26.04.2018

EU-Kommission veröffentlicht "New Deal for Consumers" und schlägt Verbandsklagen im Verbraucherrecht vor

EU
Kommission
Private Rechtsverfolgung
Sammelklagen/Verbandsklagen
Verbraucherschutz

Rechtsakte über folgenden Link abrufbar:

https://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=620435

Im letzten Jahr hatte EU-Justizkommissarin Jourova verschiedentlich einen sog. „New Deal for Consumers" angekündigt, d. h. ein Paket, das Rechtsvorschläge zum Verbraucherschutz inklusive Regelungen zur Einführung von Verbandsklagen enthalten sollte (vgl. FIW-Berichte vom 23.10.17 und 07.12.17).

Am 11. April 2018 hat die Europäische Kommission den bislang nur in englischer Sprache vorliegenden "New Deal for Consumers" vorgelegt. Dieser umfasst zwei Richtlinienvorschläge, die einen Paradigmenwechsel einläuten und erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben werden:

Vorschlag zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften: Änderung der Richtlinie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen‚ Änderung der Richtlinie über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse sowie Änderung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern und der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher.

Eine den Richtlinienvorschlägen beigefügte Mitteilung befasst sich unter anderem mit der Entwicklung und Stärkung koordinierter Durchsetzungsmaßnahmen der Behörden und ihrer internationalen Zusammenarbeit mit Behörden der wichtigsten Handelspartner.

Im Einzelnen zum Vorschlag der Einführung von Verbandsklagen

Der Richtlinienentwurf sieht die Einführung von EU-weiten Verbandsklagen bei Verstößen gegen eine Vielzahl europäischer Rechtsakte vor. Hierzu zählen unter anderem Rechtsakte aus den Bereichen Verbraucherschutz, Umwelt, Energie, Telekommunikation, Verkehr, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen oder Gesundheit. Annex 1 des Richtlinienentwurfs enthält eine Aufzählung der 59 betroffenen Rechtsakte. Das europäische Kartellrecht ist dort nicht aufgeführt.

 „Qualifizierte Einrichtungen", v.a. Verbraucherschutzorganisationen und unabhängige öffentliche Einrichtungen sollen Verbandsklagen für eine Vielzahl von Verbrauchern einreichen können. Qualifizierte Einrichtungen müssen von den Mitgliedstaaten anerkannt und in einem öffentlichen Register geführt werden. Zu den wesentlichen Voraussetzungen zählen, dass die Einrichtung keine Gewinnerzielungsabsicht hat und ein berechtigtes Interesse nachweist, die Einhaltung der einschlägigen EU-Rechtsvorschriften zu gewährleisten.

Vorgesehen sind Verbandsklagen auf

In manchen Fällen Feststellungsentscheidung, mit der die Haftung des Händlers gegenüber den durch die Zuwiderhandlungen geschädigten Verbrauchern begründet wird.  

Daneben soll auch die Möglichkeit von außergerichtlichen Vergleichen bestehen.

Anders als noch in der Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten zum kollektiven Rechtsschutz aus dem Jahr 2013 festgelegt, müssen die Mitgliedstaaten dabei nicht zwingend ein sogenanntes „Opt-in System" vorsehen. Verbandsklagen können auch im Namen einer Vielzahl von nicht näher identifizierten Verbrauchern und ohne deren vorheriges Mandat eingereicht werden. Im Falle von „Streuschäden", bei denen der Aufwand einer Verteilung des Schadensersatzes an jeden einzelnen betroffenen Verbraucher zu hoch wäre, soll der Schadensersatz einem öffentlichen Verbraucherinteresse zugutekommen.

Die Unternehmen müssen auf Anordnung des Gerichts oder der zu-ständigen nationalen Behörde betroffene Verbraucher auf eigene Kosten über das Ergebnis der Verbandsklage und möglicherweise durch die Verbraucher einzuleitende Schritte informieren.

Endgültige Entscheidungen eines Gerichts oder einer Behörde, die festlegen, dass ein Unternehmen einen Verstoß begangen hat, gelten als unwiderlegbare Beweise für Rechtsbehelfe innerhalb desselben Mitgliedstaats, dass der Verstoß stattgefunden hat.

Die qualifizierte Einrichtung kann beim zuständigen Gericht bzw. bei der zuständigen Verwaltungsbehörde die Offenlegung von Beweismitteln durch das beklagte Unternehmen beantragen. Voraussetzung ist, dass sie selbst ausreichend verfügbare Fakten und Nachweise vorgelegt hat, die zur Untermauerung der Klage ausreichen, und die Beweismittel, die in der Kontrolle des Beklagten liegen, benannt hat.