30.09.2006

Thomas O. Barnett (DOJ): Criminal enforcement of Antitrust Laws: The U.S.Model

USA
Department of Justice
Antitrust Law
Strafverfolgung

www.usdoj.gov/atr/public/speeches/218336.htm

Mr. Barnett, Assisstant Attorney General, Antitrust Division US Department of Justice, hat sich am 14. September 2006 in einem Vortrag (7 Seiten) auf der diesjährigen 33. Konferenz "International Antitrust Law and Policy" des Fordham Competition Law Instituts mit der strafrechtlichen Durchsetzung des Kartellrechts befasst. Er gelangt zu dem Urteil, dass die strenge strafrechtliche Verfolgung von kartellrechtlichem Fehlverhalten ein erfolgreiches Modell ist, dass auch andere Staaten zusehends einführen.

Mr. Barnett stellte zunächst die Eigenschaften der US-amerikanischen Erfahrungen der strafrechtlichen Kartellrechtsdurchsetzung dar. Das strenge Modell sieht jedes hardcore Kartell als Verletzung des Wettbewerbsrechts an. Die Behörde hat in den Jahren 2004 360 Millionen, im Jahr 2005 338 Millionen und im Jahr 2006 bisher 473 Millionen US-Dollar an Bußgeldern verhängt und strafrechtliche Verfahren gegen 69 Unternehmen bewirkt. Nach Meinung von Barnett tragen sieben Praktiken zum Erfolg des US-Systems bei:

Fokussierung der Staatsanwälte auf so genannte hardcore-Kartelle: Die Einrichtung eines speziellen Teams zur strafrechtlichen Durchsetzung des Kartellrechts neben der Durchsetzung durch private enforcement war sehr erfolgreich. Diese hat sich nur auf hardcore-Kartelle wie Preisabsprachen, Angebotsmanipulationen oder Marktaufteilungen fokussiert, so dass klare Grenzen für die Unternehmen bestehen. In diesen Fällen sei der Nachweis einer Abstimmung ausreichend, ohne dass die nachteiligen Auswirkungen auf den Markt nachgewiesen werden müssten.

Kartellrechtsverstöße werden als ernsthafte Straftaten angesehen: Die angedrohten Strafen müssen den Schaden, der den Verbrauchern zugefügt wird, widerspiegeln und nicht nur eine finanzielle Abschreckung bewirken, sondern auch Freiheitsstrafen umfassen.

Kronzeugenregelungen: Kronzeugenprogramme sind ein wertvolles Werkzeug bei der Kartellbekämpfung, da in diesen Fällen die Beweiserlangung oftmals schwierig ist. Das Programm sollte drei Elemente beinhalten:

  1. strenge Sanktionen für Unternehmen, die nicht mit den Behörden im Rahmen eines Kronzeugenprogramms zusammenarbeiten.
  2. Große Gefahr der Entdeckung des Kartells durch die Behörden.
  3. Vorhersehbarkeit und Transparenz des Amnestieprogramms.

"Amnesty Plus" Programme können dazu beitragen, dass Unternehmen, gegen die bereits ermittelt wird, weitere Kartelle aufdecken, da die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen, die sich in einem Markt absprechen, dies oftmals auch in anderen Märkten tun.

Strenge Verfolgung bei Behinderung der Strafverfolgung

Zusammenschau kartellrechtlicher Straftaten mit anderen strafbaren Handlungen: strafbares Verhalten im Kartellrecht stehe oft im engen Zusammenhang mit der Vernichtung von Beweismaterial oder Betrugsdelikten z. B. Steuerhinterziehung. Der Staatsanwalt sollte alle Delikte zusammen verfolgen können.

Transparenz und Vorhersehbarkeit der strafrechtlichen Kartellrechtsdurchsetzung: Unternehmen sollen wissen, wann ein strafbares Verhalten vorliegt und unter welchen Voraussetzungen sie von einem Kronzeugenprogramm profitieren können

Veröffentlichung der Bemühungen zur Kartellbekämpfung mit dem Ziel der Abschreckung

Anschließend wandte sich Mr. Barnett den Erfolgen in den Rechtsordnungen anderer Länder zu und sieht als einen wesentlichen Faktor die größere Gefahr der Aufdeckung eines Kartells, die Pönalisierung und insbesondere Bedrohung mit Freiheitsstrafe bei kartellrechtlichen Verstößen an. Dies senke auch die Anzahl der "sicheren Häfen" für Kartellanten. Er ging auf die Rechtsordnungen folgender Länder ein:

Japan: 2005 Aufdeckung eines großen Kartells, bei dem die Angebote für Stahlbrückenkonstruktionen in Milliardenhöhe abgesprochen wurden und die Behörden anschließend Verfahren gegen 26 Unternehmen und 13 Beamte eingeleitet haben. Japan hat im Zuge des Antimonopoly Acts, der im Januar 2006 in Kraft getreten ist, die Bußgelder drastisch erhöht, die Möglichkeiten zur Erlangung vor Durchsuchungsbefehlen erleichtert und ein Kronzeugenprogramm eingeführt. Zudem wurde bei der Japanese Fair Trade Commission eine Abteilung zur strafrechtlichen Untersuchung von Kartellfällen eingerichtet.

Irland: Irland war im März 2006 das erste europäische Land, dass eine strafrechtliche Verurteilung nach einem Jury-Verfahren in einem wettbewerbsrechtlichen Straffall durchgeführt hat. Grundlage der Bestrafung eines Preisabsprachekartells von 24 Angeklagten, war der Competition Act von 1996, der als Hochstrafe zwei Jahre Haft und Bußgelder bis zu 3, 8 Millionen Euro oder 10 % des Umsatzes vorsieht. Nach der Novelle des Competition Acts von 2002 sind nunmehr sogar Haftstrafen bis zu fünf Jahren möglich.

Israel: In Israel werden oftmals Haftstrafen verhängt, wie z. B. bei der Aufteilung des Marktes für Bodenplatten, 9 Monate für den Kartellanführer.

Großbritannien: Novellierung des Wettbewerbsgesetzes , das den Beamten der OFT neue Untersuchungsmöglichkeiten zubilligt, Kartelle aufzudecken, inklusive eines Kronzeugen-Programms und empfindlicher Strafen. Durch den in 2002 überarbeiteten Enterprise Act wurden zudem Haftstrafen bis zu 5 Jahren eingeführt.

Kanada: Kanada verfügt über Staatsanwälte, die nur für die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zuständig sind. Die Zusammenarbeit mit den Wettbewerbsbehörden funktioniert gut. Dies gilt insbesondere für die Kronzeugenprogramme.

EU-Kommission: Barnett lobte die gute Zusammenarbeit mit dem DOJ, so dass z. B. eine Konvergenz bei den Kronzeugenprogrammen besteht, die zu einer signifikanten Erhöhung der Teilnehmer an diesen Programmen geführt hat. Die gute Kooperation ermöglicht auch Überraschungsangriffe in vielen Ländern und den wechselseitigen Zugang zu vielen Informationen, die früher unerreichbar gewesen wären.