10.12.2007

BKartA unterliegt bei Auslegung der Bagatellmarktklausel des § 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB vor dem BGH

Deutschland
Bundesgerichtshof
Bundeskartellamt
GWB

Mit Beschluss vom 25. September 2007 (KVR 19/07), dessen Begründung nun bekannt wurde, entschied der BGH per Eilverfahren gemäß § 65 Abs. 3 GWB im Fall Sulzer/Kelmix, dass für die Bagatellmarktklausel des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB - anders als bei der Marktabgrenzung im Rahmen des § 19 Abs. 2 GWB - lediglich auf die im Inland erzielten Umsätze abzustellen sei. Damit wies das Gericht die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. März 2007 zurück.


Das Bundeskartellamt hatte zuvor mit Beschluss vom 14. Februar 2007 den Zusammenschluss (Erwerb von Anteilen an der Mixpac-Gruppe durch die Sulzer AG) untersagt und dessen Auflösung angeordnet. Nach Ansicht des Bundeskartellamts unterlag der Anteilserwerb an Mixpac der Fusionskontrolle. Nach seiner Auffassung sei die Bagatellmarktklausel in diesem Fall nicht anwendbar. Die Bagatellmarktklausel nimmt Fusionen von der Wettbewerbskontrolle aus, wenn die Umsätze der Beteiligten auf dem Markt im vergangenen Kalenderjahr weniger als 15 Millionen Euro betrugen. Wie dieser Markt räumlich abzugrenzen ist, gibt diese Vorschrift jedoch nicht vor.

Nach Ansicht des Bundeskartellamts war nach der 7. GWB-Novelle für die Auslegung der Bagatellmarktklausel nun der Marktbegriff des § 19 Abs. 2 Satz 3 GWB heranzuziehen, der per Definition über den Geltungsbereich des GWB hinausgehen kann; damit seien europaweit oder gar weltweit erzielte Umsätze im Hinblick auf die Auslegung der Bagatellklausel zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu hat das Beschwerdegericht, das OLG Düsseldorf, bei der Anwendung der Bagatellmarktklausel jedoch allein auf die im Inland erzielten Umsätze abgestellt.

Der BGH stellte nun – vorläufig – klar, dass entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts der räumlich relevante Markt nicht im GWB einheitlich ökonomisch abzugrenzen sei, sondern dass für die Prüfung der bei der Bagatellmarktklausel maßgeblichen Schwelle - entsprechend der Praxis des Bundeskartellamts vor dem Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle - stets auf die im Inland erzielten Umsätze im Sinne einer normativen Marktabgrenzung abzustellen sei. Denn der Sinn und Zweck der Bagatellmarktklausel (nachzulesen in der Begründung des Regierungsentwurfs zur 2. GWB-Novelle) sei es gerade, Vorhaben, die einen gesamtwirtschaftlich unbedeutenden Markt beträfen, von der Fusionskontrolle auszunehmen.

Hieraus folgt, dass das Bundeskartellamt nun nicht mehr Zusammenschlüsse auf Märkten prüfen und untersagen kann, die einen im Inland lediglich unbedeutenden Markt (Bagatellmarkt) betreffen. Falls der ökonomische Marktbegriff künftig auch bei der Auslegung der Bagatellmarktklausel zur Anwendung gelangen sollte, bedarf es einer expliziten Gesetzesänderung.