01.07.2021

USA: Umfangreiche Kartellrechtsgesetzgebung zur Plattformregulierung auf dem Weg

USA
Demokraten
Repräsentantenhaus
DOJ
FTC
GAFA
Plattformökonomie
Fusionskontrolle
Missbrauchskontrolle

Zeitungsartikel pars pro toto:

House Democrats about to uncork 5-pronged assault on tech - POLITICO

House Dems unveil bills to rein in Silicon Valley giants — opening rift among Republicans - POLITICO

Tech antitrust bills pass House Judiciary Committee - The Washington Post

House bills would hit Amazon, Apple, Google, Facebook, - The Washington Post

Breaking up Big Tech in focus as new U.S. antitrust bills introduced | Reuters

A List of Antitrust Investigations and Lawsuits Against Google, Apple, Facebook, and Amazon (GAFA) (clearcode.cc)

What Exactly Would the House Antitrust Bills Mean for Big Tech? (govtech.com) 

Am 24. Juni 2021 billigte der Justizausschuss des U.S.-amerikanischen Repräsentantenhauses sechs Gesetzesentwürfe eines umfassenden Kartellpakets, das die Demokraten des U.S.-amerikanischen Repräsentantenhauses unter teilweiser überparteilicher („bipartisan“) Unterstützung der Republikaner zuvor eingebracht hatten. Diese Kartellgesetze zielen auf die Big-Tech-Plattformunternehmen wie Amazon, Apple, Facebook und Google (GAFA), um deren als wettbewerbswidrig erachtetes Verhalten einzudämmen und weitere monopolistische Praktiken zu unterbinden. Die Vorschläge werden nun an das gesamte Repräsentantenhaus weitergeleitet. 

Der Vorlage dieser Gesetzesentwürfe ging eine Untersuchung durch den Kartellunterausschuss des Repräsentantenhauses in den letzten zwei Jahren voraus (vgl. dazu insbesondere FIW-Artikel vom 05.11.19 und 06.08.20). Derzeit ist noch nicht absehbar, ob die Gesetzesentwürfe weiteren öffentlichen Anhörungen unterzogen werden. 

Nach vier der Gesetzentwürfe müsste das Justizministerium (DOJ) oder die Federal Trade Commission (FTC) zunächst " betroffene Plattformen" („covered platforms“) benennen. Die Gesetzgebung würde für die Unternehmen gelten, die eine "betroffene Plattform" kontrollieren oder einen Anteil von 25% oder mehr an einer solchen Plattform haben, definiert als eine Online-Plattform, die jedes der folgenden Kriterien erfüllt:

Diesen Plattformen – darunter fallen Anwendungen, Betriebssysteme, Websites und Dienste, die als "Online-Plattformen" fungieren - würden dann Beschränkungen für ihr Verhalten, ihre Fusionen und die Datennutzung auferlegt. 

Die vorgeschlagenen Legislativakte sind die Folgenden: 

Dieses Gesetz würde weitreichende "Datenportabilitäts"- und "Interoperabilitäts"-Anforderungen für „betroffene Plattformen“ schaffen. Die „betroffenen Plattformen“ würden verpflichtet, Schnittstellen zu unterhalten, die es den Nutzern ermöglichen, Daten über ihre Nutzung der Plattform an sich selbst oder an Unternehmen, die auf der Plattform tätig sind, zu übertragen (Portabilität), sowie Schnittstellen zu unterhalten, die die Interoperabilität erleichtern. 

Das Gesetz würde im Wesentlichen alle Akquisitionen im Wert von über 50 Mio. US Dollar durch Betreiber von der von dem Gesetz erfassten Plattformen verbieten, es sei denn, der Betreiber weist nach, dass das Zielunternehmen nicht mit der betroffenen Plattform konkurriert, keine "aufkommende oder potenzielle Konkurrenz“ für die betroffene Plattform ist und die Akquisition die Marktposition der Plattform oder die Fähigkeit, ihre Marktposition zu halten, nicht verbessert. Nach diesem Gesetzentwurf wäre es Big Tech-Unternehmen nicht mehr ohne Weiteres möglich, (potenzielle) Wettbewerber und Firmen oder Vermögenswerte zu erwerben, die ihre Monopolmacht verstärken würden. 

Das Gesetz würde festlegen, dass bestimmte diskriminierende Verhaltensweisen von „betroffenen Plattformen“ unzulässig sind. Im Wesentlichen würde dieses Gesetz es Unternehmen wie den GAFA verbieten, ihre Unternehmen gegenüber anderen auf dem Online-Marktplatz zu bevorzugen (Verbot der Selbstpräferenzierung). Der Gesetzentwurf würde auch eine Reihe von weiteren spezifischen Handlungen verbieten, wie z. B die Einschränkung oder Behinderung des gleichen Zugangs oder der Interoperabilität mit der Plattform, dem Betriebssystem, der Hardware und den Softwarefunktionen, die für die betroffene Plattform verfügbar sind. Verboten wäre auch die Nutzung von plattformgenerierten Daten zur Unterstützung der eigenen Produkte oder Dienstleistungen der „betroffenen Plattform“ oder die Einschränkung des Zugangs oder der Nutzung von plattformgenerierten Daten durch geschäftliche Nutzer und vieles mehr. Bei Verstößen kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Gericht sogar die Veräußerung eines Geschäftszweigs anordnen. 

Diese (besonders umstrittene) Gesetz würde „betroffenen Plattformen“ verbieten, gleichzeitig einen anderen Geschäftsbereich zu unterhalten, die die betroffene Plattform nutzt, um ihre Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, sofern diese Dopplung einen Interessenkonflikt verursacht. Unternehmen, die dagegen verstoßen, könnten gezwungen sein, Geschäftsbereiche zu veräußern. Verboten wäre auch ein das Angebot eines Produkts oder einer Dienstleistung, die die betroffene Plattform von ihren geschäftlichen Nutzern für den Zugang zur Plattform oder für einen "bevorzugten Status oder eine bevorzugte Platzierung" auf der Plattform verlangt, sowie ein Verhalten, das als "Begünstigung" ihrer eigenen Produkte oder Dienstleistungen oder als "Benachteiligung" der Produkte oder Dienstleistungen eines konkurrierenden oder neu entstehenden Unternehmens gekennzeichnet ist. 

Dieses Gesetz würde die Gebührenstruktur für Fusionsvoranmeldungen ändern und der FTC und dem DOJ mehr Mittel zur Verfügung stellen, um kartellrechtliche Fragen zu untersuchen und durchzusetzen. Einige Anmeldegebühren würden reduziert werden, während die Anmeldegebühren für Transaktionen von 1 Milliarde Dollar oder mehr deutlich erhöht würden. 

Dieses Gesetz würde verhindern, dass die Beklagten eine Verlegung des Gerichtsstandes bei Klagen der Generalstaatsanwälte der Bundesstaaten erwirken könnten. Derzeit führen Kartellklagen der Generalstaatsanwälte der Bundesstaaten, die diese vor einem Bundesgericht einreichen, im Falle der Verlegung des Gerichtsstandes oftmals zu Verzögerungen oder höheren Kosten.