06.07.2009

ICN legt Papiere zur Fusionskontrolle und zu einseitigen Verhaltensweisen vor

Anlässlich der achten Konferenz des International Competition Network (ICN) in Zürich Anfang Juni hat das ICN verschiedene Papiere zur Fusionskontrolle und zu einseitigen Verhaltensweisen angenommen. Das ICN hat derzeit 107 Mitglieder aus 96 Ländern. Es bildet eine Plattform zum Austausch von Wettbewerbsbehörden über Wettbewerbsthemen und hat sich zum Ziel gesetzt, die Konvergenz im Wettbewerbsrecht zu fördern. Es handelt sich um folgende Papiere:

1)      Empfehlungen zur Analyse von Fusionen (Recommended Practices for substantive merger analysis) - Zusammenfassung der Ergebnisse

2)      Bericht über die Analyse von Treuerabatten im Bereich einseitiger Verhaltensweisen (Report on the Analysis of Loyalty Discounts and Rebates Under Unilateral Conduct Laws) - Zusammenfassung der Ergebnisse

In vielen Rechtsordnungen fehlt eine gesetzliche Definition von Treuerabatten. Die meisten an dem Bericht mitwirkenden Wettbewerbsbehörden sehen in Treuerabatten grundsätzlich eine Form des legitimen Preiswettbewerbs, der zu Effizienzvorteilen und niedrigeren Preisen für die Verbraucher führe. Es besteht allerdings Einigkeit, dass von Treuerabatten, die von marktbeherrschenden Unternehmen oder Unternehmen mit überragender Marktmacht angeboten würden, in bestimmten Umständen negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu befürchten seien. Zur Bewertung von Treuerabatten nutzen viele Wettbewerbsbehörden Preis-Kosten-Vergleiche, andere ziehen eine Analogie zu Kampfpreisen heran und beurteilen die marktabschottenden Effekte solcher Strategien. Die meisten Behörden bewerten die Zulässigkeit danach, ob die Treuerabatte negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben (keine per se-Unzulässigkeit). Viele Behörden sehen in Effizienzvorteilen einen möglichen (objektiven) Rechtfertigungsgrund für Treuerabatte, diese seien aber von den Unternehmen zu beweisen.

 

3)      Bericht über Kopplung und Bündelung (Report on Tying and Bundled Discounting) - Zusammenfassung der Ergebnisse

Unter "Tying" (Kopplung) versteht man allgemein den Vertrieb eines Produkts unter der Bedingung, dass der Käufer ein anderes Produkt miterwirbt oder dass jener zustimmt, dass gekoppelte Produkt nicht von einem anderen Verkäufer zu erwerben. Hierunter fällt auch der Vertrieb zweier getrennter Produkte (oder Dienstleistungen). Zur Bestimmung, ob es sich um separate Produkte handelt, wird oft auf die Nachfrageseite abgestellt (besteht eine genügend große Nachfrage für das gekoppelte Produkt?); in vielen Jurisdiktionen wird jedoch auch die Angebotsseite bei der Bewertung miteinbezogen.

 "Bundling" (Bündelung) wird durch die Gewährung von Preisvorteilen bei Abnahme von ansonsten auch separat angebotenen Produkten charakterisiert. Sowohl bei Kopplung als auch bei Bündelung bestehen aus Sicht der meisten Behörden, die an dem Bericht mitgewirkt haben, Wettbewerbsbedenken, sofern diese Verhaltensweisen zur Marktabschottung führen oder die marktbeherrschende Stellung weiter festigen. Bei der Bündelung werden vielfach Preis-Kosten-Vergleiche herangezogen, um einen Missbrauch zu belegen; dies ist aber nicht bei allen Behörden der Fall. Sowohl unzulässige Kopplung als auch Bündelung können durch objektive Gründe oder Effizienzvorteile gerechtfertigt sein. Die Beweislast hierfür liegt - wie bei den Treuerabatten - beim Unternehmen.