05.10.2010

Almunia (EU-Kommission): “The past and future of merger control in the EU” (Rede)

Der Vizepräsident der EU-Kommission und amtierende Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sprach am 28. September 2010 auf der Clobal Competition Review's Conference in Brüssel zum Thema „Vergangenheit und Zukunft der Fusionskontrolle in der EU" ("The past and future of merger control in the EU")

Almunia erinnerte in seiner Rede an das Entstehen und die Anfänge der europäischen  Fusionskontrolle. Die europäische Fusionskontrolle sei als Erfolg zu werten und habe Pate für viele nationale Modelle einer Fusionskontrolle gestanden. Einzig Luxemburg verfüge nicht über eigene nationale Regelungen.

Unter der europäischen Fusionskontrollverordnung seien bereits über 4500 Fälle untersucht worden. Die drei wesentlichen Prinzipien der Fusionskontrolle seien erstens, dass Untersuchungen effizient, konsistent, transparent und in Übereinstimmung mit einem „fairen Verfahren „(due process) sein müssten, zweitens, dass Abhilfemaßnahmen Wettbewerbsprobleme effektiv lösen müssten und drittens, dass sich Vollzugsmaßnahmen (enforcement action) auf ökonomische Theorien und auf Beweise stützen könnten.

Zur Bedeutung ökonomischer Analyse führte Almunia weiter aus, dass ökonomische Betrachtungen seit der Einstellung eines Chefökonomen im Jahr 2003 einen integralen Bestandteil bei den Entscheidungen der GD Wettbewerb darstelle. Auch betrage das Verhältnis von Juristen zu Ökonomen inzwischen 1 zu 2 (im Vergleich zu 1 zu 7 Anfang der 90er Jahre). Der ökonomischen Analyse komme insbesondere die Aufgabe zu, das Verhältnis zwischen den negativen Auswirkungen eines Zusammenschlusses und seinen Effizienzen genau auszutarieren.   

Weiteren statistischen Angaben zur Fusionskontrolle zufolge würden 94 Prozent der Fälle ohne Bedingungen zugelassen, und viele der verbleibenden 6 Prozent würden im nachhinein gestattet werden, nachdem die Unternehmen den Bedenken der Kommission Rechnung getragen hätten. Am Beispiel der Fusion Ryanair/Lingus erläuterte Almunia exemplarisch einige Gründe für eine Verbotsentscheidung, die auch vor den Gerichten Bestand hatte.

Almunia gab weiter an, dass die Kommission im Laufe der Zeit eine Präferenz für strukturelle Abhilfemaßnahmen („Unternehmensentflechtungen") im Vergleich zu Verhaltensmaßnahmen entwickelt hätte. Verhaltensmaßnahmen seien in der Kontrolle schwieriger nachzuverfolgen. Positiv sei auch, dass mittlerweile viele Unternehmen ihre Fusionsvorhaben bereits im Vorfeld einer eigenen Einschätzung unterwürfen und ihre Vorhaben entlang der Anforderungen der Kommission „maßschneidern" würden. Diese Entwicklung sei auf die vielfältigen detaillierten Regelwerke der Kommission zurückzuführen.

Zum Verhältnis von Fusionskontrolle und der Entwicklung „europäischer Champions" stellte Almunia klar, dass er keinesfalls gegen den Zusammenschluss von Unternehmen zu „europäischen Champions" sei, solange der Zusammenschluss keine Wettbewerbsprobleme bereite. Auf den Punkt gebracht sagte er, dass Fusionskontrolle bedeute, dass Unternehmen nicht einfach den Wettbewerbs ausschalten dürften, indem sie ihre Wettbewerber kauften" („In a nutshell, merger control means that companies cannot simply avoid competition by buying their competitors.") Ein solches Verhalten würde Unternehmen auch nicht in dem Maße erstarken lassen, um auf internationale Ebene zu bestehen. Außerdem würde die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Standorts darunter leiden, wenn ein Zusammenschluss  (mangels Wettbewerbs) zu höheren Preisen auf dem europäischen Markt führen würde. es gebe allerdings auch viele Beispiele von (unproblematischen)  Zusammenschlüssen von Unternehmen zu „europäischen Champions", denen die Kommission stattgegeben habe.