18.06.2008

Neelie Kroes: Being open about standards

Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat sich am10. Juni 2008 in ihrer Rede "Being open about standards" anlässlich eines Frühstücks-Seminars des Open-Forum-Europe dafür ausgesprochen, den Einsatz von Produkten mit offenen Standards in der Wirtschaft und den Institutionen zu fördern. Mit zahlreichen mehr oder weniger versteckten Hinweisen auf das Microsoft Verfahren wies die Kommissarin darauf hin, dass derzeit auf einigen Technologiemärkten Wettbewerbsprobleme bestünden. Niemals zuvor hätte die Kommission zwei Geldstrafen in einem Kartellverfahren verhängen müssen. In Anbetracht jüngster Entwicklungen bei der Festlegungen von Standarisierungsprozessen, wie sie im Rahmen der Abstimmung über das Microsoft-eigene Dokumentenformat OOXML bei der Internationalen Standardorganisation (ISO) erfolgt waren, führte die Kommissarin aus:  "Allowing companies to sit around a table and agree technical developments for their industry is not something that the competition rules would usually allow. So when it is allowed we have to look carefully at how it is done." In diesem Zusammenhang forderte Kroes, dass Software-Unternehmen, die sich an Standarisierungsprozessen beteiligen wollten, im Vorfeld Lizenzansprüche und maximale Verkaufspreise festlegen müssten. Die Wettbewerbskommissarin hielt es zudem für wettbewerbsrechtlich bedenklich, wenn eine Abstimmung von Standarisierungsprozessen weniger von den technischen Vorzügen der Technologie bestimmt würde als vielmehr durch kommerziellen Druck und Nebenvereinbarungen.
 
Allerdings betonte Kroes in ihrer Rede auch, dass nicht davon ausgegangen werden könnte, dass proprietäre Standards grundsätzlich schlechter einzustufen seien als offene Formate. Proprietäre Techniken seien nach wie vor wichtig für den Erfolg Europas und seien notwendig, um hinreichend Anreize für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu gewährleisten. Es spräche nichts dagegen, wenn der Markt zugunsten eines proprietären Standards entscheide. Nicht alles solle reglementiert und standarisiert werden, denn oftmals würde sich der Markt über die Kaufentscheidung der Konsumenten selbst regulieren können. In diesem Zusammenhang wies Kroes auf den Fall des iPod-Herstellers hin. Die befürchtete Marktdominanz sei in diesem Fall nicht eingetreten, denn MP3-Formate ließen sich sowohl auf dem iPod als auch auf Produkten anderer Hersteller abspielen.

Die Entscheidung hin zu offenen Standards erklärte Kroes dennoch ausdrücklich zu einer klugen Businessentscheidung. So führte die Kommissarin aus: "I know a smart business decision when I see one - choosing open standards is a very smart business decision indeed." Nach Ansicht von Kroes, wiesen offene Standards grundsätzlich den Vorteil der Interoperabillität auf und verhinderten, dass sich ein Kunde fest an einen Anbieter binde und seine Daten nur noch mit Produkten dieses Herstellers zugänglich seien. In diesem Zusammenhang betonte die Kommissarin, dass es auch in der Verantwortung von Regierungen und Institutionen liege ihre Informationen so zur Verfügung zu stellen, dass ein möglichst breites Publikum Zungang zu ihnen erhalte:

"When open alternatives are available, no citizen or company should be forced or encouraged to use a particular company's technology to access government information. No citizen or company should be forced or encouraged to choose a closed technology over an open one, through a government having made that choice first. These democratic principles are important."