14.05.2008

EP-Energieausschuss stimmt für Zwangsverkauf von Energieleitungsnetzen

Am 6. Mai 2008 hat der federführende Energie- und Industrieausschuss des Europäischen Parlaments (ITRE) den Bericht der Berichterstatterin Eluned Morgan/SPE zur Änderung der Binnenmarktrichtlinie Elektrizität mit großer Mehrheit angenommen. Er stimmte mit ebenso deutlicher Mehrheit für eine eigentumsrechtliche Entflechtung von vertikal integrierten Unternehmen („Ownership Unbundling“). Dieser Vorschlag entstammte dem dritten Liberalisierungspaket der EU-Kommission vom September 2007, bei dem einer der strittigsten Vorschläge die eigentumsrechtliche Entflechtung von Vertriebsnetz und Stromproduktion ist. Aus Sicht der EU-Kommission behindert die Tatsache, dass der Eigentümer des Stromnetzes in vielen Fällen auch einer der führenden Stromproduzenten ist und einen wichtigen Teil seiner Einnahmen aus der Stromerzeugung erzielt, aus Sicht der Kommission den Wettbewerb. Kommission Kroes sieht in der Entflechtung von Erzeugung und Netz das geeignete Mittel, für mehr Konkurrenz zu sorgen.

Acht Mitgliedstaaten, darunter Deutschland und Frankreich, traten zwischenzeitlich für einen „Dritten Weg“ ein, der Netzbetriebsgesellschaften als eigenständige Tochterunternehmen der Energiekonzerne und eine Stärkung der Regulierungsbehörden vorsieht. Der Ausschuss lehnte nun den so genannten „Dritten Weg“ mit knapper Mehrheit als Alternative ab. Für diesen Weg stimmten nur 22 Stimmberechtigte bei 26 Gegenstimmen und drei Enthaltungen.

Die von der Kommission vorgeschlagene Alternative eines „Independent System Operator“, dem als unabhängigen Betreiber die Energieversorgungsunternehmen die Kontrolle über ihre Verteilnetze übertragen werden könnten, wurde ebenfalls abgelehnt. Der Ausschuss sprach sich somit im Ergebnis für den Zwangsverkauf der Energieleitungsnetze aus; die übrigen Optionen würden – nach seiner Votierung - damit nicht Gegenstand der Stromrichtlinie sein.

Der Ausschuss lehnte allerdings eine Begrenzung des Marktanteils von Unternehmen ab, wie von der Berichterstatterin Morgan eingebracht (u.a. max. 20 % im relevanten Markt) und verwarf sämtliche Vorschläge der Kommission, mit Hilfe von Leitlinien u.a. Entflechtungsvorgaben für Verteilnetzbetreiber, die Kompetenzen der Regulatoren oder die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge im Detail zu regeln. Eine Finanzierung der Regulierungsbehörden solle auch durch die Energieversorgungsunternehmen erfolgen.

Der Beschluss des Energieausschusses ist zwar kein endgültiges Votum in der Sache, er gilt jedoch als richtungsweisend für die abschließende Entscheidung des Parlaments. Über die Änderung der Binnenmarktrichtlinie Gas wird im Ausschuss am 19. Mai 2008 abgestimmt werden. Die Abstimmung im Plenum beider Berichte ist für den 16.-19.Juni 2008 vorgesehen, also erst nach dem Energiegipfel des Energierates am 6. Juni 2008. Die EU-Kommission wird somit zum Gipfel noch keine formale gemeinsame Position mit dem Rat einnehmen, sondern allenfalls eine politische Verständigung formulieren können, die jedoch – nach der Entschließung des Plenums – rasch in eine gemeinsame Position einmünden könnte.