20.07.2023

EuGH entscheidet zugunsten des Bundeskartellamts im Facebook-Verfahren

EUD
EuGH
Bundeskartellamt
Plattformökonomie
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

Urteil des EuGH: CURIA - Dokumente (europa.eu)

PM des Gerichts: Eine nationale Wettbewerbsbehörde kann im Rahmen der Prüfung, ob eine beherrschende Stellung missbraucht wird, einen Verstoß gegen die DSGVO feststellen (europa.eu)

PM des Bundeskartellamt: Bundeskartellamt - Homepage - EuGH-Entscheidung im Facebook-Verfahren: Bundeskartellamt darf Datenschutzbestimmungen berücksichtigen 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 4. Juli 2023 entschieden (Urteil v. 04.07.2023, Az. C-252/21), dass das Bundeskartellamt im Rahmen von kartellrechtlichen Abwägungsentscheidungen auch die Einhaltung von Datenschutzvorschriften prüfen darf. Damit durfte das BKartA die Zusammenführung von Nutzerdaten grundsätzlich verbieten (vgl. dazu auch FIW-Bericht vom 26.02.2019). 

 

Das BKartA hatte per Beschluss vom 6. Februar 2019 Facebook im Wesentlichen untersagt, in den Allgemeinen Nutzungsbedingungen die Nutzung des sozialen Netzwerks Facebook durch in Deutschland wohnhafte private Nutzer von der Verarbeitung ihrer Off-Facebook-Daten abhängig zu machen und diese Daten ohne ihre Einwilligung auf der Grundlage der damals geltenden Allgemeinen Nutzungsbedingungen zu verarbeiten. Außerdem verpflichtete das Bundeskartellamt diese Unternehmen, die Allgemeinen Nutzungsbedingungen so anzupassen, dass aus ihnen eindeutig hervorgeht, dass die fraglichen Daten nicht ohne Einwilligung des betreffenden Nutzers erfasst, mit den Facebook-Nutzerkonten verknüpft und verwendet werden. Das BKartA stellte klar, dass eine solche Einwilligung ungültig sei, wenn sie eine Bedingung für die Nutzung des sozialen Netzwerks darstelle. Es sah die Allgemeinen Nutzungsbedingungen als Ausfluss dieser beherrschenden Stellung als missbräuchlich an, weil die darin vorgesehene Verarbeitung der Off-Facebook-Daten nicht mit den der DSGVO zugrunde liegenden Werten im Einklang stehe und insbesondere nicht nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 dieser Verordnung gerechtfertigt werden könne. 

Der Gerichtshof hat dieser Lesart jetzt Recht gegeben. Er urteilte, dass es sich für die Wettbewerbsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen der Prüfung, ob ein Unternehmen eine beherrschende Stellung missbraucht, als notwendig erweisen kann, auch zu prüfen, ob das Verhalten dieses Unternehmens mit anderen als den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, etwa mit den Vorschriften der DSGVO, vereinbar ist. Wenn die nationale Wettbewerbsbehörde einen Verstoß gegen die DSGVO feststellt, trete sie allerdings nicht an die Stelle der durch diese Verordnung eingerichteten Aufsichtsbehörden. Die Prüfung, ob die DSGVO eingehalten werde, erfolge nämlich ausschließlich, um den Missbrauch einer beherrschenden Stellung festzustellen und gemäß den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften Maßnahmen zur Abstellung dieses Missbrauchs aufzuerlegen. 

Das OLG Düsseldorf, bei dem Meta seinerzeit Beschwerde eingelegt hatte, hatte dem EuGH im weiteren Verlauf diverse Fragen vorgelegt, um zu klären, wie bestimmte Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auszulegen sind und ob das Bundeskartellamt im Rahmen von kartellrechtlichen Abwägungsentscheidungen auch DSGVO-Normen berücksichtigen darf. Das vor dem OLG Düsseldorf anhängige Gerichtsverfahren kann nun in Sachen Facebook fortgesetzt werden. 

Das BkartA hat in seiner Pressemitteilung vom 4.07.23 mitgeteilt, dass es sich mit Meta unabhängig von diesem Verfahren bereits in Gesprächen über die Umsetzung des Beschlusses vom Februar 2019 befinde. Mit Einführung der Kontenübersicht habe Meta hierfür wesentliche Voraussetzungen geschaffen. (s. Pressemitteilung vom 7. Juni 2023)