07.07.2010

EU verklagt Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung des ersten Eisenbahnpakets

Die EU-Kommission hat am 24. Juni 2010 verkündet, 13 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art. 258 AEUV (ex-Artikel 226 EGV) verklagen zu wollen, weil sie das erste Eisenbahnpaket zur Marktöffnung im Schienenverkehr nicht richtig umgesetzt hätten (geänderte Richtlinie 91/440/EWG und Richtlinie 2001/14/EG).

Ziel des Pakets ist die Schaffung einer Grundlage für Marktöffnung und Wettbewerb im Bereich der Schienenverkehrsdienste. Mit den Bestimmungen des Pakets sollte in erster Linie die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers von den Eisenbahnunternehmen gewährleistet werden und für eine diskriminierungsfreie Erhebung von Wegeentgelten gesorgt werden. Außerdem sollte eine Regulierungsstelle eingerichtet werden, die Wettbewerbshindernisse beim Zugang zur Schieneninfrastruktur ausräumt. Die Mitgliedstaaten mussten diese Richtlinien bis zum 15. März 2003 umsetzen.  

Nach einer Untersuchung der Situation im Hinblick auf die Umsetzung des Pakets in den einzelnen Mitgliedstaaten hatte die EU-Kommission im Juni 2008 Vertragsverletzungsverfahren gegen 24 Mitgliedstaaten eingeleitet. Daraufhin haben einige Mitgliedstaaten ihre nationale Gesetzgebung den Vorgaben des Eisenbahnpakets angepasst. Im Oktober 2009 versandte die EU-Kommission mit Gründen versehene Stellungnahmen an 21 Mitgliedstaaten, deren Gesetzgebung noch nicht den Vorgaben entsprach. Neben den Mitgliedstaaten, die nun verklagt werden sollen, läuft derzeit noch eine Prüfung gegen die übrigen Mitgliedstaaten, denen ebenfalls mit Gründen versehene Stellungnahmen zugestellt wurden. Bei den 12 übrigen Mitgliedstaaten, gegen die Klage erhoben werden soll, handelt es sich um Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn.

An Deutschland bemängelt die EU-Kommission insbesondere, dass es dort noch keinen unabhängigen Gleisbetreiber gebe. Es fehlten zudem ausreichenden Anreize, die Kosten für die Gleisnutzung zu senken und den Zugang für alternative Anbieter zu erleichtern.

Der EuGH könnte in letzter Konsequenz Pauschalbeträge oder Zwangsgelder verhängen, wenn der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil des EuGH, das dem Mitgliedstaat eine Beseitigungspflicht auferlegt, nicht Folge leisten sollte. Zunächst müsste jedoch die Vertragsverletzung vom EuGH festgestellt werden.