11.05.2010

ICN empfiehlt Verfahren zur Verbesserung der Fusionsanalyse und nimmt Bericht zu einseitigen Verhaltensweisen an

Anlässlich seiner Jahreskonferenz in Istanbul vom 27. bis 29. April 2010 hat das International Competition Network (ICN) am 29. April 2010 zwei Papiere angenommen, wie einer Pressemeldung der Federal Trade Commission zu entnehmen war: Zum einen die Empfehlung eines Verfahrens zur Verbesserung der Fusionsanalyse (Proposed Recommended Practices for Merger Analysis) und zum anderen einen Bericht über einseitige Verhaltensweisen (unilateral conduct), insbesondere in Bezug auf die Geschäftsverweigerung und die Preis-Kosten-Schere (Report on the Analysis of Refusal to Deal with a Rival Under Unilateral Conduct Laws). Die Papiere sind in den entsprechenden Arbeitsgruppen des ICN erarbeitet worden und stellen eine Bestandsaufnahme der Arbeit der Arbeitsgruppen dar. Angesichts der unterschiedlichen Erfahrungen, Grundlagen und Traditionen der Kartellbehörden spiegeln die Ergebnisse der Papiere meist den kleinsten gemeinsamen Nenner wider. Das ICN hat derzeit 112 Mitglieder aus 99 Rechtsordnungen.

Das Papier über die Fusionskontrolle adressiert die Themen Marktdefinition und „Failing-Firm-Defence" (Sanierungsfusion). Wesentliche Ergebnisse sind dabei, dass die Kartellbehörden die Wirkungen einer Fusion auf den Wettbewerb auf ökonomisch bedeutsamen Märkten untersuchen sollten: Der hypothetische Monopolisten-Test sei ein angemessener Test, um die für die Fusionsanalyse relevanten Märkte zu bestimmen. Bei der Sanierungsfusion sollten die Kartellbehörden die Einlassung der zusammenschlusswilligen Parteien, dass eine Fusion den Wettbewerb nicht beeinträchtige, da das erworbene Unternehmen und seine Vermögensanteile ansonsten aus dem Markt ausgeschieden wäre, sehr sorgfältig prüfen

Der Bericht über die einseitigen Verhaltensweisen (unilateral conduct), an dessen Zustandekommen Teilnehmer aus über 43 Rechtsordnungen mitgewirkt haben, befasst sich mit der Geschäftsverweigerung (refusal to deal) und der Preis-Kosten-Schere. Ihm sollen zu einem späteren Zeitpunkt konkrete Empfehlungen von Verhaltensweisen folgen. Der Bericht zeigt auf, dass die meisten Kartellgesetze im Geltungsbereich der befragten Behörden zwar keine spezifische Definition der Geschäftsverweigerung bereit hielten, die Behörden jedoch eine ähnliche Definition in der Praxis zugrunde legen würden. Demnach sei eine Geschäftsverweigerung eine einseitige Weigerung eines marktbeherrschenden Unternehmens oder eines Unternehmens mit überragender Marktmacht, eine Geschäftsbeziehung mit einem Wettbewerber einzugehen; dies schließe die Weigerung ein, geistige Eigentumsrechte zu lizensieren oder Zugang zu einer wesentlichen Einrichtung (essential facility) zu gewähren. Die Weigerung könne auch andere subtilere Formen beinhalten, die den Wettbewerber abhielten, eine Geschäftsbeziehung mit dem Marktbeherrscher einzugehen. Die meisten an der Befragung teilnehmenden Wettbewerbsbehörden sahen auch in der Preis-Kosten-Schere eine potentielle Wettbewerbsverletzung, obwohl es wenig Übereinstimmung im Hinblick auf die Ausgestaltung dieses Konzepts zu geben scheint. Hingegen gab es mehr Einigkeit bei der Identifizierung der Grundzüge einer Zugangsverweigerung zu einer wesentlichen Einrichtung (essential facility). In den Rechtsordnungen, in denen dieses Konzept anerkannt ist, scheinen die Behörden, insbesondere hinsichtlich der Definition einer „wesentlichen Einrichtung", von den gleichen Voraussetzungen auszugehen.

Die Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen wurden ebenfalls in Istanbul präsentiert. Die Materialien lassen sich, sofern sie noch nicht auf der Homepage des ICN (www. Internationalcompetitionnetwork.org) eingestellt sind, unter folgendem link finden: https://www.icn-istanbul.org.