorschriften für mehr Klarheit sorgen und für bestimmte Arten von Dienstleistungen vereinfacht werden könnten.
Als Ziele der Reform nannte daher Almunia Folgende:
- Die Dienstleistungen sollten effizienter werden, ohne das öffentliche Budget weiter zu belasten.
- Die Regelungen sollten klarer und einfacher in der Anwendung werden. Dies betreffe beispielsweise das Verhältnis zwischen den Beihilfenregeln und den Regelungen über die öffentliche Beschaffung. Auch die Regeln zur Finanzierung und zu Ausgleichszahlungen sollten klarer gefasst werden. Für Gewinnspannen im Rahmen von Ausgleichszahlungen erwägt Almunia die Einführung eines „safe harbours".
- Die Regelungen sollten diversifizierter und verhältnismäßiger für die Behandlung der verschiedenen Arten von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse werden. Ein Element dieser Strategie könnte es sein, die Anwendung der Vorschriften für bestimmte Arten lokaler Dienste kleineren Umfangs, die nur geringe Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben, sowie der Vorschriften für bestimmte Arten sozialer Dienste zu vereinfachen. Zum einen könnte man dafür bei der Größe der Ausgleichszahlung ansetzen, zum anderen könnte man bei der Bevölkerungszahl einer Gemeinde ansetzen, in der der Dienst angeboten wird. Bei den sozialen Diensten könnten verschiedene Notifizierungsschwellenwerte je nach Art der Dienstleistung, erwogen werden.
- Bei der Behandlung groß angelegter kommerzieller Dienste mit eindeutig EU-weiter Dimension sollten Wirksamkeits- und Wettbewerbserwägungen stärker berücksichtigt werden. Erwägungen für Effizienzsteigerungen könnten bereits in den Ausgangsverträgen verankert werden. Auch sollten vermehrt Ausschreibungen und Benchmarkverfahren bei der Vergabe der Dienste durchgeführt werden, um den effizientesten und günstigsten Anbieter zu finden. Auch wenn Ausschreibungen nicht in allen Fällen opportun erscheinen, könnten Vergleiche zwischen In-House-Anbietern und externen Wettbewerbern durchgeführt werden.
Gegen eine interkommunale Zusammenarbeit habe Almunia nichts einzuwenden, wenn die angebotene Dienstleistung dadurch effizienter würde. Allerdings sei darauf zu achten, dass die Ausgangslage für kommerzielle Wettbewerber nicht verzerrt würde.