15.06.2009

Konsultation zum Online-Musikvertrieb: KOM legt Bericht über Schlussfolgerungen des Round-Table-Gesprächs zum Internethandel vor

Am 29. Mai 2009 legte die EU-Kommission einen Bericht über die Schlussfolgerungen eines Round-Table-Gesprächs vom 17. September 2008 sowie eines Folgetreffens am 16. Dezember 2008 zum Internethandel unter Einbeziehung des Online-Musikgeschäfts vor. Die Gesprächsrunde vom September war einberufen worden, um die Aussichten und Schranken, die mit dem erhöhten Aufkommen des Internethandels einhergehen, auszuloten. Erklärtes Ziel der EU-Kommission ist, dass die Verbraucher die Vorteile und Möglichkeiten des Onlinehandels besser nutzen können.

Der Bericht ist bis zum 30. Juni 2009 in den Abschnitten III.1. und IV.A zum Online-Musikvertrieb zur Konsultation freigegeben worden. Der Vertrieb anderer Waren und Produkte ist Gegenstand der späteren Konsultation anlässlich der Überarbeitung der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung. Der Entwurf der neuen Rechtsvorschriften für vertikale Vereinbarungen wird im Laufe dieses Sommers veröffentlicht werden und Gegenstand einer öffentlichen Konsultation sein. Der Internetvertrieb wird dabei besonders untersucht werden.

An der Gesprächsrunde hatten neben der Wettbewerbskommissarin folgende Verbraucher-, Industrievertreter und Persönlichkeiten teilgenommen: EMI, Fiat, eBay, Apple/iTunes, Alcatel-Lucent, LVMH, Which?, SACEM sowie Sir Mick Jagger).

Inhalt des Berichts:

Im Bereich Online-Musikvertrieb herrschte bei den Teilnehmern Einigkeit, dass es für europaweite Dienstleistungen gesamteuropäische Lösungen geben müsse. Durch europaweite Lizenzen für den Online-Musikhandel müssten neue Möglichkeiten eröffnet werden, die bislang aufgrund der generell national ausgelegten Rechte und der in der Regel territorial beschränkten Lizenzen noch nicht genutzt werden können. Die Teilnehmer bekundeten generell die Bereitschaft, neue Modalitäten der Lizenzvergabe zu erwägen, die sich besser für den Internethandel eigneten, machten aber auch auf die Schwierigkeiten und Hürden aufmerksam, die dem (noch) entgegenstünden.

Zum generellen Online-Vertrieb wurden während des Runden Tisches unterschiedliche Ansichten vorgebracht. In dem Bericht wird konstatiert, dass die gegenwärtige Ausgestaltung der Vertikal-GVO bereits den Internetvertrieb begünstige; Beschränkungen in Vertriebsverträgen im Hinblick auf Gebiete oder Kunden bei Wiederverkäufen seien wettbewerbsrechlich nicht zulässig. Schon jetzt dürfe ein Händler im Internet Werbung schalten oder seine Produkte verkaufen. Allerdings gibt es in der Vertikal-GVO für den exklusiven und selektiven Vertrieb Ausnahmen, sofern der Marktanteil des Herstellers unter 30 Prozent liegt, wonach unter bestimmten Voraussetzungen "aktive Verkäufe" durch das Internet oder reine Internetshops unterbunden werden können. Auch Qualitätsanforderungen für den Internetauftritt können beim selektiven Vertrieb gestellt werden.

Die Teilnehmer der Gesprächsrunde bestätigten die erhebliche Bedeutung des Internets für den Absatz von Produkten; dies gelte auch für Luxusartikel. In der Automobilindustrie würden die Verbraucher jedoch dem Kauf eines Autos in einem Handelsoutlet dem Kauf übers Internet vorziehen. Internetaktionshaus ebay betonte, dass Käufe übers Internet dem Verbraucher erhebliche Preisvorteile bei gleichzeitiger größerer Auswahl an Produkten brächten (ca. 17 Prozent Ersparnis bei neuen Produkten); das Internet würde zudem grenzübergreifende Verkäufe begünstigen und den Binnenmarkt weiter voranbringen.

Allerdings seien die "passiven Verkäufe" nach Ansicht von Which? zu selten; auch seien selektive Vertriebsformen (und damit die Einschränkungen des Internetverkaufs) zu ausgeprägt (Which?, ebay). Hier stehen sich gegenläufige Ansichten gegenüber. Nach Ansicht der Luxusartikelhersteller rechtfertige das "Image der Marke" Beschränkungen des Internetauftritts und des Internetvertriebs.

Als weitere Schranken und Hindernisse des Internetvertriebs werden die Online-Piraterie und Produktfälschung sowie der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht (in Bezug auf außereuropäische Markenartikel) genannt. Weitere Hürden stellen - laut Bericht -  abweichende nationale Rechtsordnungen, Gebiets- und Sprachbarrieren dar. Diese erschweren es, über den Internethandel von den günstigsten Preisen zu profitieren.

Während sich ebay gemäß dem Bericht für eine Überarbeitung der Vertikal-GVO im Sinne eines größeren Freiraums für den Internethandel und einer Eindämmung der den Händlern seitens der Hersteller auferlegten Beschränkungen ausspricht, setzen sich die Hersteller und Markenvertreter (Fiat, Apple, LVMH) für eine Beibehaltung der exklusiven und selektiven Vertriebswege ein.