22.04.2003

Sondergutachten der Monopolkommission zur Berliner Pressefusion (Tagesspiegel/Berliner Zeitung)

Deutschland
Monopolkommission
Fusionskontrolle
Presse

www.monopolkommission.de

Die Holtzbrinck-Gruppe, die den Tagesspiegel herausgibt, plant den Erwerb des Berliner Verlages, bei dem die Berliner Zeitung erscheint, von der Gruner + Jahr-Gruppe. Das Bundeskartellamt hat dem Zusammenschluss mit einem Beschluss vom 10. Dezember 2002 untersagt (WuW, 2003, 287 DE-V 695). Holtzbrinck hat daraufhin beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Ministererlaubnis nach § 42 GWB beantragt. Das Ministerium hat die Monopolkommission gemäß § 42 Abs. 4 Satz 2 GWB mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt. Sie ist jetzt als Sondergutachten (Umfang 63 Seiten) veröffentlicht.

Relevanter Markt sind die Abonnements-Tageszeitungen mit lokalen und regionalen Berichten in Berlin (ohne Umland). Die wesentlichen Konkurrenten sind der Tagesspiegel (26, 72 % Marktanteil), die Berliner Zeitung (34,7 %) und die Berliner Morgenpost des Hauses Springer (27,59 %). Das Bundeskartellamt hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die hohen Marktanteile gestützt, die nach einem Zusammenschluss erreicht würden und der Holtzbrinck-Gruppe angesichts der Besonderheiten des Berliner Zeitungsmarktes besondere strategische Möglichkeiten eröffneten. Der Tagesspiegel wird hauptsächlich im Westteil gelesen und hat im Ostteil wenig Leser, die Berliner Zeitung hat ihren Schwerpunkt im Osten, holt aber auch im Westen auf. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Wettbewerb leide, indem sich Holtzbrinck mit der Berliner Zeitung stärker auf den Osten konzentriere und die dort erwirtschafteten größeren Gewinne zur Subventionierung des notleidenden Tagesspiegels einsetze.

In dem Antrag auf Ministererlaubnis beruft sich Holtzbrinck auf eine Art "Sanierungsfusion", die dem Erhalt des Tagesspiegels und damit einer größeren Pressevielfalt in Berlin dienen würde. Ohne den Zusammenschluss sei ein Ende des Tagesspiegels nicht unwahrscheinlich. Es sei insbesondere eine Gemeinwohlaufgabe, die Pluralität im Pressewesen ähnlich der im Rundfunkwesen zu schützen.

Die Monopolkommission setzt sich ausführlich mit den Besonderheiten des Zeitungsmarktes in der Hauptstadt auseinander und erörtert auch das Argument der Sanierung. In der Sache hält sie die Beurteilung des Bundeskartellamtes allerdings für gerechtfertigt und erkennt keine Gemeinwohlinteressen, die eine Ministererlaubnis rechtfertigen könnten.