09.02.2004
Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht Verfahrenshinweise (Best Practices) zur Fusionskontrolle
EU
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https://www.europa.eu.int/comm/competition |
Mit dem Text der neuen Fusionskontrollverordnung und den Leitlinien für die Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse hat die GD Wettbewerb Hinweise zur Durchführung von Fusionskontrollverfahren (Best Practices on the Conduct of EC Merger Control Proceedings) in englischer Fassung veröffentlicht (12 Seiten). Sie befassen sich mit dem Verfahren vor der Anmeldung einer Fusion, der Informationsgewinnung im Verfahren, der Kommunikation mit den Anmeldern, Betroffenen und Dritten, der Diskussion über Abhilfen, der Akteneinsicht und dem rechtlichen Gehör sowie anderen Verfahrensrechten.
Das Papier soll den interessierten Parteien Hinweise zum Prüfverfahren bei einer Fusion geben. Eine umfassende Darstellung des Verfahrens ist dabei nicht beabsichtigt, sondern die Hinweise ergänzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Fusionskontrolle. In geeigneten Fällen kann die GD Wettbewerb davon abweichen. Neue Erfahrungen sollen von Zeit zu Zeit in Anpassungen einfließen.
Verfahren vor Anmeldung (Pre-Notification)
- Kontakte der fusionierenden Unternehmen mit der GD Wettbewerb sind erwünscht: zur Diskussion von Zuständigkeiten und Rechtsfragen, zur Erörterung des Umfangs der benötigten Informationen und zur Identifizierung der wichtigsten Probleme und möglicher Wettbewerbsbedenken (5, 6).
- Strikte Vertraulichkeit wird zugesichert. Die Teilnahme von Unternehmensvertretern und Rechtsberatern ist nützlich, um alle Aspekte gründlich besprechen zu können (9).
- Der Kontakt sollte mindestens zwei Wochen vor dem anvisierten Anmeldedatum aufgenommen werden, in schwierigen Fällen früher (10).
- Die erste Eingabe der Parteien kann formlos sein oder auch schon das Formblatt CO benutzen (11): Hintergrund der Transaktion, kurze Beschreibung der Sektoren und Märkte, mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb. Danach wird das case team zusammengestellt (in einer wöchentlichen Sitzung der GD).
- Die erste Sitzung mit dem case team wird normalerweise durch eine umfassendere Eingabe oder den Entwurf des Formblattes CO vorbereitet (mindestens drei Arbeitstage vorher, 14).
- Auch wenn keine Diskussion mit dem case team stattgefunden hat, ist es ratsam, der GD vor der Anmeldung den Entwurf des ausgefüllten Formblattes CO einzureichen. Die GD braucht für eine Prüfung mindestens 5 Arbeitstage (15).
- Mit dem case team ist abzustimmen, welche Informationen in diesem Stadium vor der Anmeldung vorgelegt werden sollen: interne Dokumente der Unternehmen, Marktanalysen, Übersichten, Berichte, Studien (16, 17). Auch Effizienzgewinne sollten jetzt schon dargestellt werden (18).
- Mit der GD kann der Verzicht auf bestimmte Informationen vereinbart und dadurch der Prüfstoff vermindert werden (19).
- Die Kommission versichert den anmeldenden Unternehmen informell, dass die Anmeldung in Ordnung ist, ist aber nicht gehindert, später die Anmeldung dennoch für unvollständig zu erklären (22). Für die Schließung von Lücken in der Anmeldung räumt die Kommission normalerweise nur ein bis zwei Arbeitstage ein (23).
- In diesem Stadium können mit der Kommission auch Zuständigkeitsfragen, Verfahrensfragen, Verweisungen, Parallelverfahren in Nicht-EU-Ländern und der Informationsaustausch mit anderen Kartellbehörden besprochen werden (24, 25).
Informationsgewinnung, Auskunftsverlangen
- Auskunftsverlangen regelt Artikel 11 FKVO. Ausnahmsweise kann die Kommission schon vor der Anmeldung einer Fusion aufgrund der ersten Kontakte mit den beteiligten Unternehmen eine Faktensammlung betreiben. Die Fusion darf allerdings noch nicht allgemein bekannt sein und die Parteien müssen vor einem solchen Schritt gehört werden (26).
- Die Kommission kann die Parteien und andere Beteiligte auch zu methodischen Fragen der Faktensammlung, etwa zur Datengewinnung in einem bestimmten Wirtschaftssektor, konsultieren (28).
Kommunikation mit den Beteiligten, den Betroffenen und Dritten
- Um die Transparenz des Verfahrens zu erhöhen, bietet die GD den anmeldenden Unternehmen die Diskussion über den Zwischenstand an (state-of-play meetings). Sie sind freiwillig und schließen darüber hinausgehende Kontakte nicht aus (30, 32). Sie sind besonders geeignet, um Zusagen zu erörtern (40, 41).
- Im Anmeldeverfahren kommen für solche Treffen fünf Zeitpunkte in Betracht (33):
- in Phase I innerhalb der ersten drei Wochen nach der Anmeldung, wenn die Kommission "ernsthafte Bedenken" gegen den Zusammenschluss hat,
- zwei Wochen nach der Entscheidung, die Phase II des Prüfverfahrens einzuleiten,
- vor der Veröffentlichung der Beschwerdepunkte,
- nach der Antwort auf die Beschwerdepunkte und der mündlichen Anhörung,
- vor der Sitzung des Beratenden Ausschusses.
- Dritte tragen zur Faktensammlung regelmäßig über ein Auskunftsersuchen bei, können aber auch von sich aus Eingaben an die GD Wettbewerb richten (begleitet von einer nicht-vertraulichen Version, um die Akteneinsicht zu erleichtern). In geeigneten Fällen können Dritte auch eine bereinigte Version der Beschwerdepunkte erhalten, um dazu Stellung nehmen zu können (35 – 37).
- Dreiseitige Sitzungen (Kommission, Anmelder und Dritte) sind möglich, wenn dies die Kommission für nötig hält. Sie sollten möglichst frühzeitig stattfinden (38, 39).
Akteneinsicht, Geheimhaltung
- Die Anmelder haben nach der Veröffentlichung der Beschwerdepunkte ein Recht auf Akteneinsicht und können auch alle weiteren Dokumente bis zur Sitzung des Beratenden Ausschusses einsehen. Geschäftsgeheimnisse Dritter und vertrauliche Informationen werden geschützt (42 – 44).
- Auch schon vorher, selbst in Phase I, wird die Kommission den Anmeldern besonders wichtige Dokumente (key documents) zwecks Kommentierung zugänglich machen (45).
Rechtliches Gehör und andere Verfahrensrechte
- Nach EG-Recht haben die Parteien das Recht vor einer abschließenden Entscheidung gehört zu werden. Die Verfahrenshinweise ändern daran nichts (48).
- Verfahrensfragen können auch mit dem Anhörungsbeauftragten besprochen werden (49).