08.11.2010

39. Brüsseler Informationstagung – ein Kurzbericht

FIW
Brüsseler Informationstagung

Am 19./20. Oktober 2010 fand die diesjährige Brüsseler Informationstagung des FIW statt. Zu Ihrer Information haben wir Ihnen untenstehend die uns von den Referenten freundlicherweise zur Verfügung gestellten Handouts zum Download bereit gestellt.  

Henning Leupold, Case Handler bei der Generaldirektion Wettbewerb, stellte in seinem Vortrag zu „Neuen Regeln zur horizontalen Zusammenarbeit" die im Mai 2010 veröffentlichten Entwürfe der neuen F&E-GVO, der neuen Spezialisierungs-GVO sowie der überarbeiteten Horizontalleitlinien vor. Zu den Entwürfen habe die Kommission eine Konsultation eingeleitet und über 120 Stellungnahmen erhalten. Zurzeit arbeite die Kommission an der endgültigen Version der beiden Horizontal-GVOs und der Leitlinien. Bei der Darstellung der im Vergleich zu den bestehenden Regelungen zu erwartenden Änderungen konzentrierte sich Herr Dr. Leupold insbesondere auf das neu eingefügte Kapitel zum Informationsaustausch in den Horizontalleitlinien. Hier habe es bislang nur sektorspezifische Erläuterungen durch die Kommission sowie sehr wenige richterliche Entscheidungen auf europäischer Ebene gegeben, so dass die Rechtsunsicherheit für Unternehmer besonders hoch sei. (zum Handout)

Thomas Deisenhofer, Head of Unit bei der Generaldirektion Wettbewerb, sprach zu „Neueren Entwicklungen in der Fusionskontrolle". Nachdem es während der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich weniger Fusionsanmeldungen gegeben habe, nehme die Anzahl der Neuanmeldungen nun wieder zu. Krisentypische Fragestellungen hätten sich unter anderem um die schwierige Suche nach geeigneten Abhilfemaßnahmen sowie die Umsetzbarkeit der Abhilfemaßnahmen bewegt. Herr Deisenhofer stellte sehr anschaulich einige ausgewählte Fälle aus den Bereichen IT, Medien und Telekommunikation vor, namentlich die Entscheidungen bzw. laufenden Untersuchungen in den Fällen Oracle/Sun, Microsoft/Yahoo Search Business, T-Mobile/Orange sowie Pro7Sat.1/RTL/JV. (zum Handout)

Andreas Bardong, Leiter des Referats Deutsche und Europäische Fusionskontrolle des Bundeskartellamtes, befasste sich mit den aus seiner Sicht einerseits notwendigen, andererseits nicht gebotenen Anpassungen des GWB an das europäische Recht. Anlass zu diesen Überlegungen sind die Vorgaben im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP und die derzeit im BMWi konzipierte 8. GWB-Novelle. Bedarf sah Bardong u. a. dann, wenn die europäischen Regeln "strenger" als das deutsche Recht seien, schickte aber voraus, dass die Fallpraxis auf europäischer Ebene nicht immer und unmittelbar mit der nationalen Ebene zu vergleichen sei. Auf EU-Ebene handele es sich nämlich durchweg um "größere" Fälle, zudem gehe die EU-Kommission mit dem Instrument der Nebenbestimmungen öfter vor als das BKartA. Im Ergebnis ähnelten sich die Entscheidungen des BKartA und der KOM jedoch sehr wohl und insofern sei z. B. die Anwendung des SIEC-Tests im Ergebnis auch nicht als "schärfer" zu bewerten.  Die konkreten Empfehlungen von Herrn Bardong sind den angehängten Charts zu entnehmen. (zum Handout)

Hanns Peter Nehl, Rechtsreferent am Gericht der Europäischen Union (Kabinett von Kammerpräsident Azizi), gab einen Überblick über ergangene Leitentscheidungen, anhängige Verfahren und zukünftige Präzedenzfälle des Gerichtshofs der EU im Wettbewerbsrecht (seit In-Kraft-Treten des Lissabon-Vertrages "zwei Gerichte eines Gerichtshofs", Art. 263 AEUV). Herausgearbeitet wurde das "Einheitstätermodell", der weite "Unternehmensbegriff" (Art. 101 AEUV), die Zurechnung der rechtswidrigen Handlung sowie die rechtliche Qualität der Bußgeldleitlinien der Eu-Kommission 2006 als Leitlinien zur Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung, die allerdings das Gericht nicht binden, wenn die Buße aufgehoben, herabgesetzt oder erhöht wird. Die aktuelle Entscheidung des Gerichtshofs zum "legal privilege" (Akzo-Fall) sei im Ergebnis als verbindliche Handhabungsanweisung an die EU-Mitgliedstaaten zu verstehen. (zum Handout)