01.08.2002
William Kolasky: Antitrust Compliance Programs - The Government Perspective
USA
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www.usdoj.gov/atr |
Mr. Kolasky is Deputy Assistant Attorney General for International Enforcement im amerikanischen Justizministerium. Seinen Vortrag hielt er am 12. Juli 2002 in San Francisco. Für europäische Leser sind zwei Teile interessant: die Zusammenstellung von Charakteristika internationaler Kartelle und (davon abgeleitet) die Anforderungen an compliance programs der Unternehmen.
Internationale Kartelle zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:
- Unverfrorenheit (brazen nature),
- Beteiligung hochrangiger Mitarbeiter,
- Furcht vor Aufdeckung durch die amerikanischen Behörden,
- Benutzung von Verbänden als Tarnung für Zusammenkünfte,
- globale Preisabsprachen und Mengenaufteilungen,
- Nachprüfungen (audits, scoresheets),
- Ausgleichsmechanismen bei Überschreitungen von Liefermengen,
- budget meetings,
- Drohungen gegen Abweichler,
- relativ viele Mitglieder (5 bis 6 nicht ungewöhnlich, mitunter über 10),
- auch erfahrene Abnehmer können Opfer werden,
- unter den Kartellmitgliedern sind oft Großunternehmen,
- die Mitglieder sind oft Rückfalltäter.
Ein gutes compliance program muss zwei Ziele verfolgen: Verhütung von Verstößen und möglichst frühzeitige Aufdeckung von begangenen Verstößen. Dies kann sich in einem Strafverfahren günstig auswirken. Die Sentencing Guidelines zählen die Mindestvoraussetzungen auf:
- klare Standards,
- Überwachung durch die oberste Unternehmensebene,
- keine Delegation von Verantwortung an Angestellte mit Neigung zu illegalem Verhalten,
- wirksame Information der Mitarbeiter,
- wirksame Schritte zur Durchsetzung der Standards,
- Disziplinarmaßnahmen,
- schnelle Aufklärung begangener Kartellverstöße.
Zu einigen dieser Punkte gibt der Referent nähere Hinwiese. Zum Schluss wird Einiges erwähnt, was in der Praxis als Verdachtsmoment (red flag) angesehen werden könnte:
- Verbandstreffen,
- Lieferverträge mit Wettbewerbern besonders zum Jahresende (Ausgleichsmechanismus),
- Daten über den eigenen Marktanteil (zu stabil für einen Wettbewerbsmarkt?),
- Mitarbeiter werden zu Hause angerufen oder im Büro von Anrufern ohne Namensnennung oder mit offensichtlich falschen Namen (Überprüfung der Sekretariate),
- Kopien von angekündigten Preiserhöhungen der Wettbewerber finden sich in den Akten (woher kam das Fax oder die Mail?).