03.05.2010

Monopolkommission legt 58. Sondergutachten zu Entflechtungsvorschlägen vor.

Die Monopolkommission hat am 27. April 2010 ein neues Sondergutachten vorgelegt. Es handelt sich um das 58. Sondergutachten mit dem Titel „Gestaltungsoptionen und Leistungsgrenzen einer kartellrechtlichen Unternehmensentflechtung“. Es wird begleitet von einem Minderheitsvotum des Kommissionsmitglieds Peter-Michael Preusker, der sich dem Gutachten nicht anschließt (siehe dazu unten).

Schon im Vorwort des Gutachtens wird erklärt, dass sich das Gutachten auf einen noch nicht einmal der Öffentlichkeit vorgestellten Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) bezieht, den dieses seit Januar 2010 mit verschiedenen Ressorts diskutiert. Einige der Ressorts hatten jedoch Bedenken angemeldet, weshalb der Entwurf derzeit noch einmal überarbeitet wird.

Über den Inhalt des Entwurfs hatte das FIW bisher nicht berichtet, da es sich bei dem Referentenentwurf nicht um ein offiziell vorgelegtes Dokument handelt. Nachdem der Entwurf aber mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist, beim Innsbrucker FIW-Symposion besprochen wurde und sich nun die Monopolkommission mit den Vorschlägen befasst hat, soll hier zunächst kurz der wesentliche Inhalt des Referentenentwurfs dargestellt werden. Die dort vorgeschlagenen Regelungen werden im Anhang des Sondergutachtens abgedruckt.

Wesentlicher Inhalt des inoffiziellen Referentenentwurfs über ein „Gesetz zur Einführung einer Entflechtungsbefugnis und eines Stellungnahmerechts des Bundeskartellamts in Gesetzgebungsverfahren“:

Es soll ein Entflechtungsinstrument in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) als „ultima ratio“ integriert und die Befugnis für die Anordnung von Entflechtungsmaßnahmen auch außerhalb der Fusionskontrolle geregelt werden. Es werden zwei Entflechtungstatbestände vorgesehen. Zum einen eine Entflechtung soll unabhängig von kartellrechtlichen Verstößen möglich sein und schon dann greifen, wenn Unternehmen auf einem Markt mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung marktbeherrschend sind und auf absehbare Zeit das Fortbestehen dieser Marktbeherrschung trotz der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeit für Wettbewerb, zu erwarten ist.

Netzinfrastrukturen, die der sektorspezifischen Regulierung unterliegen, sind ausdrücklich von dieser Entflechtungsbefugnis ausgenommen. Das betrifft die Netze, die dem Telekommunikationsgesetz, Postgesetz, Energiewirtschaftsgesetz und dem Allgemeinen EisenbahnG unterliegen und für die die Bundesnetzagentur zuständig ist.

Daneben wird klargestellt, dass auch bei Zuwiderhandlung gegen GWB-Vorschriften oder das Kartell- und Missbrauchsverbot im europäischen Wettbewerbsrecht die Aufgabe von Abhilfemaßnahmen struktureller Art möglich ist. Darüber hinaus soll das Bundeskartellamt das Recht erhalten, zu wettbewerblichen Folgen von Gesetz- und Verordnungsentwürfen bereits im Gesetzgebungsverfahren selbst Stellung zu nehmen.

Empfehlungen der Monopolkommission:

Abweichendes Minderheitsvotum von Peter-Michael Preusker:

Herrr Preusker erklärt sich nicht damit einverstanden, dass künftig eine Entflechtung ohne vorherigen Kartellrechtsverstoß möglich sein soll. Marktbeherrschung als Ergebnis internen Wachstums sollte nicht wie Marktbeherrschung durch externes Wachstum behandelt werden. Dass die negativen Vorfeldwirkungen durch eine weiter gefasste Entschädigungsregelung kompensiert werden könnten, nimmt Herrr Preusker nicht an. Er sieht insbesondere den Wirtschaftsstandort Deutschland durch solch eine „objektive“ Entflechtungsregelung gefährdet. Da es bislang keinen näher umrissenen Anwendungsfall gebe, sei das Drohpotential der Regelung gar überflüssig und kontraproduktiv.