10.05.2010

Almunia (EU-Kommission): “Postal services: state aid aspects” (Rede)

Der Vizepräsident der EU-Kommission und amtierende Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sprach am 29. April 2010 anlässlich einer mehrtägigen Konferenz über Postdienstleistungen (Second High-Level Conference on Postal Services) in Valencia über Beihilfenaspekte bei den Postdienstleistungen. Die Rede ist von besonderem Interesse, da sie Almunias Verständnis der Leistungen der Daseinsvorsorge, genauer der „Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse" zeigt.

Almunia betonte, dass er sich als Wettbewerbskommissar dafür einsetzen werde, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge („public services"), einschließlich der Postdienstleistungen, für alle erschwinglich wären, zu den besten Konditionen angeboten würden und von höchster Qualität wären. Diese Leistungen müssten auch neuen Anbieter zur Verfügung stehen und einen Motor für Innovation und Effizienz darstellen, ohne dass das Prinzip der Fairness außer Acht gelassen würde. Bei der staatlichen Förderung von Leistungen der Daseinsvorsorge spielten insbesondere die EU-Beihilferegelungen eine große Rolle, die für gleiche Voraussetzungen im Binnenmarkt Sorge tragen würden.

Leistungen der Daseinsvorsorge („public services") sind nach Almunias Lesart Leistungen, die der Staat seinen Bürgern anbieten will und die in der Regel allen zugänglich sind. Die Inhalte der Leistungen variierten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat und hingen von nationalen Tradition und Erwartungen ab. Es gebe keine Definition oder Liste auf EU-Ebene dieser Leistungen. Einige dieser Leistungen, z.B. Postdienstleistungen und Telekommunikationsleistungen, seien bereits harmonisiert. Der Vertrag von Lissabon habe nun mit Art. 14 VAEU eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, um weitere "wirtschaftliche Dienstleistungen" weiter harmonisieren zu können. Jede Tätigkeit, die Güter und Dienstleistungen offeriere, sei im Übrigen „wirtschaftlich".

Almunia führte weiter aus, dass nicht alle öffentlichen Dienstleistungen unter die Wettbewerbsregeln fielen, sondern nur die „Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse". Auf nicht-wirtschaftliche Leistungen bräuchte das Wettbewerbsrecht keine Anwendung zu finden, da es für diese Leistungen keinen Markt und keinen (aktuellen oder potentiellen) Wettbewerber gebe, der durch eine staatliche Beihilfe Schaden erleiden könnte.

Almunia legte zudem dar, dass nicht jede staatliche Förderung eine staatliche Beihilfe im Sinne des VAEU sei. Die Altmark-Kriterien, die Almunia noch einmal im Einzelnen aufführte, zeigten auf, wann eine staatliche Förderung keine Beihilfe sei. Das Monti-Kroes-Paket aus dem Jahr 2005 habe schließlich viele öffentliche Ausgleichszahlungen der Notifizierungspflicht enthoben. Eine Überkompensation dürfe gleichwohl nicht stattfinden. Es dürften nur die tatsächlich angefallenen und notwendigen Kosten nebst einem angemessenen Gewinn erstattet werden. Es ergäben sich zudem erhöhte Transparenzpflichten für das staatlich finanzierte Unternehmen. Solange der Mitgliedstaat bei der Umsetzung keinen offensichtlichen Bewertungsfehler mache und EU-Recht nicht verletze, habe dieser einen weiten Ermessensspielraum, Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse zu „identifizieren" und zu entscheiden, wie er diese organisiere und finanziere.

Die Kommission plane zudem - Almunia- , eine Evaluierung des Monti-Kroes-Pakets durchzuführen; dazu werde demnächst eine Konsultation durchgeführt werden.