13.01.2010

Bundeskartellamt veröffentlicht Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Gastransport

Am 17. 12. 2009 veröffentlichte das Bundeskartellamt (BKartA) die von der 10. Beschlussabteilung vorgenommene Sektoruntersuchung über Kapazitätssituation in den deutschen Gasfernleitungsnetzen. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Februar bis Dezember 2009. Dabei befragte das Amt über 50 Unternehmen und analysierte mehrere tausend Kapazitäts- und Lieferverträge.

Anlass der Untersuchung waren Hinweise auf Wettbewerbsbeschränkungen auf den deutschen Märkten für den Transport und den Vertrieb von Erdgas. An vielen Grenz- und Marktgebietsübergangspunkten sei der Großteil der technisch verfügbaren Ein- und Ausspeisekapazität vertraglich langfristig ausgebucht. Gasfernleitungsnetze dienen dem Erdgastransport über weite Entfernungen und sind deshalb von grundlegender Bedeutung für den Gasimport und die Weiterverteilung innerhalb Deutschlands.

Die wichtigsten Befunde des Abschlussberichts sind Folgende: 

Viele Ein- und Ausspeisekapazitäten seien an vielen Grenz- und Marktgebietsübergangspunkten vertraglich langfristig (für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren) ausgebucht. Drei Viertel dieser Langfristbuchungen seien von Unternehmen vorgenommen worden, die mit dem jeweiligen Netzbetreiber konzernverbunden sind.

Diese Langfristbuchungen führten auf den relevanten Märkten für die Ein- und Ausspeisungvon Erdgas in Fernleitungsnetze selbst, vor allem aber auf den nachgelagertenMärkten für den Erdgasvertrieb zu einer Marktabschottung. Mitunter würden, vor allem im Fall von so genannten Vorratsbuchungen, Wettbewerbsbeschränkungen direkt bezweckt. Diese befänden sich jedoch unterhalb der Eingreifschwelle der Kartellbehörden. Zu diesen Praktiken kämen des Öfteren noch marktbeherrschende Stellungen der Vertriebsunternehmen hinzu, die anscheinend im Wege der Langfristverträge diese Stellung noch weiter ausbauen wollten. Problematisch sei, dass Kapazitätsanfragen insbesondere neuer Anbieter regelmäßig nicht bedient werden könnten.

Das BKartA konstatiert dringenden Handlungsbedarf; einerseits seien die langfristig gebuchten Kapazitäten zu reduzieren, andererseits müsse bei einer Novellierung der Verordnung über den Zugang zu Gasversorgungsnetzen eine entsprechende Regulierung getroffen werden, um die Praktiken einzudämmen.

Weitere Untersuchungen bezogen sich auf die Auswirkungen der untersuchten Gasbezugs- und Gaslieferverträge auf der Ebene der Belieferung von regionalen Gasversorgern und Versorgern vor Ort; hierfür würden weitere Ermittlungen benötigt, die demnächst durchgeführt würden.

Ferner habe die Analyse der einzelnen Verträge ergeben, dass eine Vielzahl von Gaslieferverträgen Weiterverkaufsverbote in Kombination mit „Take-or-Pay-Klauseln" enthielte. Das sind Klauseln, die die Gasmenge festlegen, die der Kunde im Rahmen seiner Jahresabnahmepflicht in jedem Fall zu bezahlen hat. Solche Klauseln stuft das BKartA vor allem dann als kritisch ein, wenn sich gleichzeitig Weiterverkaufsverbote auch auf die Jahresabnahmepflicht erstreckten. Das BKartA hat hier erste Verfahren eingeleitet und erwägt, seine Erfahrungen auf den Stromsektor auszuweiten.