08.12.2003
Scott Hammond: Verfolgung von Kartellen und Informationsaustausch (Vortrag)
USA
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https://www.usdoj.gov/atr |
Die japanische Kartellbehörde (Fair Trade Commission of Japan) arbeitet an einem Bonusprogramm. Die Ergebnisse einer Studiengruppe sind bei einem internationalen Symposium in Tokio vorgestellt und diskutiert worden. Dabei hat Mr. Scott D. Hammond vom amerikanischen Justizministerium am 20. November 2003 einen Vortrag gehalten: „Beating cartels at their own game - sharing information in the fight against cartels". Mr. Hammond ist für die Strafverfolgung von Kartellen zuständig (Director of Criminal Enforcement).
In seinem Vortrag, der durch eine Vorführung des bekannten Videos über das Lysin-Kartell unterbrochen wurde, befasst sich Mr. Hammond mit den Widerständen gegen einen Informationsaustausch unter den Kartellbehörden bei der Verfolgung von Absprachen im Wettbewerb. Die Notwendigkeit ergibt sich aus dem Verhalten der Kartellanten:
- Sie zeigen offene Missachtung der Gesetze und ihrer Kunden,
- meist ist das obere Management involviert,
- die Furcht vor Entdeckung wächst mit jeder weiteren Aufdeckung von Kartellen,
- Preisabsprachen und Marktaufteilungen geschehen mittlerweile im weltweiten Rahmen,
- die Gegenmaßnahmen der Kartellanten werden immer raffinierter,
- die Kontrolle der Kartellanten untereinander wird ebenfalls ständig verbessert.
Deshalb müssen die Kartellbehörden enger zusammenarbeiten. Dem Informationsaustausch haben die Industrievertreter in der OECD (BIAC) einige Argumente entgegengehalten, die Mr. Hammond als Legenden (myths) bezeichnet:
- Informationsaustausch bei der Kartellverfolgung soll danach anders behandelt werden als bei der Verfolgung von Straftaten wie Steuerbetrug oder anderen Finanzdelikten. Dies entbehrt jeder Begründung, vor allem sind Kartellverstöße keine „Gentlemanly agreements", die eine Vorzugsbehandlung verdienten.
- Der Informationsaustausch könnte zu einem unkontrollierten Austausch sensibler Informationen (Geschäftsgeheimnisse) führen. Hier wird einiges durcheinander gebracht. Wenn ein Unternehmen belastende Dokumente geheim gehalten hat, ist dies für die Kartellbehörde noch kein Grund, dies bei der Verfolgung zu beachten. Etwas anderes ist es bei Geschäftsplänen und anderen Dokumenten, die bei Fusionen eine große Rolle spielen. Sie tauchen bei Kartellverfolgungen in aller Regel aber nicht auf. Hier geht es um andere Unterlagen.
- Ungebremster Informationsaustausch kann zu Missbrauch oder undichten Stellen führen. Dafür gibt es aber keine Beispielsfälle. Auch BIAC hat nach Aufforderung durch DoJ kein Material beigebracht.
- Informationsaustausch gefährdet die Wirksamkeit von Bonusprogrammen. Dies ist nicht der Fall, weil DoJ Informationen, mit denen ein Bonusantrag begründet wird, nicht weitergibt. Dies ist bisher strikt eingehalten worden. Grund ist gerade die Aufrechterhaltung des Anreizes für Selbstanzeigen.
- Die Wirtschaft stellt sich gegen Informationsaustausch, weil sie die wirksame Durchsetzung der Antitrustgesetze fürchtet. Dies ist ebenfalls eine Legende. Es muss falsch sein, denn gesetzestreue Unternehmen sind die Ersten, die unter einem Kartell leiden (Beispiel, die notleidende Stahlindustrie hat unter Absprachen über Graphitelektroden gelitten). „Ein Unternehmen wird eher Opfer als Beteiligter eines Kartells".