31.08.2010
OFT veröffentlicht neue Leitlinien für bestimmte kartellrechtliche Sanktionen: Entbindung des Geschäftsführers von seinen Aufgaben
UK
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https://www.oft.gov.uk/news-and-updates/press/2010/68-10
https://www.oft.gov.uk/shared_oft/business_leaflets/enterprise_act/oft510.pdf |
Das Office of Fair Trading (OFT) veröffentlichte am 29. Juni 2010 überarbeitete Leitlinien für Anordnungen, den Geschäftsführer eines Unternehmens („director") als Folge von Kartellrechtsverstößen von seinem Amt zu entbinden („director disqualification orders in competition cases"). Der Veröffentlichung ist eine Konsultation vorangegangen. Der Begriff „director" ist weit gefasst und soll sich auch auf Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung („limited liability partnership") beziehen.
Nach dem Gesetz „Company Directors Disqualification Act" aus dem Jahr 1986 (zuletzt geändert 2002 durch den Enterprise Act) ist es möglich, einen Geschäftsführer („director") durch ein Gericht auf behördlichen Antrag von seinem Amt ausschließen zu lassen. Anknüpfungspunkt für die Ausschließung durch das Gericht können verschiedene Gründe sein, wie zum Beispiel das Begehen einer Straftat oder der kontinuierliche Verstoß gegen gesetzliche Pflichten. Ein Geschäftsführer kann nach dem Gesetz für bis zu 15 Jahre von seinem Dienst dispensiert werden, wenn dem Unternehmen ein Kartellrechtsverstoß angelastet werden kann und das Gericht den Geschäftsführer als ungeeignet erachtet, seine bisherige Position auszufüllen. Liegen diese Voraussetzung vor, muss das Gericht einem entsprechenden Antrag stattgeben. In den Leitlinien wird näher ausgeführt, unter welchen Umständen das OFT einen solchen Antrag stellen wird.
Inhalt der Leitlinien:
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Die Leitlinien stellen dar, anhand welche fünf Prüfschritte das OFT vornimmt, um zu entscheiden, ob es einen Antrag auf eine gerichtliche Anordnung auf Amtsenthebung stellen soll. Es prüft
- das Vorliegen eines Kartellrechtsverstoßes,
- die Art des Verstoßes und ob ein Bußgeld erhoben wurde,
- ob das Unternehmen von einem Kronzeugenantrag profitiert hat,
- die Reichweite der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers im Hinblick auf den Kartellrechtsverstoß
- das Vorliegen erschwerender und mildernder Umstände.
- Die Leitlinien stellen zudem heraus, dass das OFT Geschäftsführer, die von einem Kartellrechtsverstoß in ihrem Unternehmen nichts gewusst haben, aber hätten wissen müssen, ähnlich gravierend einstuft wie Geschäftsführer, die sich persönlich an einem Kartellrechtsverstoß beteiligt hätten. Das OFT wird dabei den persönlichen Verantwortungsbereich der Person, dessen Rolle und Position, den Informationsstand, die Expertise, Erfahrungen und Kenntnisse der Person berücksichtigen und inwieweit diese von den mit der Position assoziierten Kenntnissen abweichen. Die Fälle, in denen Anträge gestellt würden, richteten sich schließlich auch nach der Beweislage und der Schwere des Verhaltens.
- Das OFT wird auch weiterhin den Geschäftsführern Immunität gewähren, die mit dem OFT bei den Ermittlungen zusammenarbeiteten und deren Unternehmen von Kronzeugenanträgen im Hinblick auf denselben Sachverhalt profitieren würden.
- In Ausnahmefällen wird das OFT auch Anträge auf Amtsentbindung stellen, wenn es keine vorgelagerte Entscheidung oder ein Urteil über den in Rede stehenden Kartellrechtsverstoß gebe. Das Gericht, das über den Antrag befinde, müsse jedoch gleichwohl davon überzeugt werden, dass ein Kartellrechtsverstoß stattgefunden habe.
Das OFT hat ferner angekündigt, ebenfalls Leitlinien zu entwickeln, die die Verantwortlichkeiten eines Geschäftsführers im Umgang mit dem Kartellrecht festlegen werden. Dies versteht das OFT als Teil einer weiter angelegten Initiative zur Förderung von Compliance-Bestrebungen in Unternehmen.