02.07.2003
Monti: Neue Herausforderungen der Beihilfenpolitik (Vortrag)
EU
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Wettbewerbskommissar Mario Monti hat am 19. Juni 2003 in Brüssel vor dem State Aid Forum einen Vortrag gehalten (New Challenges for State Aid Policy), in dem er umfassend und grundsätzlich die Beihilfenpolitik der Kommission darlegt:
- Der Beihilfenabbau geht voran. Das Gesamtvolumen betrug 2001 nur noch 68 Mio. € (1 % des BSP). 1997 waren es noch 102 Mio. €. Lässt man die Problembereiche Landwirtschaft, Fischerei und Verkehr beiseite, machen die Beihilfen nur noch 0,43 % des BSP aus.
- Die größte Herausforderung für die Kommission ist die Osterweiterung. In der Beihilfenkontrolle wird sich die Arbeitsbelastung dadurch um 40 % steigern. Die Generaldirektion Wettbewerb wird sich deshalb in diesem Bereich personell verstärken.
- Die Osterweiterung, aber auch die Diskussion in den alten Mitgliedstaaten wird zu einer flexibleren Beihilfenpolitik Brüssels führen müssen. Dies umfasst eine bessere Analyse der Auswirkungen von Beihilfen und eine bessere Überwachung der Effekte gewährter Beihilfen.
- Zu den Schwächen des heutigen Systems gehört es, dass der Begriff der Beihilfe oftmals sehr unscharf ist und man in manchen Fällen nicht ganz einfach entscheiden kann, ob es sich um Beihilfen handelt. Hier klaffen Recht und Ökonomie manchmal auseinander, was für die Beihilfenpolitik nicht ungefährlich ist.
- Probleme gibt es auch bei der Rückforderung illegaler Beihilfen. In den Mitgliedstaaten wird diese Aufgabe nicht immer mit dem nötigen Nachdruck betrieben, vor allem dann nicht, wenn es sich um Unternehmen in Schwierigkeiten handelt. Eine neue Arbeitseinheit in der Generaldirektion soll sich um dieses Problem kümmern.
- Die Mitgliedstaaten wehren sich gegen Eingriffe aus Brüssel oft mit dem Argument, die Europäische Union mische sich in Angelegenheiten ein, die eigentlich gar keine gemeinschaftsweite Bedeutung hätten. Nun ist dies nach Art. 87 Abs. 1 EUV rechtlich auch keine Voraussetzung für ein Tätigwerden der Kommission, aber die Mitgliedstaaten könnten doch Recht haben, wenn man sich manche Fälle betrachtet, die derzeit notifiziert werden müssen. Es wird nötig sein, Verhältnismäßigkeit und Relevanz von Beihilfen stärker in den Blick zu nehmen.
- Die Kommission bewältigt die Herausforderungen durch Vereinfachungen im Verfahren (Erlass von Gruppenfreistellungsverordnungen, besseres Beschwerdeformular). Sie berücksichtigt aber auch andere Politiken der Gemeinschaft (etwa bei den erneuerbaren Energien, wo man großzügiger verfahren wird). Schließlich ist man zum Handeln bereit, wenn sich herausstellt, dass das geltende Recht tatsächlich zu streng ist: (z.B. Behandlung von Risikokapital).
- Neben der personellen Verstärkung und dem Dialog mit den Mitgliedstaaten gehören zum Arbeitsprogramm auch Überlegungen, oberhalb der Bagatellschwelle Erleichterungen für Beihilfen zu schaffen, die nur geringe wirtschaftliche Bedeutung haben. Die Überholung der rechtlichen Instrumente der Beihilfenkontrolle wird sich bis zum nächsten Jahr auf vier Bereiche konzentrieren: regionale Beihilfen (Überarbeitung der Leitlinien), Beihilfe für Restrukturierung und Rettung (Leitlinien laufen 2004 aus: ist eine Verschärfung nötig?), Schiffsbau, Daseinsvorsorge (Diskussion über das Grünbuch der Kommission).