17.03.2008

BMWi-Referentenentwurf sieht weitere Freistellung kommunaler Kooperationen vom Vergaberecht vor

D
Bundeswirtschaftsministerium
Vergaberecht
GWB
Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand

Mit erheblicher Verspätung hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) am 3. März 2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts veröffentlicht.

Wie aus Wirtschaftskreisen befürchtet, zieht der Gesetzentwurf in § 99 Abs. 1 GWB-E eine weitreichende Freistellung kommunaler Kooperationen vom Vergaberecht in Betracht. Nach der Fassung des § 99 Abs. 1 GWB-E soll die Inhouse-Beauftragung der öffentlichen Hand, die außerhalb des Vergaberechts und damit ohne wettbewerbliches Element erfolgt, weiter ausgedehnt werden. Nach § 99 Abs. 1, Satz 2 GWB-E soll ein öffentlicher Auftrag dann nicht vorliegen,

„...wenn öffentliche Auftraggeber(…) Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen durch eine oder mehrere juristische Personen erbringen lassen, die selbst öffentliche Auftraggeber sind und an denen privates Kapital nicht beteiligt ist, sofern diese juristischen Personen die zu erbringende Leistung überhaupt nicht auf dem Markt anbieten oder im wesentlichen für öffentliche Auftraggeber tätig sind.“

Für die Annahme eines Inhouse-Geschäfts muss nach europäischer Rechtsprechung sowohl die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle seitens des Auftraggebers vorliegen (EuGH, Teckal) als auch der Auftragnehmer im Wesentlichen für den Auftraggeber tätig sein (EuGH, Stadt Halle). Auffallend ist, dass der Gesetzestext auf das Kontrollkriterium verzichtet und nur die Wesentlichkeitsrechtsprechung übernimmt. Sollte die Kontrolle im nationalen Vergaberecht keine Rolle mehr spielen, könnten interkommunale Kooperationen künftig in größerem Umfang als bisher, ohne dass eine Ausschreibung notwendig wäre, tätig werden.

Das BMWi vertritt laut Begründung zum Referentenentwurf (S. 13 f) die Auffassung, dass die oben angeführte Teckal-Rechtsprechung, insbesondere das Kontrollkriterium, nicht in den Gesetzentwurf hätte aufgenommen werden müssen, da die

„in der Rechtssache Teckal entwickelten Grenzen (…) dabei allein auf Fälle einer vertikalen Kooperation öffentlicher Stellen ab[stellen] und(…)nicht für Fälle einer horizontalen Kooperation[passen]."

Dabei konstatiert das BMWi, dass in den Fällen horizontaler Kooperationen, wie z.B. interkommunaler Kooperationen, es grundsätzlich nicht denkbar sei, dass eine Kommune eine andere "wie eine eigene Dienststelle" kontrolliere. Eine formale Anwendung dieser für Fälle vertikaler Kooperationen entwickelten Teckal-Kriterien würde damit die horizontale Kooperation staatlicher Stellen faktisch ausschließen und damit dem Vergaberecht eine Regelungswirkung beimessen, für die es nicht geschaffen wurde. Das Vergaberecht habe eine Marktöffnungs- aber keine Liberalisierungsfunktion.

Es bleibt nach der Gesetzesbegründung allerdings offen, ob diese von einer nationalen Stelle vorgenommene Interpretation der Teckal-Rechtsprechung tatsächlich europafest wäre, käme es zu einer Überprüfung des § 99 Abs. 1 GWB vor den europäischen Gerichten