30.09.2010
OFT und Competition Commission veröffentlichen neue Leitlinien für die Fusionskontrolle (Merger assessment guidelines)
Das Office of Fair Trading (OFT) und die Competition Commission (CC) haben am 16. August 2010 gemeinsame neue Leitlinien für die Fusionskontrolle (Merger assessment guidelines) veröffentlicht. Die CC ist eine unabhängige Behörde, die Marktuntersuchungen, Untersuchungen im Bereich der Fusionskontrolle und der regulierten Industrien durchführt.
Der Veröffentlichung dieser Leitlinien war eine ausführliche Konsultationsphase vorgeschaltet. Insgesamt sind im Zeitraum von 2008 bis Mai 2010 drei Konsultationen und zwei Diskussionsrunden am Runden Tisch durchgeführt worden. Die Leitlinien überarbeiten die bisherigen Leitlinien und fassen die in mehreren Dokumenten enthaltenen Empfehlungen in einem Dokument zusammen. Sie sind mit der Veröffentlichung in Kraft getreten. Die Leitlinien legen dar, auf welcher Grundlage das OFT und die CC die Bewertung einer Fusion vornehmen.
Wesentliche Änderungen der bisherigen Leitlinien beziehen sich auf folgende Themen:
- Deutung des Konzepts der „theories of harm", wohinter sich verschiedenen Missbrauchstatbestände verbergen und Anwendung solcher Theorien in der Praxis.
- Die Leitlinien nehmen auch Stellung zur Auslegung des so genannten SLC-Tests („substantial lessening of competition" und zu den Bewertungskriterien und Bewertungsmethoden. Eine „wesentliche Verminderung des Wettbewerbs" kommt danach insbesondere zum Tragen, wenn eine Fusion im Zeitablauf einen erheblichen Effekt auf die Konkurrenz hat. Dies kann in einer Verstärkung des Wettbewerbsdrucks liegen, bessere Angebote, größere Effizienz oder Innovation beibringen zu müssen. Hierbei spielen die wahrscheinlichen negativen Auswirkungen eine große Rolle.
- Die Marktdefinition tritt hinter der direkten Bewertung der Auswirkungen auf den Wettbewerb (effects-based-approach) zurück.
- Auch enthalten die Leitlinien mehr Details zu horizontalen unilateralen und koordinierten Effekten. Danach seien unilaterale Effekte wahrscheinlich, wenn die Kunden kaum eine Wahl zwischen anderen Herstellern hätten. Bei homogenen Gütern könnten unilaterale Effekte auftreten, wenn ein bedeutsamer Wettbewerber wegfällt. In Bezug auf koordinierte Effekte werden OFT und CC untersuchen, ob es Anzeichen dafür gibt, dass die Unternehmen bereits vor dem Zusammenschluss ihr Verhalten koordiniert hätten und ob der Zusammenschluss der Koordination mehr Stabilität oder Effektivität verleihen würde. Ohne vorherige Anzeichen einer Koordinierung werden die Behörden untersuchen, ob die Wahrscheinlichkeit einer Koordinierung durch den Zusammenschluss größer würde.
- Detailliertere Beschreibung des hypothetischen Zustands (counterfactual), der Marktzutrittsschranken und nicht horizontaler Effekte sowie von Effizienzen:
- Der hypothetische Zustand (Situation ohne Zusammenschluss) spielt eine Rolle, um festzustellen, ob ein Zusammenschluss zu einer „wesentlichen Verminderung des Wettbewerbs" (SLC) führt. Dieser „hypothetische Zustand" muss generell vorhersehbar sein und darf nicht spekulativ sein.
- Marktzutrittsschranken werden in Betracht gezogen, um festzustellen, wie sich der Zusammenschluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Marktzutritts oder einer Erweiterung der Position auswirken könnte. Neben dem Umfang möglicher Marktzutrittsschranken werden die Behörden auch untersuchen, ob aktuelle und potentielle Wettbewerber die Möglichkeit und einen Anreiz haben, in den Markt einzutreten. Ein anzunehmender Marktzutritt könnte die fusionierenden Unternehmen davon abhalten, ihre durch den Zusammenschluss begründete Marktmacht auszunutzen.
- Effizienzen infolge eines Zusammenschlusses können Konkurrenz mit der Folge entfachen, dass der Zusammenschluss nicht zu einer „wesentlichen Verminderung des Wettbewerbs" führt. In den Leitlinien wird eine Reihe von Beispielen aufgeführt wie Kostensparungen und Netzeffekte. Es wird jedoch auch unterstrichen, dass Effizienzen infolge eines Zusammenschlusses sowie zeitnah und wahrscheinlich eintreten müssen. Außerdem müssten sie geeignet sein, eine „wesentliche Verminderung des Wettbewerbs" zu verhindern.