15.05.2003
"Government Restraints on Competition" - Veranstaltung in Brüssel mit Monti und Muris
EU
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Eigener Bericht
Am 14. Mai 2003 veranstaltete die US-Gesandtschaft bei der Europäischen Union und die Europäische Kommission ein Symposium über “Government Restraints on Competition“. Hauptredner war Mr. Timothy J. Muris, Vorsitzender der Federal Trade Commission. Seine Ausführungen über Staatseingriffe in den Wettbewerb ergänzte Wettbewerbskommissar Mario Monti aus europäischer Sicht.
Die Rede von Mr. Muris wird demnächst auf der Website der FTC zu finden sein (https://www.ftc.gov/speeches/muris.htm).
Mr. Muris
Zwei Bestimmungen der amerikanischen Verfassung haben von Beginn an dafür gesorgt, dass ein einheitlicher Binnenmarkt entstand und Abschottungen der Einzelstaaten gegen Wettbewerb von außerhalb zurückgedrängt werden konnten: Die Supremacy Clause (Bundesrecht geht dem Recht der Einzelstaaten vor) und die Commerce Clause (Bund darf den Handel unter den Einzelstaaten regeln). Die USA hatten damals gegenüber der EU von heute in einigen Belangen Vorteile: Zentralregierung, einheitliche Sprache, Freizügigkeit.
Der Kampf gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist noch längst nicht gewonnen. Dabei genügt es nicht, private Verstöße zu bekämpfen, sondern man muss auch gegen staatliche Regulierungen vorgehen, die den Wettbewerb verfälschen. Nicht selten werden unter dem Deckmantel von Gemeinwohlinteressen (Verbraucherschutz) Vorschriften auf Initiative einzelner Unternehmen oder Wirtschaftszweige erlassen, die zunichte machen, was man mit dem Kampf im Kartell gewonnen hat (rentseeking). In den USA wendet man sich verstärkt den freien Berufen zu, die durch Standesregeln den Wettbewerb beschränken (freie Berufe), etwa durch Zulassungsbeschränkungen oder Werbeverbote.
Die FTC sieht es als ihre Aufgabe an, anderen staatlichen Institutionen ständig nahe zu bringen, wie wichtig die Aufrechterhaltung freien Wettbewerbs ist (Competition advocacy). Bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts bestehen besonders zwei Hindernisse, die in den USA jetzt stärker diskutiert werden:
- die State-Action-Doktrin: Wettbewerbsbeschränkungen, die durch staatliche Vorschriften gedeckt werden, genießen Immunität. Problematisch ist, dass der Staat häufig seine Verantwortlichkeiten an halbstaatliche Organisationen abgibt und dort dann Hindernisse aufgerichtet werden. Die Immunität wird aber nur gewährt, wenn der Staat den wettbewerbsbeschränkenden Zweck klar definiert hat und die delegierte Tätigkeit ausreichend überwacht. Daran fehlt es nicht selten.
- die Noerr-Pennington-Doktrin: Jedermann darf Petitionen an den Staat richten, um seine Probleme vorzutragen. Man darf aber staatliche Verwaltungsverfahren oder Gerichtsverfahren nicht missbrauchen, um sich im Wettbewerb Vorteile zu verschaffen (Missbrauch von Patentanmeldungen; Klagen, um bestimmte Ereignisse hinaus zu zögern, etwa die Vermarktung von Generika).
Prof. Monti
In der EU stehen hauptsächlich folgende Instrumente zur Verfügung, um Einmischungen des Staates in den Wettbewerb zu begegnen:
- Art. 86 Abs. 1 EUV, wonach öffentliche Unternehmen den Privaten wettbewerbsrechtlich gleichgestellt sind, und Art. 86 Abs. 2 EUV, der auch Unternehmen, die mit Aufgaben der Daseinsvorsorge betraut sind, grundsätzlich dem Wettbewerbsrecht unterwirft,
- die Beihilfenkontrolle nach Art. 87 und 88 EUV
- Art. 81, 82, 10 und 3 g EUV, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Wirkungen der Wettbewerbsregeln (effet utile) nicht zu beeinträchtigen.