02.05.2017

Österreich führt transaktionsbezogene Umsatzschwelle in der Fusionskontrolle ein

Österreich
Fusionskontrolle
Aufgreifschwelle
Transaktionswert

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01522/index.shtml

Am 1.Mai 2017 traten mit dem Kartell und Wettbewerbsrechtsänderungsgesetz 2017 wesentliche Änderungen im österreichischen Kartellrecht in Kraft. Neben Regelungen für die erleichterte Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverstößen – in Umsetzung der EU-Kartellschadensersatz-Richtlinie – hat Österreich eine transaktionswertbezogene Anmeldeschwelle im Bereich der Fusionskontrolle eingeführt.

Die neue Schwelle soll für Transaktionen wirksam werden, die nach dem 01.11.2017 umgesetzt werden. Sie soll insbesondere den Erwerb digitaler Unternehmen mit geringen Umsätzen aber hohem Marktwert betreffen. Anders als der mit der 9. GWB-Novelle eingeführte Transaktionswert von 400 Mio. EUR soll in Österreich eine Anmeldung bereits dann erfolgen, wenn die beteiligten Unternehmen Umsatzerlöse von weltweit insgesamt mehr als 300 Mio. EUR erzielen, die beteiligten Unternehmen in Österreich Umsatzerlöse von insgesamt mehr als 15 Mio. EUR erzielen (dies ist ebenfalls neu) und der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 200 Mio. EUR beträgt und das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang in Österreich tätig ist.

Bisher musste der gemeinsame österreichische Umsatz über 30 Mio. EUR liegen und der weltweite Umsatz von zumindest jeweils zwei beteiligten Unternehmen jeweils mehr als 5 Mio. EUR betragen. Keine Anmeldepflicht bestand allerdings, wenn der österreichische Umsatz von nur einem beteiligten Unternehmen 5 Mio. EUR überschritten hatte und der gemeinsame weltweite Umsatz von allen anderen beteiligten Unternehmen 30 Mio. EUR nicht überschritten hatte (sog. „De-minimis-Ausnahme“).

Was unter Gegenleistung zu verstehen ist, wir im Gesetz nicht näher erläutert. Es wird auch nicht definiert, wann das Zielunternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist. Die Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage – enthalten jedoch einige Erläuterungen. Dort heißt es:

Zum Transaktionswert zählen der Kaufpreis sowie sämtliche sonstige Gegenleistungen wie etwa Asset Deals. Legistisch wurde der Begriff der „Gegenleistung“ gewählt. Die Gegenleistung umfasst alle Vermögensgegenstände und sonstigen geldwerten Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss erhält (Kaufpreis), zuzüglich des Wertes etwaiger vom Erwerber übernommener Verbindlichkeiten. Die Höhe des Schwellenwertes von 200 Millionen Euro nimmt einerseits auf die Größe der österreichischen Volkswirtschaft Rücksicht und beschränkt diesen zusätzlichen Fusionskontrolltatbestand andererseits auf gesamtwirtschaftlich bedeutsame Fälle. Das Kriterium der erheblichen Inlandstätigkeit (…) nimmt Unternehmen mit marginalen Aktivitäten in Österreich vom Zusammenschlusstatbestand aus. Eine erhebliche Inlandstätigkeit ist z. B. dann anzunehmen, wenn sich ein Standort des zu erwerbenden Unternehmens im Inland befindet. Ansonsten hängen die Faktoren für die Inlandstätigkeit z. B. von den anerkannten Maßzahlen der jeweiligen Branche ab. Im digitalen Bereich können beispielsweise die Nutzerzahlen („Monthly Active User“) oder die Zugriffshäufigkeit einer Website („unique visits“) für die Beurteilung der Inlandsauswirkung herangezogen werden.