20.03.2006
Bundesnetzagentur: Jahresbericht 2005
Deutschland
|
https://www.bundesnetzagentur.de |
Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (bis 13.7.2005 Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) hat ihren Jahresbericht für 2005 vorgelegt – für das Jahr, in dem ihr der Gesetzgeber umfangreiche neue Regulierungsaufgaben übertragen hat.
Der Bericht umfasst 172 Seiten und behandelt in vier Hauptkapiteln die Regulierungsbereiche Telekommunikation, Post, Energie und Eisenbahn. Er enthält aber auch viele Daten über die Bundesnetzagentur selbst, so den Organisationsplan, eine Beschreibung ihrer Struktur und Aufgaben, den Vorhabenplan 2006 und Angaben über den Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen.
Im Vorwort wirft Präsident Matthias Kurth die Frage auf, ob die unterschiedlichen Regulierungsbereiche unter das Dach einer einzigen Institution passen, und bejaht dies mit dem Hinweis auf den übergreifenden wirtschaftspolitischen Auftrag, der darin besteht, trotz natürlicher und partieller Netzmonopole in einigen für unsere Volkswirtschaft zentralen Märkten den Wettbewerb zu fördern und den Kunden und Verbrauchern mehr Wahlmöglichkeiten zu eröffnen.
Triple Play in Deutschland
„Triple Play“ bezeichnet die gemeinsame Bereitstellung von Fernsehen, Telefon und Internet über einen einzigen Breitbandanschluss (der Ausdruck stammt aus dem Baseball: mit einem einzigen Spielzug schaltet die verteidigende Mannschaft drei Angreifer aus):
- 2005 lag die Zahl der Anschlüsse in Deutschland bei ca. 150.000. Marktstudien sagen für 2010 3 Millionen Haushalte und einen Umsatz von 1 Milliarde Euro voraus.
- Für Triple Play kommen drei Plattformen in Betracht: die Kabelfernsehnetze, die breitbandigen Telefonnetze und mobile funkbasierte Netze. Besonders aussichtsreich sind die beiden ersten Möglichkeiten.
- Kabel-TV-Anbieter haben bisher erst 250.000 Kunden, können aber technisch 6 Millionen Haushalte erreichen. Im Telefonnetz werden DSL-Anbieter für die erforderliche Bildqualität noch technische Investitionen vornehmen müssen. Funkplattformen nehmen demgegenüber eine Sonderstellung ein, obwohl bereits TV-Programme über Mobiltelefone abrufbar sind. Über die Akzeptanz durch die Kunden herrscht derzeit noch etwas Ungewissheit.
- Die BNA sieht derzeit die DSL-Technologie gegenüber den Kabelnetzen im Vorteil. Wie sich der Wettbewerb entwickeln wird, ist jedoch nicht vorhersehbar. Das Marktpotential ist jedenfalls groß. Für Westeuropa rechnet man bis 2010 mit einem Umsatz von 7,5 Milliarden Euro.
Telekommunikation
- Für 2005 werden Umsätze von 68,3 Milliarden Euro erwartet (Liberalisierungsbeginn 1998: 44,2 Milliarden Euro). Wachstum gibt es sowohl beim Festnetz als auch beim Mobilfunk. Der Abwärtstrend bei den Investitionen ist 2004 umgekehrt worden. Die Investitionen der Wettbewerber liegen dabei über denen der Deutschen Telekom AG (DTAG). Am Glasfasernetz halten die Wettbewerber mittlerweile einen Anteil von 36 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten sank 2004 um 2,4 Prozent auf 225.100 Personen (davon entfallen auf die Wettbewerber 54.300).
- Anfang 2005 gab es in Deutschland 54,8 Millionen Telefonkanäle (Wettbewerber: 4,82 Millionen = 8,8 Prozent). Die Zahl der mobilen Kanäle ist auf etwa 76 Millionen angestiegen. 7 Prozent der Haushalte sind mittlerweile nur noch mobil zu erreichen.
- 2005 waren rund 10,7 Millionen Breitbandanschlüsse für Internet geschaltet. Es dominiert die DSL-Technologie. Auf die Wettbewerber der DTAG entfällt bei Breitband ein Anteil von ca. 40 Prozent. Bei DSL hat Deutschland die Spitzenstellung in Europa (vor Frankreich, Großbritannien und Italien). Der Preiswettbewerb in diesem Segment ist stark. Komplettangebote gibt es bereits ab 30 Euro.
- Bei Internet über Kabel-TV gab es 2005 nur 240.000 Kunden, aber 40 Kabelnetzbetreiber als Anbieter.
- Die Umsätze bei Festnetzzugängen stiegen 2005 auf rund 25,1 Milliarden Euro. Die Wettbewerber der DTAG brachten es auf 29 Prozent.
- 2005 wurden erstmals vermehrt VoIP-Dienste (Voice over IP) angeboten. Hier erwächst der traditionellen Telefonie eine Konkurrenz. Aber es gibt bisher noch zu wenig umfassende Angebote. Deshalb ist auch noch keine Wirkung auf den Wettbewerb festzustellen. Man rechnet in diesem Segment aber künftig mit starkem Wachstum (2004 nur 250.000 Kunden, 2005 Verdoppelung möglich). Die BNA hält sich hier mit regulatorischen Eingriffen noch zurück und lässt den Markt sich entwickeln.
- Die Preisentwicklung bewertet die BNA positiv. Besonders beim Mobilfunk ist durch Discounter Bewegung entstanden (Anteil des Mobilfunks an allen Telefonaten 16 Prozent). Für ein inländisches Ferngespräch zahlt der Kunde heute nur 5 Prozent des Preises vor der Liberalisierung. Es gibt eine klare Tendenz hin zu Pauschal- und gebündelten Angeboten.
- Wichtig für den Wettbewerb ist auch der Zugang der Wettbewerber zu den Einrichtungen der DTAG. Neun Carrier haben mittlerweile eine vollständige oder nahezu komplette Zusammenschaltung mit den 474 Standorten der DTAG realisiert.
- Beim Mobilfunk gab es 2005 nach Schätzungen etwa 79,2 Millionen Teilnehmer. Wegen der Preise wächst der abgehende Verkehr ins Festnetz stärker als in umgekehrter Richtung. Der Umsatz im Mobilfunk belief sich auf 28 Milliarden Euro. Es ist mit einem raschen Zuwachs an UMTS-Nutzern zu rechnen (Ende 2005 geschätzt 2 Millionen).
- Die BNA erhält zahlreiche Beschwerden. Die meisten betreffen Entgelte (17,5 Prozent), Vertragsangelegenheiten (16,9 Prozent) und unerwünschte Werbung (13,4 Prozent). Endkunden steht es unter bestimmten Voraussetzungen offen, eine Schlichtungsstelle bei der BNA anzurufen.
- Der Jahresbericht gibt in diesem Kapitel ferner eine Übersicht über internationale Entwicklungen, Entscheidungen der Beschlusskammern und wichtige verwaltungsgerichtliche Entscheidungen sowie über die technische Regulierung.
Post
- Der deutsche Postmarkt umfasste 2005 Umsätze von rund 23 Milliarden Euro. 70 Prozent des Marktes sind bereits für den Wettbewerb geöffnet (hauptsächlich Kurier-, Express- und Paketdienste). Knapp zwei Drittel des Gesamtumsatzes entfallen auf die Deutsche Post AG (DPAG).
- Im lizenzierten Bereiche (Briefe bis 1.000 Gramm) haben die Wettbewerber nur einen Anteil von 7 Prozent (700 Millionen Euro) am Gesamtumsatz von 10,2 Milliarden Euro.
- Am Umsatz der Wettbewerber haben die hochwertigen Dienstleistungen (taggleiche Zustellung usw.) einen wachsenden Anteil (2005 52 Prozent). Auch im Wettbewerbsbereich hat die DPAG aber einen hohen Marktanteil von 83 Prozent.
- Die neuen Lizenznehmer beschäftigen über 33.000 von insgesamt 181.000 Personen. Bei ihnen wächst die Zahl der Arbeitsplätze, bei der DPAG nimmt sie ab.
- Das gewichtete Preisniveau für Briefsendungen ist seit 2002 von 0,77 Euro auf jetzt 0,725 Euro um 6 Prozent gesunken. Deutschland liegt dabei aber immer noch in der teueren europäischen Spitzengruppe (hinter Schweden, Italien und Norwegen). In der EU sind Spanien und Großbritannien wesentlich billiger (um 0,40 Euro).
- Beschwerden der Verbraucher an die BNA betreffen ganz überwiegend (fast 30 Prozent) den Zugang zu Postdiensten (Schließung von Postämtern und Wegfall von Briefkästen). Auch in diesem Bereich kann eine Schlichtungsstelle angerufen werden, sofern die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht wird.
- Ein Überblick über Internationales, Beschlusskammerentscheidungen und verwaltungsgerichtliche Verfahren rundet auch dieses Kapitel ab.
Energie
- Am 13.7.05 ist das 2. Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts in Kraft getreten. Sein Ziel ist nicht die Regulierung der Energiemärkte, sondern Gegenstand der Regulierung sind die Netze (Netzzugang und Netzentgelte). Die BNA wirkt mit dem Bundeskartellamt zusammen, um eine einheitliche Auslegung des EnWG in Übereinstimmung mit dem GWB zu sichern. Ferner kooperiert die BNA mit den Regulierern anderer Länder, besonders in der EU.
- Hauptaufgabe ist die Einführung einer Anreizregulierung. Die BNA ist verpflichtet, bis zum 1.7.06 der Bundesregierung darüber zu berichten. Die Vorarbeiten laufen. Wichtig ist dabei vor allem die Datenerhebung bei den Unternehmen als Basis einer solchen Regulierung.
- Die BNA muss auch die europäisch vorgegebene Entflechtung der Netze von der Erzeugung und Lieferung überwachen (rechtliche, operationelle und informatorische Entflechtung).
Elektrizität
- Wettbewerb soll durch Regulierung der Netzentgelte vorangebracht werden. Diese Entgelte machen rund ein Drittel des Endkundenpreises aus. Sie unterliegen der Genehmigung durch die BNA, die mit der Entwicklung eines Konzeptes begonnen hat. Die ersten Genehmigungen sollen im Frühjahr 2006 erteilt werden.
- Die BNA hat verschiedene Beschwerden zu Netzanschlüssen zu bearbeiten (Anschluss an eine höhere Spannungsebene oder mit einer kundeneigenen Übergabestation). Der Netzzugang ist ein anderer Sachverhalt, bei dem es um den Abschluss von Verträgen zwischen Betreibern des Netzes und dem Netznutzer geht. Näheres regelt die Stromnutzungszugangsverordnung. Danach sind bis Ende Januar 2006 die Altverträge auf Verlangen einer Partei der neuen Rechtslage anzupassen. Dazu gab es zahlreiche Anfragen.
- Die BNA ist auch für den Netzzugang im grenzüberschreitenden Stromhandel zuständig. Hier ging es vor allem um die Verbesserung der knappen Übertragungskapazitäten an den Grenzen zu Frankreich, der Schweiz, Tschechien und Polen.
Gas
- Derzeit sind 778 Gasnetzbetreiber bei der BNA registriert. Auch hier machen die Entgelte für den Netzzugang etwa ein Drittel des Endpreises aus. Genehmigungsanträge sind bis Ende Januar 2006 einzureichen. Die BNA ist für 232 Betreiber zuständig, teils im Auftrag der Länder.
- Die Entgelte für überregionale Gasnetze sind von der Genehmigung ausgenommen, aber die Betreiber müssen nachweisen, dass im Netz Wettbewerb herrscht. 13 solcher Anzeigen lagen der BNA vor.
- Den Zugang regelt die Gasnetzzugangverordnung. Die BNA arbeitet nach ihren Vorgaben an einem Netzzugangsmodell, das auf allen Lieferebenen eingesetzt werden kann.
Märkte
- Der Strommarkt ist hoch konzentriert, die Verteilung stark vertikal gegliedert. Bei der Verteilung haben die vier großen Anbieter Marktanteile zwischen 10 und 30 Prozent. Stromhändler erreichen ca. 15 Prozent.
- Wechselraten bei Strom sind im privaten Bereich niedrig (5 Prozent), bei Industriekunden hingegen hoch (41 Prozent). Vertragsanpassungen sind häufiger (Private 25 Prozent, Industrie 59 Prozent).
- Die Strompreise sind stark gestiegen, nach einem bestimmten Index von 2004 auf 2005 um 65 Prozent.
- Auf dem Gasmarkt sind die Lieferquellen hauptsächlich Russland (35 Prozent), Norwegen (24 Prozent) und die Niederlande (19 Prozent). Deutsche Quellen steuern 16 Prozent bei.
- Das Auftreten neuer Anbieter hat nur einen sehr geringen Einfluss auf die Marktstruktur. Die Preise für Gas sind bekanntlich an den Ölpreis gekoppelt. Der Grenzübergangspreis für Gas hat sich von Oktober 2004 bis November 2005 um 43 Prozent erhöht, der Arbeitspreis Stadtwerke im gleichen Zeitraum um 57 Prozent.
Eisenbahnen
- Hierzu enthält der Bericht nur eine knappe Beschreibung der Aufgaben aus der Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung, die der BNA zum 1.1.2006 übertragen worden sind.