12.10.2009

Kroes (EU-Kommisson): Antitrust and State Aid Control – The Lessons Learned (Rede)

Wettbewerbskommissarin Kroes ging in ihrer Rede "Antitrust and State Aid Control - The Lessons Learned" anlässlich der 36. Fordham-Konferenz (Annual Conference on International Antitrust Law and Policy, Fordham University) am 24. September 2009 auf eine Reihe von aktuellen Wettbewerbsthemen ein. 

Bei der Entwicklung einer pro-aktiven Wettbewerbskultur, wofür die EU-Kommission einsteht, habe es sich - so Kroes - als positiv erwiesen, zu priorisieren, d. h. sich auf die aussichtsreichsten Fälle zu konzentrieren, bessere Beweise und Wissen über den Markt zu erlangen, Fälle mit Hilfe ökonomischer Analyse zu unterlegen und über den Sinn und Zweck der Kartellverfolgung öffentlichkeitswirksam zu berichten. Auch die Zusagenpraxis, vor allem im Energiebereich, trage gute Früchte im Hinblick auf eine Öffnung der europäischen Strom- und Gasmärkte.

Kroes hob auch die Bedeutung der Sektoruntersuchungen hervor und empfahl diese als nachahmenswertes Instrument. Daneben behauptete sie, dass die Mitteilung der EU-Kommission, die die Prioritäten der EU-Kommission bei der Anwendung von Art. 82 EG erläutert, von den meisten Akteuren begrüßt worden sei.

Zur Bußgeldpolitik:

Kroes hob die hohen Bußgelder als effizientes Abschreckungsinstrument hervor. Erst kürzlich hätten die Bußgelder ihr Abschreckungspotential tatsächlich erfüllt. Kritiker dieser Politik seien vor allem die Gesetzesbrecher und ihre Anwälte. Mit Blick auf die USA sagte Kroes, dass nur 13 von 180 in ihrer Amtszeit bebußten Unternehmen in den USA ansässig gewesen seien.

Zur Rechtsstaatlichkeit (due process):

Kroes wies darauf hin, dass neben den europäischen Gerichten vielfältige Kontrollmechanismen installiert seien. Interne Kontrollen bestünden aus einer regelmäßigen Überprüfung der Legitimität, einen Fall zu verfolgen, aus Beratungen mit anderen Kommissionsbereichen, "peer review" und unabhängigen Anhörungsbeauftragten, die ein faires Verfahren sicherstellten. Darüber hinaus könnten 27 nationale Wettbewerbsbehörden und 26 andere Kommissare intervenieren. Solch ein administratives System verstoße auch nicht gegen die Europäische Menschenrechskonvention, wie der Menschengerichtshof festgestellt habe. Auch der Europäische Gerichtshof könne die Entscheidungen der EU-Kommission unbegrenzt nachprüfen. 

Dass die Bußgelder ihrer Höhe nach zugenommen hätten, ändere - so Frau Kroes -  nichts an der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens. Im Gegenteil, die Kartellverfolgungsbehörden hätten eine besondere Verantwortung, ein faires und transparentes Verfahren zu gewährleisten, der sie auch nachkämen.

Beihilfenkontrolle

Weitere Ausführungen in Kroes Rede sind der Notwendigkeit einer stringenten Beihilfenkontrolle geschuldet. Das Beihilfensystem habe sich auch in der Finanzkrise als gut bewährt und habe gegenüber den Bankenretttungsmaßnamen in den USA den Vorteil, dass über die staatlichen Hilfen eine Aufsicht bestehe, die auch protektionistische Maßnahmen eindämmt. Frau Kroes äußerte aber auch ihre Sorge, dass die von der EU-Kommission ergriffenen vorübergehenden Maßnahmen im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise von dauerhafter Natur sein könnten; dies gelte es in jedem Fall zu vermeiden.

Die Kommissarin gab zudem ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die GD Wettbewerb gerade im Zusammenhang mit der Bankenkrise ihren Einfluss nur deshalb in dem Maße habe ausüben können, da sie ein Teil der EU-Kommission und nicht eine von ihr losgelöste Einheit sei. Damit antwortete sie indirekt den Kritikern, die eine unabhängige Kartellbehörde auf EU-Ebene fordern. Ein anderes erfolgversprechendes Konzept sei es, prinzipientreu aber anpassungsfähig beim Verfahren gewesen zu sein ( "firm on principle, flexible on procedure" ). Insgesamt habe sich der Ansatz der EU-Kommission in der Krise bewährt, auch wenn diese noch lange nicht vorüber sein dürfte.