06.06.2018

Wissenschaftler legen Gutachten zum Briefporto vor und bescheinigen der Deutschen Post AG Quersubventionierungspotential

Im Auftrag des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK) ist am 28. Mai 2018 das Kurzgutachten „Das Briefporto der Deutschen Post AG: Schadet Verbrauchern, verzerrt Wettbewerb" vorgestellt und auch der Bundesnetzagentur übergeben worden. Die Autoren des Gutachtens sind Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (DICE) und ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission, sowie Dr. Christiane Kehder von DICE Consult.

Die Gutachter haben den Briefmarkt und speziell die Portogestaltung der DPAG und deren Begründungen für die Portoerhöhungen der letzten Zeit genauer analysiert. Sie stellen fest, dass das Briefporto der DPAG bereits heute zu hoch sei und dass etwaiges missbräuchliches Verhalten der DPAG durch die im Jahre 2015 in Kraft getretene neue Post-Entgeltregulierungsverordnung erleichtert und eine Quersubventionierung des wettbewerblichen Paketmarktes in erheblichem Ausmaß ermöglicht werde.

Das Fazit des Gutachtens beläuft sich auf folgende Kernaussagen (S. 10):

1. Marktmachtmissbrauchspotenzial der DPAG begrenzen 

Die Entgeltregulierung der DPAG durch die Bundesnetzagentur erreicht ihr vorgesehenes Ziel eines angemessenen Schutzes von Verbrauchern und Wettbewerbern nicht. Sie eröffnet der DPAG vielmehr erhebliche Spielräume, gerade im (nicht-wettbewerblichen) Briefbereich hohe und durch wiederholte Portoerhöhungen weiter zunehmende Gewinne zu erwirtschaften. Die Portoerhöhungen haben sich für den Standardbrief bis 20 Gramm seit 2013 im Jahrestakt aneinandergereiht. Das Briefporto ist in nur vier Jahren von 55 Cent im Jahre 2013 auf 70 Cent im Jahre 2016 und damit um mehr als 27 Prozent gestiegen. Die damit erzielten Gewinne bescheren der DPAG ein erhebliches Quersubventionierungspotenzial für den Paketbereich und ermöglichen es ihr, den hohen Marktanteil von über 40 Prozent aggressiv zu behaupten und sich weitgehend unabhängig von ihren Wettbewerbern zu verhalten.

2. Keine weiteren Preiserhöhungen im Briefbereich 

Die angebrachten Kostengründe für die gewährten großzügigen Preiserhöhungsspielräume sind nicht überzeugend. Die Entwicklung der Sendungsmengen bestätigt die prognostizierten, in der Entgeltregulierung berücksichtigten Sendungsmengenrückgänge nicht. Die Sendungsmengen weisen nach zwei Rückgängen vielmehr eine stetige Erholung auf. Auch der Rückgang der Sendungsmengen im Privatpostbereich kann die drastische Preiserhöhung von 27 Prozent nicht rechtfertigen. Ebenso wenig sind übermäßige Personalkostensteigerungen erkennbar, die auf eine entsprechende Absenkung der Produktivität hinweisen. Diese Erkenntnisse sprechen in erster Linie für Portosenkungen im Briefbereich, keinesfalls aber für weitere Portoerhöhungen.

3. Rücknahme der neuen Post-Entgeltregulierungsverordnung

Die Gewinnerzielungsmöglichkeiten im Briefbereich wurden nach der im Mai 2015 von der Bundesregierung erlassenen Verordnung zur Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung für die DPAG nochmals deutlich erleichtert. Durch die Orientierung des angemessenen Gewinnzuschlags der DPAG an den Margen auf Auslandsmärkten, die wie in Deutschland regelmäßig durch mangelnden Wettbewerb gekennzeichnet sind und häufig einer unzureichenden Aufsicht unterliegen, wird ein noch größerer Spielraum für Preiserhöhungen im Briefbereich zulasten der Verbraucher gewährt. Eine wirksame Preisregulierung wird damit faktisch ausgehebelt. Eine Zurückführung zur alten Fassung des § 3 Abs. 2 PEntgV wird gefordert.