12.04.2010

EU-Kommission erlässt Gruppenfreistellungsverordnung im Versicherungssektor

Am 24. März 2010 erließ die EU-Kommission die Neufassung der Verordnung der Kommission über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und abgestimmten Verhaltensweisen im Versicherungssektor (Versicherungs-GVO). Sie ist seit dem 1. April 2010 in Kraft und gilt bis zum 31. März 2017. Die GVO wird von einer Mitteilung begleitet, die nähere Erläuterungen enthält.

Wesentlicher Inhalt der GVO:

Von den früheren vier freigestellten Gruppen nur noch folgende zwei Gruppen freigestellt:

1) Gemeinsame Erhebungen, Tabellen und Studien

Die EU-Kommission hält eine Zusammenarbeit der Versicherungswirtschaft in diesem Bereich für notwendig, damit die Kosten von Risiken besser kalkuliert werden können.

2) Gemeinsame Deckung bestimmter Arten von Risiken (Versicherungspools)

Auch in diesem Bereich hält die EU-Kommission eine Zusammenarbeit für sinnvoll, da bestimmte Risikoarten (z.B. Nuklear-, Terror- und Umweltrisiken) nur ungern oder gar nicht von den einzelnen Versicherungsgesellschaften versichert werden. Vielfach dürften die einzelnen Versicherungen dazu allein nicht in der Lage sein. Die Risikoteilung sei hier von entscheidender Bedeutung, um die Deckung aller derartigen Risiken sicherzustellen.

Die Kommission weist zudem in ihrer Mitteilung ausdrücklich darauf hin, dass Ad-hoc-Mit-(Rück-)Versicherungen auch künftig nicht unter die GVO fallen. Sie stellt dabei fest, dass die Praxis der Anpassung der Prämien (zwischen Mit-(Rück-)Versicherern im Wege von Ad-hoc-Mit-(Rück-)Versicherungsvereinbarungen) unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen könne, wobei sie aber auch auf der Grundlage von Artikel 101 Absatz 3 AEUV freigestellt sein könne.  Das Risiko bei der Einschätzung der kartellrechtlichen Zulässigkeit von Ad-Hoc-Mit-(Rück-)Versicherungsvereinbarungen obliegt damit den einzelnen beteiligten Versicherungsunternehmen.

Nicht mehr automatisch freigestellt ist die Zusammenarbeit für das Erstellen von verbindlichen Musterversicherungsbedingungen sowie bei technischen Sicherheitsvorkehrungen. Diese Vereinbarungen stellen aus Sicht der EU- Kommission keine Besonderheiten des Versicherungssektors dar, so dass kein besonderer Schutz einer GVO angezeigt sei. Die EU-Kommission beabsichtigt jedoch, diese beiden Arten von Vereinbarungen in den EU-Leitlinien für horizontale Kooperationsvereinbarungen zu behandeln, die zur Zeit überarbeitet werden.

Änderungen zur alten GVO von 2003:

Gemeinsame Erhebungen, Tabellen und Studien

Gemeinsame Deckung bestimmter Arten von Risiken (Versicherungsgemeinschaften)

Ergänzung und Erweiterung des Begriffs „neuartige Risiken": Danach soll ein neuartiges Risiko auch vorliegen, wenn sich ein Risiko einer objektiven Analyse zufolge so wesentlich verändert hat, dass nicht vorhersehbar ist, welche Zeichnungskapazität zur Risikodeckung erforderlich ist.