05.05.2009

Europäische Kommission verabschiedet Maßnahmenpaket zur Vereinfachung der Beihilfenkontrolle („Simplification Package“)

Die EU-Kommission legte am 29. April 2009 ein Maßnahmenpaket zur Vereinfachung der Beihilfenkontrolle („Simplification Package") vor. Diesem war im Zeitraum von Dezember 2008 bis Januar 2009 ein Konsultationsprozess vorgeschaltet. Das Paket umfasst einen Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren in Form einer Mitteilung und eine weitere Mitteilung über ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren und soll dazu beitragen, die Beihilfeverfahren auf allen Stufen effizienter, transparenter und berechenbarer zu gestalten.

Sowohl im Verhaltenskodex als auch in der Mitteilung über das vereinfachte Verfahren wird den Mitgliedstaaten empfohlen, im Vorfeld der Anmeldung von Beihilfemaßnahmen systematischer Kontakt mit der Kommission aufzunehmen (so genannte Vorabkontakte), damit mögliche Schwierigkeiten schon frühzeitig ausgeräumt werden können. Ferner wird eine verbesserte Planung sowohl für schwierige als auch für unkomplizierte Beihilfesachen vorgeschlagen.

I. Mitteilung über ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für die Würdigung bestimmter Kategorien staatlicher Beihilfen

Mit Hilfe des vereinfachten Verfahrens beabsichtigt die EU-Kommission die Beihilfemaßnahmen, bei denen von vornherein keine Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt bestehen, die aber dennoch nicht von der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung umfasst werden, einem beschleunigten Verfahren unterziehen. Diese Absicht hatte sie seinerzeit  bereits in ihrem State Aid Action Plan angekündigt. In der Mitteilung werden das Prüfungsverfahren, der Entscheidungsumfang und die Bekanntmachung der Entscheidung näher erläutert. Eine Vereinfachung liegt dabei im Verfahrensablauf selbst (kurze Fristen), in der Entscheidungslänge (Kurzentscheidung ist ausreichend) und in der Tatsache begründet, dass die EU-Kommission hierbei kein Ermessen ausübt.

Das vereinfachte Verfahren kommt allerdings nur bei drei bestimmten Kategorien staatlicher Beihilfen in Betracht,

1. Beihilfemaßnahmen, die nach bestehenden Gemeinschaftsrahmen oder Leitlinien bereits Gegenstand einer „Grundprüfung" sind und nicht unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung fallen.

Dies sind insbesondere: Risikokapitalbeihilfen, bestimmte Arten von Umweltschutz-Investitionsbeihilfen, Beihilfen für junge innovative Unternehmen nach dem FuEuI-Gemeinschaftsrahmen, Beihilfen für Innovationscluster, Beihilfen für Prozess- und Betriebsinnovation im Dienstleistungssektor, Ad-hoc-Regionalbeihilfen, Rettungsbeihilfen für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor (mit Ausnahme des Finanzsektors), Rettungs- und Umstrukturierungsregelungen für kleine Unternehmen, Ad-hoc-Umstrukturierungsbeihilfen für KMU, Ausfuhrkredite für den Schiffbausektor und Regelungen zur Unterstützung audiovisueller Werke.

2. Beihilfemaßnahmen, die der gefestigten Entscheidungspraxis der EU-Kommission entsprechen

Hierunter werden Beihilfen verstanden, deren Merkmale solchen Maßnahmen entsprechen, die in mindestens drei früheren Entscheidungen der EU-Kommission innerhalb der letzten zehn Jahre genehmigt wurden. Dies gilt insbesondere für Beihilfemaßnahmen zur Wahrung des nationalen kulturellen Erbes, Beihilferegelungen für Tätigkeiten in Verbindung mit Theater, Tanz und Musik, Beihilferegelungen zur Förderung von Minderheitensprachen, Beihilfemaßnahmen für das Verlagswesen, Beihilfemaßnahmen zur Förderung der Breitbandversorgung ländlicher Räume, Garantieregelungen für Schiffsfinanzierungen und Beihilfemaßnahmen, die aus bestimmten weiter ausgeführten Gründen nicht unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung fallen. Des weiteren für bestimmte Maßnahmen zur Förderung der lokalen Infrastruktur,

3. Verlängerung und/oder Änderung bestehender Regelungen, auf die das vereinfachte Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nicht angewendet werden kann .

Dies gilt zum Beispiel für eine Anpassung bestehender Regelungen an neue horizontale Leitlinien

 

Verfahrensschritte:

Die Prüfung einer Beihilfemaßnahme im vereinfachten Verfahren setzt voraus, dass der Mitgliedstaat Vorabkontakte mit der Kommission aufnimmt. Hierbei übermittelt der Mitgliedstaat der EU-Kommission spätestens 2 Wochen vor dem persönlichen oder telefonischen Vorabkontakt einen Anmeldungsentwurf zusammen mit sämtlichen nötigen Informationen sowie den Entwurf einer nichtvertraulichen Zusammenfassung der Anmeldung zur Veröffentlichung auf der Website der EU-Kommission. Wenn die Anmeldung als vollständig erachtet wird, beschließt die EU-Kommission über die Anwendung des vereinfachten Verfahrens. Innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Vorabkontakt setzt die EU-Kommission den Mitgliedstaat davon in Kenntnis, ob der Fall sich für das vereinfachte Verfahren eignet, welche Informationen noch benötigt werden, oder ob die Beihilfemaßnahme nach dem normalen Verfahren geprüft wird. Die Mitgliedstaaten müssen die betreffenden Beihilfemaßnahmen spätestens zwei Monate nach dem Vorabkontakt anmelden. Nach Eingang der Anmeldung veröffentlicht die Kommission eine Zusammenfassung auf ihrer Website. Alle Beteiligten haben innerhalb von 10 Arbeitstagen Gelegenheit, Stellung zu nehmen und sich insbesondere zu Umständen, die eine eingehendere Untersuchung erforderlich machen könnten, zu äußern. Werden begründete Bedenken geäußert, so greift die Kommission auf das normale Verfahren zurück.

Soweit alle Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren vorliegen, wird die EU-Kommission bei derartigen Beihilferegelungen innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Anmeldung der Maßnahme eine Kurzentscheidung erlassen, in der festgestellt wird, dass es sich nicht um eine Beihilfe handelt bzw. dass keine Einwände bestehen. Diese Entscheidung wird dann im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

 

II. Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren

Mit dem Verhaltenskodex möchte die EU-Kommission darauf hinwirken, dass Beihilfeverfahren so ausgestaltet werden, dass sie den Interessen aller betroffenen Akteure bestmöglich gerecht werden und sich die Prüfzeit insgesamt verkürzt. Hierfür kommt es insbesondere auf eine stärkere Kooperation mit den Mitgliedstaaten an. Die EU-Kommission wird sich allerdings auch darum bemühen, die Durchführung ihrer Untersuchungen und ihre internen Beschlussfassungsverfahren zu verbessern.

 

Verfahrenschritte:

Die EU-Kommission schlägt vor, den Mitgliedstaaten regelmäßige Voranmeldegespräche anzubieten, durch die die Beihilfemaßnahmen erörtert und die Qualität der Notifizierungen verbessert werden soll. Solche Vorabkontakte sollten im Allgemeinen nicht länger als 2 Monate dauern und die Übermittlung einer vollständigen Anmeldung zur Folge haben. Bei schwierigen Fällen ist vorgesehen, dass die EU-Kommission und der übermittelnde Mitgliedstaat am Ende der Voranmeldephase eine einvernehmliche Planung durchführen, d. h. eine Form der strukturierten Zusammenarbeit sicherstellen, in deren Rahmen sich der Mitgliedstaat und die EU-Kommission auf den voraussichtlichen Ablauf und die voraussichtliche Dauer des Prüfverfahrens verständigen.

Neu ist im Vergleich zum Vorentwurf, dass die anmeldenden Mitgliedstaaten Empfänger von Einzelbeihilfen in die Kontakte mit der EU-Kommission einbinden sollen, wenn es um die Unterrichtung über den Stand eines laufenden vorläufigen Prüfverfahrens geht. Neu ist auch, dass der Kreis der Beteiligten, die eine Kopie der Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erhalten, auf Handels- und Wirtschaftsverbände ausgedehnt worden ist.

Die EU-Kommission wird sich bemühen, eine abschließende Entscheidung möglichst innerhalb von 18 Monaten nach Einleitung des Prüfverfahrens zu erlassen, mithin 2 bis 4 Monate kürzer als bisher üblich. Diese Frist kann im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat verlängert werden. Im Interesse einer wirksamen Einhaltung dieser Fristvorgabe bemüht sich die EU-Kommission, die abschließende Entscheidung spätestens 4 Monate nach Übermittlung der letzten Informationen seitens des Mitgliedstaates bzw. nach ergebnislosem Ablauf der letzten Frist zu erlassen.

Auch Beschwerdeführer sollen künftig besser über den Stand ihrer Beschwerde informiert werden. Eine Beschwerde soll grundsätzlich innerhalb eines Zeitrahmens von 12 Monaten nach ihrem Eingang geprüft werden.