12.09.2003
R. Hewitt Pate: Vigorous and Principled Antitrust Enforcement: Priorities and Goals
USA
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www.usdoj.gov/atr |
Der Leiter der Kartellabteilung des amerikanischen Justizministeriums, R. Hewitt Pate, hat in der ersten Rede nach seiner Bestätigung als Assistant Attorney General durch den Senat am 12. August 2003 in San Francisco vor der Antitrust-Gruppe der American Bar Association über vorrangige Ziele seiner Behörde gesprochen:
Rechtsfolgen von Kartellverstößen
- Die Höchststrafe für Einzelpersonen wegen Kartellstraftaten sollte auf 10 Jahre Gefängnis angehoben werden (es gibt bereits Vorschläge der Senatoren Leahy und Hatch im Senat).
- Auch die Höchstgrenze für Geldstrafen gegen Unternehmen wegen Verstoßes gegen den Chairman Act, die jetzt 10 Millionen Dollar beträgt, sollte erhöht werden (es wird keine Summe genannt). Hält das Ministerium diesen Betrag heute für zu niedrig, muss auf die alternative Berechnung "twice the gain or twice the loss" zurückgegriffen werden, was Aufwand verursacht, Unsicherheit mit sich bringt und letztlich die großen Kartellsünder begünstigt.
- Das Amnestie-Programm leidet etwas darunter, dass manche Unternehmen mit einer Selbstanzeige zögern, weil sie anschließende zivilrechtliche Schadensersatzansprüche befürchten. Deshalb sollte über eine Begünstigung kooperierender Unternehmen auch in diesem Bereich nachgedacht werden, nämlich über eine Abschwächung des dreifachen Schadensersatzes ("detrebling"). Voraussetzung wäre allerdings hier die Zusammenarbeit des Unternehmens mit den Klägern, die gegen die anderen Kartellmitglieder zivilrechtlich vorgehen.
Koordination im Oligopol
- Eine Arbeitsgruppe hat ein nur intern verfügbares Handbuch über "coordinated effects" erarbeitet. Die Möglichkeiten der Anwendung dieses Konzepts in Fusionsfällen sind offenbar bisher noch nicht voll ausgeschöpft worden. Manchmal ist man zu schnell zur Untersuchung unilateraler Effekte übergegangen.
- Als gutes Beispiel wird der Zusammenschluss Rafflatac/MACtac erörtert (Zusammenschluss von Nr. 2 und 3 zu einem Marktanteil von nur 25 %, aber mit Nr. 1 hätte das neue Unternehmen 70 %, deshalb würde der Wettbewerb unter den beiden verbleibenden großen Unternehmen geringer werden - die Fusion ist deshalb gestoppt worden).
Wettbewerbsbeschränkendes Verhalten eines einzelnen Unternehmens (single-firm conduct)
- Die Entscheidung des Bundesgerichts für den 10. Circuit im Fall American Airlines wird bedauert. Das Ministerium hatte nicht nachweisen können, dass American Airlines beabsichtigte, durch Niedrigpreise Konkurrenten zu verdrängen (predation).
- Die rechtlichen Überlegungen des DoJ hat das Gericht allerdings bestätigt: ist das beanstandete Verhalten eines Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll, wenn man sich die wettbewerbsbeschränkende Wirkung einmal wegdenkt? Gescheitert ist das DoJ an den hohen Beweisanforderungen, die das Gericht in diesem Fall gestellt hat.
- Neues Thema für das DoJ sind Rabatte marktbeherrschender Unternehmen. In den nächsten Wochen soll dazu ein Workshop oder ein anderes Programm verkündet werden.
Verbesserungen der Untersuchungsverfahren
- Die Erfahrungen mit der vor zwei Jahren begonnenen "Merger Review Initiative" sind gut und können ausgebaut werden. Das DoJ ist in der Fusionskontrolle entschlossen, die Wartefrist für den Vollzug des Zusammenschlusses "agressiv" zu nutzen, aber dies erfordert auch eine zügige Kooperation der Parteien.
- Die Verfolgung von Kartellverstößen ist demgegenüber manchmal etwas zu kurz gekommen, weil es hier nicht wie bei Fusionen feste Fristen gibt. Dies soll sich aber ändern. Im DoJ wird darüber in den kommenden Monaten nachgedacht.
Internationale Konvergenz
- Das International Competition Network wird weiterhin unterstützt (neue Arbeitsgruppe für das Wettbewerbsrecht in regulierten Industrien wurde eingesetzt).
- Konvergenz kann aber nicht Vermischung und damit Verwässerung des amerikanischen Antitrust-Rechts bedeuten (kein "mixing bowl approach"). Jedes Land hat andere Prioritäten. Entwicklungsländer sollten sich auf Preisabsprachen und Ausschreibungsbetrug mehr als auf Fusionen konzentrieren, ehemalige Staatshandelsländer mehr um die Überleitung von Staatsmonopolen in den freien Wettbewerb. Die USA haben hier etwas andere Prioritäten.