13.11.2008

EP-Wirtschaftsausschuss veröffentlicht Berichtsentwurf zum Weißbuch zur Privaten Rechtsdurchsetzung

EU
Europäisches Parlament
Private Rechtsdurchsetzung
Schadenersatzklagen

Entwurf eines Initiativberichts über das Weißbuch der EU-Kommission zu Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) hat am 19. September 2008 den Entwurf eines Initiativberichts über das Weißbuch der EU-Kommission zu Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts vorgelegt. Berichterstatter ist der rechtspolitische Sprecher der EVP-EP Fraktion Klaus-Heiner Lehne. Der Bericht wird am 5. November 2008 dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung vorgestellt; am 21. Januar 2009 soll er von diesem Ausschuss verabschiedet und Ende Februar 2009 vom Plenum verabschiedet werden.

Während sich das Europäische Parlament zum vorangegangenen Grünbuch der EU-Kommission weitgehend positiv positionierte, fällt der erste Berichtsentwurf weitaus kritischer aus.

Inhalt des Berichtsentwurfs:

Berichterstatter Lehne stellt sich in seinem Berichtsentwurf nicht gegen das vorrangige Ziel des Weißbuchs, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Geschädigte zu verbessern, damit sie die ihnen durch Verstöße gegen die EG-Wettbewerbsvorschriften entstandenen Schäden wirksam geltend machen können. Er ist zwar der Auffassung, dass direkten und indirekten Abnehmern im Wege der isolierten Klage oder Folgeklage für die Geltendmachung ihrer Ansprüche eine Individual-, Verbands- oder Gruppenklage zur Verfügung stehen soll; amerikanischen Verhältnissen soll jedoch kein Vorschub geleistet werden. Der Kollektivkläger solle nicht besser gestellt werden als ein Individualkläger. An der Verbandsklage dürfe zudem nur ein klar identifizierter Personenkreis teilnehmen, und die Identifizierung müsse bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung erfolgt sein. Eine Ad-hoc-Ermächtigung komme auch nur vornehmlich für Verbände in Betracht, die die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen von Unternehmen betrieben.

Vorrangig solle ein horizontaler Ansatz gefunden werden. Damit wendet sich MdEP Lehne gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene sektorspezifische Vorgehensweise, d. h. gegen ein Sonderkartellrecht im Bereich des privaten Rechtsschutzes. Hintergrund dieser Erwägungen sind die parallelen Überlegungen der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz, Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung einzuführen. Die Initiativen der GD Wettbewerb und der GD Gesundheit und Verbraucherschutz seien daher – nach Ansicht Lehnes - miteinander zu verbinden und, wenn überhaupt, gemeinsame Vorschläge zu formulieren. Der Berichterstatter bezweifelt aber, dass der EG-Vertrag für die geplanten Eingriffe in das nationale Schadensersatz- und Prozessrecht eine Ermächtigungsgrundlage vorhalte.

Weiter dürfe nach Ansicht des Berichterstatters auf ein Verschuldenserfordernis nicht verzichtet werden. Beweiserleichterungen sollten dem nationalen Recht vorbehalten werden. MdEP Lehne wendet sich auch gegen eine Bindungswirkung von Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden, die außerhalb des eigenen Territoriums Wirkung entfaltet.

Der Einwand der Schadensabwälzung (Passing-On-Defence) soll zulässig sein; jedoch soll er von demjenigen zu beweisen ist, der ihn vorträgt. Einer Änderung der Kostentragungsregeln widerspricht MdEP Lehne entschieden.