20.10.2008

USA: DoJ veröffentlicht Bericht „Competition and Monopoly: Single-Firm Conduct under Sec. 2

Am 8. September legte das amerikanische Justizministerium (Department of Justice – DoJ) einen Monopolisierungsbericht mit dem Titel „Wettbewerb und Monopole: Einseitiges Verhalten von Unternehmen nach Abschnitt 2 des Sherman Acts“ vor („Competition and Monopoly: Single-Firm Conduct under Sec. 2 of the Sherman Act”). Auf 213 Seiten untersucht das DoJ, ob und wann einseitige Verhaltensweisen von Unternehmen gegen Abschnitt 2 des Sherman Act verstoßen. Der Bericht stützt sich dabei auf verschiedene von der DoJ und der Federal Trade Commission (FTC) durchgeführte Anhörungen in einem Zeitraum von Juni 2006 bis Mai 2007 mit über 100 Beteiligten. Er nimmt dabei auch Bezug auf die Rechtsprechung des U.S. Supreme Courts und anderer Gerichte und ist an die interessierte Öffentlichkeit gerichtet. Das DoJ beabsichtigt, auf der Grundlage des Berichts die Zusammenarbeit mit anderen Rechtsordnungen zu verstärken und dabei für eine größere Kohärenz einzutreten.

Abschnitt 2 des Sherman Act verbietet es einem Unternehmen, auf unrechtmäßige Weise ein Monopol zu erwerben oder zu behalten, worunter auch das Vermögen zählt, Wettbewerber auszuschließen und über einen längeren Zeitraum gewinnbringend Monopolpreise zu fordern. Monopolmacht zu besitzen ist allerdings nur dann unrechtmäßig, wenn das Unternehmen seine erlangte Machtstellung unter Einsatz unangemessener und von der Rechtsordnung zu missbilligender Mittel verteidigt.

Der Bericht analysiert die wichtige Rolle, die Abschnitt 2 des Sherman Act heute bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts spielt. Er identifiziert dabei sowohl Bereiche, in denen Einvernehmen hinsichtlich einer Bewertung von einseitigen Verhaltensweisen vorherrscht als auch Bereiche, in denen Singularmeinungen überwiegen. Er geht insbesondere ein auf die Bereiche Monopolmacht („monoply power“), Verhaltensnormen („conduct standards“), Kampfpreise und Verdrängungswettbewerb bei Ausschreibungen („predatory pricing and bidding“), Kopplungen („Tying“), Treuerabatte bei einzelnen und gebündelten Produkten („bundled and single-product loyalty discounts), einseitige Lieferverweigerung gegenüber Wettbewerbern („unconditional refusals to deal with rivals“), Ausschließlichkeit von Geschäfts- oder Lieferbeziehungen („exclusive dealing“), Rechtsmittel („remedies“) und die internationlae Perspektive. In dem Zusammenhang versucht das DoJ ebenfalls, Standards für die Analyse von Abschnitt 2 des Sherman Act aufzustellen, die verständlich, effektiv und administrabel sind.

Der Bericht kommt zu einigen interessanten Beobachtungen und Schlussfolgerungen:

·    Die Durchsetzung von Abschnitt 2 des Sherman Acts war stets und bleibt ein bedeutender Schlüsselfaktor bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts.

·    Obwohl Marktanteile für sich genommen noch keine marktbeherrschende Stellung („monopoly power“) begründen können, sind sie gleichwohl ein wichtiger Faktor. Bei einem Marktanteil von zwei Dritteln über einen längeren Zeitraum, der auch in der Zukunft Beständigkeit verspricht, wird das DoJ normalerweise – ohne Beweis des Gegenteils – Marktbeherrschung annehmen.

·    Es gibt keinen allgemeinen einzigen Test um festzustellen, ob ein Verhalten wettbewerbsbeschränkend ist. Das DoJ spricht sich für die Entwicklung von weiteren verhaltensspezifischen Tests sowie “sicheren Häfen” (“safe harbours” ) aus.

·    Es sei wahrscheinlich, dass unklare oder allzu umfassende Verbote einseitiger Verhaltensweisen von Unternehmen das Wirtschaftswachstum hemmen und zum Schaden der Verbraucher seien. Im Gegensatz dazu seien Verbote, die sich auf klare und objektive Kriterien stützten und die sich auf spezifische wettbewerbsschädigende Verhaltensweisen bezögen, vielmehr geeignet, das Wirtschaftswachstum zu fördern und den Verbrauchern zu Gute zu kommen. Auf dieser Grundlage sei es auch für die Unternehmen leichter, im Einklang mit dem Gesetz zu sein und Wettbewerbsverstöße zu vermeiden. Auch Wettbewerbsbehörden könnten leichter Wettbewerbsverstöße identifizieren und beweisen, und es sei weniger wahrscheinlich, dass wettbewerbsfördernde Verhaltensweisen eingeschränkt würden.

·    Die beste Kostenmethode, um Kampfpreise zu ermitteln, müsse verlustbringende Verkäufe identifizieren können, die geeignet seien, einen gleichermaßen effizienten (“equally efficient”) Wettbewerber aus dem Markt zu drängen. In den meisten Fällen dürfte dies mit der Ermittlung der „vermeidbaren Durchschnittskosten“ („average avoidable cost“) gelingen.
 
·    Das Misstrauen gegenüber Kopplungen (“tying”) ist unbegründet. Eine per se Unzulässigkeit würde auch der gegenwärtigen Rechtsprechung des U.S. Supreme Court entgegenlaufen.
 
·    Bündelrabatte (“bundled discounting”), eine geläufige Praxis, die oft den Verbrauchern zu Gute kommt, kann den Wettbewerbsprozess gleichwohl empfindlich schädigen. Je nach Fallgestaltung könne man sich bei der Analyse an die für Kampfpreise oder für Kopplungen entwickelten Kriterien anlehnen.
 
·    Die einseitige Lieferverweigerung gegenüber Wettbewerbern sollte keine übergeordnete Rolle bei der Verfolgung von Verstößen gegen Abschnitt 2 des Sherman Act spielen, da eine erzwungene Belieferung den Wettbewerbsprozess auf lange Sicht schädigen könnte, und die Gerichte nicht die Rolle von Marktregulierern einnehmen sollten. 

·    Die Ausschließlichkeit von Geschäfts- oder Lieferbeziehungen, die weniger als 30 Prozent des bestehenden Kundenkreises oder der Belieferung betreffen, sollte nicht unzulässig sein.
 
·    Abhilfemaßnahmen, die einen Verstoß gegen Abschnitt 2 des Sherman Act ahnden, sollten die Bedingungen für einen unverzerrten Wettbewerb wiederherstellen, ohne ihn ihrerseits unnötig zu verzerren oder Investitions- und Innovationsanreize zu unterbinden.