01.03.2018

Rede (51. FIW-Symposion in Innsbruck) von Margrethe Vestager: „Competition in Changing Times“

In ihrer Rede vom 16. Februar 2018 anlässlich des 51. FIW-Symposions in Innsbruck („Competition in Changing Times") gab EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Einblicke in die sich verändernden Parameter des Wettbewerbs im Laufe der Zeit seit Beginn der Europäischen Verträge und in Zeiten fortschreitender Digitalisierung. Sie stellte dabei die Verbraucherwohlfahrt in den Mittelpunkt der Wettbewerbspolitik.

Vestager betonte, dass der Wettbewerb den Verbrauchern die Macht gebe, mehr zu verlangen. Auch große Unternehmen müssten sich darauf einstellen, dass sie die wachsenden Bedürfnisse der Verbraucher befriedigten.

Vestager erteilte den landläufig von Verbrauchern geäußerte Befürchtungen, dass großen Unternehmen eine Diskriminierungstendenz innewohne und sie weniger innovativ würden, je marktmächtiger sie würden zunächst eine Absage:

I don't think that perception is always correct. Just because companies are big, that doesn't mean competition isn't working. In our work on mergers, for instance, we do approve some very big transactions. But we only do that once we're confident that consumers won't lose out."

Die Verbraucherwohlfahrt sei Maßstab sämtlicher Entscheidungen. Auch große Fusionen würden nur genehmigt, wenn die Verbraucher nicht darunter leideten.

Auf der anderen Seite treffe es zu, so Vestager, dass es in einigen Industrien, jedenfalls in den USA, in den letzten beiden Dekaden zu stärkeren Konzentrationen gekommen sei. Dort seien auch die Margen gestiegen. Von den zehn größten Unternehmen der Welt sei nur Microsoft vor zwanzig Jahren bereits gelistet gewesen. Vier der Unternehmen auf der heutigen Liste existierten damals überhaupt nicht.

In Europa seien ebenfalls Margenzuwächse bei den Unternehmen mit Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt festzustellen. Allerdings sei der Markt nicht konzentrierter als zur Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise. Eine Ausnahme bilde nur die Internetökonomie. Vergleiche zu Daten aus der Zeit vor der Finanz- und Wirtschaftskrise fehlten in Europa, würden jetzt aber nachträglich generiert.

Allerdings sei der Konzentrationsgrad nicht gleichzusetzen mit der (fehlenden) Wettbewerbsfähigkeit von Märkten. Allerdings gelte es eine neue Entwicklung genauer zu beobachten: Dadurch dass Investoren heute zunehmend auch in verschiedene Unternehmen gleichzeitig investierten, könnte der Wettbewerbsgedanke weniger stark ausgeprägt sein, denn es könne sein, dass Investoren ihre eigenen Investments nicht übermäßigem Wettbewerb durch andere eigene Investments ausgesetzt wissen wollten. Belastbare Daten zur Frage der gemeinsamen Eigentümerstellung und deren Auswirkungen müssten in Europa ebenfalls noch generiert werden.

Vestager ging schließlich noch auf die zurückliegende Insolvenz von Air Berlin ein und erklärte, warum die Europäische Kommission den Verkauf der Air Berlin-Tochter NIKI an Lufthansa nicht genehmigt habe. Lufthansa hätte im Falle des Erwerbs auf einer Vielzahl von Strecken ein Monopol erhalten. Die Wettbewerbsbedenken hätten daher in diesem Fall überwogen. Derzeit prüften die österreichische und spanische Wettbewerbsbehörde einen möglichen Rückkauf des Gründers der Fluglinie.

Vestager verdeutlichte, dass wettbewerbsbeschränkende Fusionen nicht nur zu höheren Preisen für die Verbraucher, sondern auch zu geringerer Innovation führen könnten:

"They can also mean people are denied real choice. They can mean that companies stop trying to innovate, and that consumers lose out on new and better products."

Im Ergebnis führe dies auch zu geringerer gesellschaftlicher Akzeptanz der Wirtschaft.

Abschließend sagte Vestager zu "European Champions": Auch wünschenswerte europäische Champions hätten nur dann eine Chance, konkurrenzfähig zu sein, wenn sie sich in einem gesunden Wettbewerb stellen müssten, nicht nur global, sondern auch bereits national.

Auf Twitter äußerte die Kommissarin gleich nach der Konferenz:

"Eating my way through a good, giant pretzel - after speaking of giants at FIW-Symposium in Innsbruck. Makes you hungry."

(https://twitter.com/vestager/status/964552297383694336)