10.02.2010

KOM legt externe Studie zur Quantifizierung von Schadenersatz vor

Am 19. Januar 2010 veröffentlichte die EU-Kommission eine Auftragsstudie zur Quantifizierung von Schäden aufgrund von Wettbewerbsverstößen („Quantifying antitrust damages"). Verfasser der Studie ist das unabhängige Wirtschaftsberatungsunternehmen Oxera sowie ein Team international tätiger Anwälte. Erklärtes Ziel der Studie ist es, nationalen Gerichten sowie Parteien, die Schäden, die durch Wettbewerbsverstöße im Bereich des Kartellrechts und bei Missbrauch von Marktmacht entstanden sind, ihre aufgrund von Kartellverstößen verursachten Schäden gerichtlich geltend machen wollen, Hilfestellungen bei der Feststellung des Schadens und der Schadensberechnung zu geben. Die Initiative bettet sich ein in das Bestreben der EU-Kommission, die Durchsetzung von Schadenersatzforderungen von Kartellgeschädigten weiter voranzutreiben. Bereits in ihrem Weißbuch vom April 2008 zu Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts hatte die EU-Kommission angekündigt, die Schadensberechung in Kartellfällen erleichtern zu wollen. Hierbei bleibt sicher abzuwarten, ob die Unwägbarkeiten, die mit der Ermittlung einer akkuraten Schadensumme im europäischen Rechtsraum bislang verbunden waren, mit Hilfe der hier vorgestellten und teilweise dem u.s.-amerikanischen Rechtsraum entlehnten Methoden, auf eine sicherere Grundlage gestellt werden können.

Wesentlicher Inhalt der Studie:

Die Studie gibt zunächst einen Überblick über die verschiedenen ökonomischen Methoden, Modelle und Techniken, die bei der Schadensberechnung verwendet werden können. Sie identifiziert dabei drei hauptsächlich in Frage kommende Methoden, die sowohl alternativ als auch kumulativ anwendbar sein sollen. Eine Empfehlung für einen bestimmten Ansatz spricht die Studie nicht aus, da es jeweils von den Details jedes Falles, dem Vorhandensein und der Qualität der Informationen und der anwendbaren rechtlichen Regeln abhänge, welcher Methode zu folgen wäre. Nach allen Methoden gelte es gemäß der Studie, den hypothetischen Zustand (counterfactual) zu ermitteln, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten bzw. das rechtswidrige Verhalten nicht vorgekommen wäre.

Die erste Methode beruht auf einem Vergleichsansatz („comparator-based approaches"):

Die zweite Methode basiert auf einer Finanzanalyse („financial-analysis-based approaches"):

Die dritte Methode folgt der Marktstruktur („market-structure-based approaches"):

Ausführungen zu Preiseffekten und anderen Effekten von Kartellen:

Die Studie wertet verschiedene empirische Studien zu Preiseffekten bei Kartellen aus und kommt zu dem Ergebnis, dass in den meisten Fällen Kartelle zu Preiserhöhungen geführt hätten. Weil die Fälle jedoch sämtlich unterschiedlich gelagert seien, bedürfe es im konkreten Fall stets einer Einzelfallanalyse. Die Studie untersucht ebenfalls den Zusammenhang zwischen Kosten und Preiseffekten sowie die Quoten, zu der Preiserhöhungen an nachgelagerte Marktstufen weitergegeben werden („passing-on"). Im Hinblick auf die Höhe, in der ein Schaden weitergegeben werde („passing-on"), müsse - so die Studie - stets die gesamte Markt- und Wettbewerbssituation in Augenschein genommen werden. Empirische Durchschnittswerte könnten allenfalls ein erster Anhaltspunkt sein. Es scheint allerdings möglich, auf der Grundlage von aktuellen Preisen und Kosten der verschiedenen Ebenen einer Lieferkette tatsächlich eine bestimmte Quote des Schadens zu simulieren, der weitergereicht worden sei.

Die Studie stellt ebenfalls fest, dass Wettbewerbsverstöße, die zu höheren Preisen führen, normalerweise ebenfalls Größeneffekte zur Folge haben, die ebenfalls zu einer Schadensposition beitrügen.