04.01.2006

Simon Williams (OFT): The investigation of cartels in the UK: Some current issues (Vortrag)

Großbritannien
Office of Fair Trading
Kartellverfolgung

https://www.oft.gov.uk/news/speeches+and+articles/2005/0905.htm
Mr. Simon Williams ist im OFT als Director of Cartel Investigations für die Kartellverfolgung zuständig. Er hat am 1. Dezember 2005 auf einer Konferenz in London über das britische Bonusprogramm für Selbstanzeigen von Kartellen referiert und dabei eine Reihe praktischer Hinweise gegeben, die auch für deutsche Unternehmen und ihre Berater von Interesse sein könnten.

Die britische Wettbewerbsbehörde hat im Juli 2005 dargelegt, wie sie mit Selbstanzeigen von Unternehmen und Einzelpersonen umgehen will (leniency and no-action – www.oft.gov.uk/business/cartels). OFT will diese Handhabung etwa 1 Jahr lang testen und Mitte 2006 eine endgültige Anleitung (final guidance) herausgeben.

Drei Fälle sind zu unterscheiden:

Mr. Williams befasst sich vor allem mit der sehr praktischen Frage, wie ein anzeigewilliges Unternehmen herausfinden kann, ob das OFT schon etwas über ein Kartell weiß. Davon hängt ab, um welchen Fall es sich bei einer Anzeige handeln würde und in zeitlicher Hinsicht, wie das Unternehmen durch schnelles Handeln seine Priorität wahren kann (marker system).

Der Anwalt des Unternehmens kann sich an OFT wenden und braucht zunächst nur den betreffenden Wirtschaftssektor zu nennen, worauf ihm das OFT Auskunft geben wird. Weiß OFT noch nichts, wird der Antrag sofort gestellt werden (Type A), bei den anderen Fällen kann der Anwalt mit seinem Mandanten überlegen, ob ein Antrag Typ B oder C gestellt wird. Wenn das Unternehmen für seinen Antrag auf diese Weise einen „marker“ erhält, muss sehr bald die rechtfertigende Information über das Kartell nachgeliefert werden. Mr. Williams unterstreicht, dass auf diese Weise ein Antrag auch schon möglich ist, bevor das Unternehmen seine internen Untersuchungen über das Kartell abgeschlossen hat.

In bestimmten Fällen ist es auch möglich, einen anonymous marker zu erhalten, bei dem das Unternehmen zunächst nicht genannt wird. Dies wird empfohlen, wenn das Unternehmen eine Selbstanzeige bei der Kommission erwägt, zuvor aber wissen möchte, ob in Großbritannien ein Fall nach dem Typ A gegeben wäre.

Im Übrigen kann ein Antrag auch während einer laufenden Untersuchung des Unternehmens gestellt werden, fällt dann aber nur unter den Fall Typ C.

Informationen aus Selbstanzeigen werden an andere Kartellbehörden nur mit Zustimmung des Anzeigenden weitergegeben, ausgenommen die Information der GD Wettbewerb, doch wird hier der Anzeigende vorher konsultiert.

Die Straflosigkeit bestätigt OFT dem Anzeigenden durch einen no-action letter. Er bezieht sich allein auf den Kartellverstoß. Liegen andere Straftaten vor, können sie verfolgt werden. Jedoch hat das Serious Fraud Office (SFO) zugesagt, einen solchen Brief des OFT zu respektieren und von einer eigenen Verfolgung abzusehen.

In Schottland entscheidet der Lord Advocate, ob ein Kartellverstoß verfolgt wird. Er ist damit nicht an die Zusagen des OFT gebunden, will ihnen aber „very serious consideration“ geben. OFT ist auch bereit, sich im Stadium des ersten Kontakts mit dem anzeigewilligen Unternehmen schon mit Schottland hinsichtlich der voraussichtlichen Beurteilung in Verbindung zu setzen.